Des
Weibes Leib ist ein Gedicht,
Das Gott der Herr geschrieben
Ins große Stammbuch
der Natur,
Als ihn der Geist getrieben.
Ja,
günstig war die Stunde ihm,
Der Gott war hochbegeistert;
Er hat den spröden,
rebellischen Stoff
Ganz künstlerisch bemeistert.
Fürwahr,
der Leib des Weibes ist
Das Hohelied der Lieder;
Gar wunderbare Strophen
sind
Die schlanken, weißen Glieder.
O
welche göttliche Idee
Ist dieser Hals, der blanke,
Worauf sich wiegt
der kleine Kopf,
Der lockige Hauptgedanke!
Der
Brüstchen Rosenknospen sind
Epigrammatisch gefeilet;
Unsäglich
entzückend ist die Zäsur,
Die streng den Busen teilet.
Den
plastischen Schöpfer offenbart
Der Hüften Parallele;
Der
Zwischensatz mit dem Feigenblatt
Ist auch eine schöne Stelle.
Das
ist kein abstraktes Begriffspoem!
Das Lied hat Fleisch und Rippen,
Hat
Hand und Fuß; es lacht und küßt
Mit schöngereimten Lippen.
Hier
atmet wahre Poesie!
Anmut in jeder Wendung!
Und auf der
Stirne trägt das Lied
Den Stempel der Vollendung.
Lobsingen
will ich dir, O Herr,
Und dich im Staub anbeten!
Wir sind nur Stümper
gegen dich,
Den himmlischen Poeten.
Versenken
will ich mich, o Herr,
In deines Liedes Prächten;
Ich widme seinem Studium
Den Tag mitsamt den Nächten.
Ja, Tag und Nacht studier ich dran,
Will keine Zeit verlieren;
Die Beine werden mir so dünn -
Das kommt vom vielen Studieren.
(von Heinrich Heine)