Guy de Maupassant, der am 5. August
1850 auf Schloss Miromesnil bei Dieppe in der Normandie geboren wurde, begann
schon in jungen Jahren Verse zu schreiben, um 1880 den ersten größeren Erfolg
mit seiner Novelle "Boule de suif" ("Fettkloß") zu feiern.
Dazwischen lagen die Teilnahme am deutsch-französischen Krieg (1870-1871), ein
abgebrochenes Jusstudium, eine eher mager bezahlte Beamtentätigkeit für das
Marine-Ministerium, aber auch die Bekanntschaft mit
Gustave
Flaubert, der denn auch sein Förderer und Lehrer wurde, ihn in Form und
Inhalt stark beeinflusste und so auch an den großen Erfolgen seines fruchtbaren
Lebensjahrzehnts (1880-1890) maßgeblichen Anteil hatte. Im Laufe dieser zehn
Jahre brachte Maupassant es immerhin auf sieben Romane (deren bekanntester der oft
verfilmte "Bel Ami"), Dramen,
Reiseberichte, Gedichte und vor allem Novellen und Kurzgeschichten.
Was er von Flaubert nicht lernen musste, war sein Hang zu Spott und Satire, der
in allen sozialen Schichten der ländlichen und städtischen Gesellschaft des
Frankreich seiner Zeit Opfer suchte und fand. Auch ein starkes Interesse an dem
irrationalen Aspekt der Wirklichkeit wohnte ihm inne (hier sind
Edgar
Allen Poe und
E.T.A.
Hoffmann als Vorbilder zu nennen) und schlug sich in diesbezügliche, für
die französische Literatur pionierhafte Novellen um. Und schließlich ist noch
seine Leidenschaft für das weibliche Geschlecht zu nennen, welche literarisch
zur Schöpfung einiger sehr interessanter Frauengestalten, privat jedoch schließlich
zu seinem Verhängnis führte. Der bald zum Erfolgsautor aufgestiegene
Maupassant zog sich im Zuge seiner zahlreichen Liebschaften nämlich eine
Infektion mit der damals nicht heilbaren Geschlechtskrankheit Lues zu. Diese
Krankheit war Ursache der geistigen Umnachtung des Schriftstellers in seinen
letzten beiden Lebensjahren und in der Folge seines - im Alter von 43 Jahren
relativ frühen - Todes, am 6. Juli 1993 in Paris.
Galt Guy de Maupassant zu Lebzeiten
noch als etwas oberflächlich und von den Themen her frivol, wird heute vor
allem seine Kurzprosa als nachhaltiger Beitrag zur Weltliteratur angesehen. In
ihr vereinen sich alle seine Stärken auf das Trefflichste: eine große Lust am
und Könnerschaft beim Erzählen, gleichzeitige Konzentration auf das Wesentliche der Handlung bzw.
der Person (was er nicht zuletzt seinem künstlerischen
Mentor Flaubert verdankte), welche es vermag, anhand genauer, scheinbar nebenbei
gemachter Beobachtungen äußerst lebendige Charaktere zu zeichnen, und eher phänomenologisch
als psychologisch oder soziologisch zu nennen ist; ein boshafter Humor,
gnadenlose Gesellschaftskritik und ein starker Sinn für das Geheimnisvolle des
Daseins. Diese mit seiner berühmten erzählerischen Leichtigkeit vorgebrachten
Eigenschaften können Guy de Maupassant auch heute noch zu einem kolossalen
Lesevergnügen machen.