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Othello

Die Beleidigung ist zu groß, zu groß, meine Seele - - Laßt sie mich nicht vor euch nennen, ihr keuschen Sterne! Sie ist zu groß! - - Und doch will ich ihr Blut nicht vergiessen, noch diese ihre Haut zerrizen, die weisser als Schnee, und so glatt wie Alabaster ist.

(Er legt seinen Degen nieder.)

Und doch muß sie sterben; sie würde sonst noch mehr Unglükliche machen. Das Licht ausgelöscht, und dann - - Das Licht auslöschen - - O du dienstbare Flamme, wenn ich dich auslösche, und es gereut mich, so kan ich dir dein Licht wieder geben: Aber wenn dein Licht einmal ausgeblasen ist, du vollkommenstes Modell der sich selbst übertreffenden Natur, so weiß ich nicht, wo dieser prometheische Funke ist, der es wieder anzünden kan - - (Er stellt das Licht hin.) Wenn ich deine Rose abgepflükt habe, so kan ich ihr den belebenden Geist nicht wiedergeben; sie muß verwelken - - Ich will dich noch am Stoke riechen - - (Er küßt sie.) - - O du balsamischer Athem, fast könntest du die Gerechtigkeit bewegen ihr Schwerdt zu zerbrechen - - Noch einen; noch einen - - Sey so, wenn du todt bist, und ich will dich erst ermorden, und dann lieben - - noch einen, der soll der lezte seyn - - Holdseliges Geschöpf, wie Schade, daß du sterben sollst! Ich muß weinen, aber es sind grausame Thränen - - Sie weinen auf die Hand, die dir den Tod bringt - -

(Desdemona erwacht.)


(aus "Othello, der Mohr von Venedig" von William Shakespeare;
übersetzt von Wieland)