(...)
ÖDIPUS

Was? auch der Mutter Bett soll ich nicht fürchten?

JOKASTA
Was fürchtet denn der Mensch, der mit dem Glück
Es hält? Von nichts gibt´s eine Ahnung deutlich.
Dahinzuleben, so wie einer kann,
Das ist das Beste. Fürchte du die Hochzeit,
Mit deiner Mutter nicht! denn öfters hat
Ein Sterblicher der eignen Mutter schon
Im Traume beigewohnt: doch wem wie nichts
Dies gilt, er trägt am leichtesten das Leben.

ÖDIPUS
Schön wär all dies von dir gesagt, wo nicht
Die Mutter lebte, doch solang sie lebt,
Ist´s hohe Not, so schön du sprichst, zu fürchten.

JOKASTA
Jedoch ein groß Licht ist des Vaters Grab dir.

ÖDIPUS
Ein großes. Recht! die Lebende fürcht ich nur.
(...)


(aus "Ödipus, der Tyrann" von Sofokles; 496-406 v. Chr.
übersetzt von Friedrich Hölderlin )
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