Ballade von Villon und der dicken Margot
Wenn ich
die Kleine schon seit je beschützt,
so seid mir dessenthalb nicht bös
gewillt,
denn mir gefällt die Art, die sie besitzt,
um ihretwegen trag
ich Dolch und Schild.
Wenn Leute sie besuchen kommen, flüchte
ich mich
zum Wein und rühre mich nicht mehr,
und biete ihnen Wasser, Brot und Früchte,
und
wenn sie gut bezahlen, sag ich: "Herr!
Kommt recht bald wieder, wollt
ihr Liebe schmausen
in dem Bordell, in dem wir beide hausen!"
Doch
manches Mal, da gibt es arge Not,
im Fall Margot nichts zu verdienen fand,
da
schelt ich, schimpf und martre sie zu Tod
und nehm ihr Wäsche,
Kleider,
Putz und Tand
und schwör, die Sachen alle zu versetzen.
Da fragt sie
höhnisch, was ich mich erdreiste,
und schreit und kreischt und jammert
vor Entsetzen
und widerspricht. Drauf ball ich meine Fäuste
und lasse
sie auf ihre Nase sausen
in dem Bordell, in dem wir beide hausen.
Dann gibt sie Ruh und lacht und läßt
ein Fürzchen
und
lockert sacht ihr enges Miederlein
und nennt mich 'Lieber Schatz!' und löst
ihr Schürzchen
und krault mit sanfter Hand mir Bauch und Bein.
Dann
schlafen wir, und beim Erwachen legt
sie sich mit ihrer ganzen Last auf mich,
daß
sie das Kind nicht tötet, das sie trägt;
ich werde glatt wie ein
Gedankenstrich.
Dann kost sie mich, daß mir die Ohren sausen,
in dem
Bordell, in dem wir beide hausen.
GELEIT.
Wind, Hagel,
Regen,
Schnee, ich bin geborgen,
Zuhälter bin ich, brauch für nichts zu sorgen.
Mit seiner Luise hat sich Louis gepaart.
Welch herrlich Paar!
Art findet sich zu Art.
Uns plagen Ehrbegriffe nicht noch Flausen
in dem Bordell, in dem wir beide hausen.
(von
Francois Villon;
übersetzt von K.L.Ammer;
Diogenes
Verlag)