... dem Roman "Austreiben" von Ernst Molden entnommen ...

Sein Unterleib ist blutig, wie auch sein Kopf, obwohl er keinen Basisbruch, sondern nur eine Platzwunde hat. Von dieser Wunde tropft Blut auch auf den Rücken seines Jacketts.
   Aber der Herr Herbert spürt keinen Schmerz. Er hat ein Ziel und er hat einen Wunsch: Herbert will viel Fleisch. Fleisch. Nach langem, mechanischen Humpeln erreicht er den Waldrand. Er sieht die ersten Häuser von Groß-Enzersdorf. Aber Herbert hinkt nicht seiner Parzelle zu. Er geht die Erlenstraße nach rechts, wo an der zweiten Kreuzung ein Imbiß-Stand namens Buren-Toni steht. Der Name des Standes bezieht sich nicht auf die Kolonialisten Südafrikas, sondern auf die Burenwurst, für welche der Toni berühmt ist.
   Einige Leute verfolgen den langen Weg des blutigen, halbnackten Herbert an die Theke des Buren-Toni. Ihre Gesichter blicken fassungslos.
   "Vier Burenwürste", sagt Herbert fast stimmlos, "süßen Senf und zehn heiße Pfefferoni."
   "Bist du deppert!" ruft der sechsundneunzig Kilo schwere Buren-Toni aus, als er seines Kunden ansichtig wird.
   "Bin ich nicht", sagt der Herbert.
   Er will nicht länger warten. Fleisch.
   Der blutende Gast packt den Inhaber des Würstelstandes mit zwei zu Haken gebogenen Fingern in den Nasenlöchern und zerrt ihn zu sich. Seine andere Hand ergreift die sogenannte Hotdog-Maschine und schiebt sie in die Mitte der Theke.
   Die Hotdog-Maschine dient zur Herstellung klassischer europäischer, also ausgehöhlter Hotdogs. Sie besteht aus einer Bodenplatte mit vier erhitzbaren Eisenpfählen. Ein guter Würstelmann hat sie immer eingeschaltet, weil sie zum Aufheizen eine Zeitlang braucht.
   Jetzt steht die Hotdog-Maschine genau unter dem erstaunten Gesicht des Buren-Toni. Das Staunen gilt der unnatürlichen Kraft des blutenden alten Mannes. Der Toni weiß selbst nicht, weshalb er sich nicht wehren kann.
   Dann hört das Staunen auf, denn der alte Mann senkt seinen Arm und drückt Tonis Kopf nach unten. Zwei der Eisenpfähle wandern flott durch Tonis Gehirn und kommen aus der Decke des kahlgeschorenen Schädels hervor. Die Farbe Rot verbreitet sich inflationär im Inneren des Würstelstandes. Der bärenstarke Toni kann nicht einmal schreien, weil der vordere der Pfähle seinen Kehlkopf zertrümmert hat.
   "Grrr", macht er nur, bevor er stirbt. Die Großmutter hingegen, die ihrem siebenjährigen Enkel ein Eis kaufen wollte, schreit umso lauter.



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( Ernst Molden: "Austreiben"; Deuticke; ISBN 3-216-30468-X; ATS 109,- )