(...)
Sie schaffen nicht immer selbst die neuen Mädchen heran; dafür haben
sie gutbezahlte Helfershelfer, die ihnen eifrig zu Diensten sind. Ich bin fast
sicher, daß jeden Augenblick eine Neue eintreffen kann, womit dein Wunsch
möglicherweise sich erfüllte. Im übrigen stehen wir kurz vor
dem Fest. Selten gehen diese Tage vorüber, ohne ihnen ezwas einzubringen.
Entweder verführen sie junge Mädchen unter Mißbrauch der Beichte
oder sie sperren eines ein, jedenfalls kommt es selten vor, daß bei dieser
Gelegenheit nicht das eine oder andere Vögelchen dran glauben muß."
Endlich war er da, jener berühmte Tag. Ihr werdet es kaum glauben, Madame,
wie weit die Mönche während dieses Ereignisses ihre ungeheuerlichen
Lästerungen trieben. In der Meinung, ein sichtbares Wunder werde ihren
Ruhm doppelt so hell erstrahlen lassen, schmückten sie Florette, die kleinste
und jüngste unter uns, mit den Gewändern der heiligen Jungfrau, banden
sie mit Stricken fest, welche ihr - dem Auge des Betrachters nicht sichtbar
- um die Mitte des Leibes liefen, und befahlen ihr, die Arme in reuiger Geste
zum Himmel zu strecken, sobald die Hostie gereicht würde. Da man dem armen
kleinen Geschöpf mit grausamer Mißhandlung drohte, falls es nur ein
einziges Wort spreche oder sonstwie seine Rolle nicht fehlerlos spiele, entledigte
Florette sich ihrer Aufgabe, so gut sie konnte, und der Betrug brachte den gewünschten
Erfolg. Das Volk jauchzte beim Anblick der Erscheinung, ließ der Jungfrau
reiche Opfergaben zurück und machte sich, mehr denn je überzeugt von
den gnadenspendenden Kräften dieses Bildes der Gottesmutter, wieder auf
den Heimweg.
Unsere Libertins krönten ihre Lästerungen damit, dass sie Florette in derselben Gewandung,
die ihr so zahlreiche Huldigungen eingetragen hatte, zum Abendessen erscheinen
ließen. Jeder entfachte seine abscheulichen
Begierden, indem er sie in dieser Verkleidung seinen
widernatürlichen Launen unterwarf. Doch die Ungeheuer,
durch dieses erste Verbrechen in Wallung gebracht, ließen es nicht dabei bewenden.
Sie zogen das Mädchen nackt
aus und legten es bäuchlings auf einen großen Tisch, zündeten Kerzen
an, stellten ihr zu Häupten das Bildnis unseres Erlösers auf, und vollzogen
auf den Lenden der Unglücklichen frech unser furchtbarstes Sakrament. Bei diesem
gräßlichen Schauspiel fiel ich in Ohnmacht. Ich vermochte den Anblick
nicht zu ertragen.
(...)
(aus "Justine oder vom Missgeschick der Tugend" von de Sade)