Roland Jöhri: "Wild und zart"

Wildes Fleisch
Starkoch Roland Jöhri präsentiert traditionelle und neue Wildrezepte


Die Jagdsaison bietet allen Köchen eine willkommene Gelegenheit, nicht alltägliche Produkte in delikate Speisen zu verwandeln, stellt sie aber gleichzeitig vor die Frage, was man denn, abgesehen von althergebrachten Gerichten, mit Rehen, Hirschen, Wildschweinen und dem Fleisch anderer Wald- und Wiesenbewohner anfangen könnte.

In seinem Kochbuch "Wild und zart" bietet der Schweizer Meisterkoch Roland Jöhri zahlreiche schmackhafte Lösungen für dieses Problem. Er präsentiert neben traditionellen Rezepten auch ungewöhnliche Zubereitungsarten für die Beute der Weidmänner. Seine Rezeptsammlung umfasst neben Klassikern wie Rehrücken, gespicktem Hirschbraten, Wildterrinen und -pasteten ebenso Hasenpfeffer mit Schokoladensauce, Wildravioli, Murmeltierschmortopf oder asiatisch inspirierte Kreationen wie Rehfilet in Reisteig mit Soja-Gemüse und süß-saure Wildhasen in Wantan-Teig. Abwechslung versprechen auch einige der Beilagen und Saucen, die Jöhri in eigenen Kapiteln beschreibt. Wieso sollte Wildbret nicht einmal von Rotweinrisotto, Quittengelee oder glasierten Feigen mit Portweinsauce statt von Rotkraut, Preiselbeeren oder Sauce Cumberland begleitet werden?

Mit den kalten und warmen Wild-Vorspeisen, Suppen und Desserts des Buches lässt sich leicht ein gelungenes herbstliches Menü zusammenstellen, die großformatigen Fotos machen Appetit und liefen zugleich Vorschläge für einladend angerichtete Teller; einzig Weinempfehlungen zu den Gerichten gehen ein wenig ab.

Abgerundet wird die bereits in dritter Auflage erschienene Publikation Jöhris, dessen Restaurant "Talvò" in St. Moritz-Champfèr zu den besten kulinarischen Adressen der Schweiz zählt, von kulturgeschichtlichen Bemerkungen zur Jagd, den Jägern und den Gejagten, die einleitend über Bedeutung, Geschichte und Methoden des Weidwerks informieren und auch längst in Vergessenheit geratene Verwendungsmöglichkeiten für Jagdbeute dokumentieren.

So wurde unseren Vorfahren Wolfslunge gegen Keuchhusten gereicht, ein Hasenhaar im Nasenloch kam gegen Nasenbluten zum Einsatz, das angeblich schwer verdauliche Hasenfleisch wurde Übergewichtigen zum Abnehmen empfohlen, eine aus der Asche von Fuchsköpfen angefertigte Salbe versprach dichten Haarwuchs, und Dachsblut stand gar im Ruf, gegen die Pest wirksam zu sein. Heutige Freunde von Wildbret werden allerdings statt der doch ein wenig dubiosen Rezepturen der Volksmedizin wohl lieber die Vorzüge von Roland Jöhris Rezepten genießen ...

(sb; 09/2002)


Roland Jöhri: "Wild und zart"
AT Verlag, 1996. 167 Seiten.
ISBN 3-85502-542-8.
ca. EUR 62,-.
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