Rettung

Mein Mädchen ward mir ungetreu,
Das machte mich zum
Frauenhasser;
Da lief ich an ein fließend Wasser,
Das Wasser lief vor mir vorbei.

Da stand ich nun, verzweifelnd, stumm;
Im Kopfe war mir´s wie betrunken,
Fast wär´ ich in den Strom gesunken,
Es ging die Welt mit mir herum.

Auf einmal hört´ ich was, das rief --
Ich wandte just dahin den Rücken --
Es war ein Stimmchen zum Entzücken:
"Nimm dich in acht! der Fluß ist tief."

Da lief mir was durchs ganze Blut,
Ich seh´, so ist´s ein liebes Mädchen;
Ich frage sie: Wie heißt du? "Käthchen!" --
O schönes Käthchen! Du bist gut.

Du hältst vom Tode mich zurück,
Auf immer dank´ ich dir mein Leben;
Allein das heißt mir wenig geben,
Nun sei auch meines Lebens Glück!

Und dann klagt´ ich ihr meine Not,
Sie schlug die Augen lieblich nieder;
Ich küßte sie und sie mich wieder,
Und -- vor der Hand nichts mehr vom Tod.


(von Goethe)