(...) Das
Attentat in Sarajewo füllte die Polizeidirektion mit zahlreichen Opfern.
Man brachte eins nach dem andern, und der alte Inspektor in der
Aufnahmekanzlei sagte mit seiner gutmütigen Stimme:
»Dieser Ferdinand wird sich euch nicht auszahlen!«
Als man Schwejk in eine der vielen Zellen des ersten Stockwerks sperrte,
fand er dort eine Gesellschaft von sechs Männern vor. Fünf saßen rings
um den Tisch, und in der Ecke auf dem Kavallett saß,
als wollte er sich von ihnen absondern, ein Mann in mittleren
Jahren. Schwejk begann einen nach dem andern auszufragen, warum man
ihn eingesperrt habe.
Von den fünfen, die am Tisch saßen, erhielt er nahezu die gleiche
Antwort:
»Wegen Sarajewo!« – »Wegen Ferdinand!« – »Wegen diesem Mord am Herrn
Erzherzog!« – »Wegen Ferdinand!« – »Dafür, daß man den Herrn Erzherzog
in Sarajewo umgebracht hat!«
Der sechste, der sich von diesen fünf absonderte, sagte, daß er mit
ihnen nichts zu tun haben wolle, damit auf ihn kein Verdacht falle, denn
er sitze hier nur wegen versuchten Raubmordes an einem Bauer aus Holitz.
Schwejk setzte sich an den Tisch in die Gesellschaft der Verschwörer,
die einander bereits zum zehntenmal erzählten, wie sie in diese Affäre
hineingeraten waren.
Alle, bis auf einen, hatte es entweder im Wirtshaus, in der Weinstube
oder im Kaffeehaus ereilt. Eine Ausnahme bildete ein ungewöhnlich dicker
Herr mit einer Brille und verweinten Augen, der zu Hause in seiner
Wohnung verhaftet worden war, weil er zwei Tage vor dem Attentat
in
Sarajewo für zwei serbische Studenten, Techniker, im Gasthaus die
Zeche bezahlt hatte und vom Detektiv Brix in ihrer Gesellschaft
betrunken im »Montmartre« in der Kettengasse gesehen worden war, wo er,
wie er im Protokoll bereits durch seine Unterschrift bestätigt hatte,
ebenfalls für sie gezahlt hatte.
Auf alle Fragen bei der Voruntersuchung auf der Polizeidirektion
jammerte er stereotyp:
»Ich habe ein Papiergeschäft.«
Worauf ihm ebenfalls die stereotype Antwort zuteil wurde:
»Das ist kein Beweis für Ihre Unschuld.«
Der kleine Herr, den es in einer Weinstube erwischt hatte, war
Geschichtsprofessor und hatte dem Weinstubenbesitzer die Geschichte
verschiedener Attentate erklärt. Er wurde gerade in dem Augenblick
verhaftet, als er die psychologische Analyse aller Attentate mit den
Worten beendete:
»Der Gedanke des Attentates ist so einfach wie das Ei des Kolumbus.«
»Genauso einfach, wie Sie Pankrác erwartet«, wurde sein Ausspruch
während des Verhörs von dem Polizeikommissär ergänzt.
Der dritte Verschwörer war der Vorsitzende des Wohltätigkeitsvereins
»Dobromil« in Hodkowitschka. An dem Tage, an dem das Attentat verübt
worden war, veranstaltete der »Dobromil« ein Gartenfest mit
anschließendem Konzert. Der Gendarmeriewachtmeister kam, um die
Teilnehmer aufzufordern, das Fest
zu beenden, denn Österreich habe Trauer, worauf der Vorsitzende des
»Dobromil« gutmütig entgegnete:
»Warten Sie ein Weilchen, bis man das ›Hej, Slowane‹ zu
Ende gespielt haben wird.«
Jetzt saß er da mit gesenktem Kopf und lamentierte:
»Im August haben wir neue Vorstandswahlen, wenn ich bis zu der Zeit
nicht zu Hause bin, kann es geschehn, daß man mich nicht wählt. Und ich
bin schon zum zehntenmal Vorsitzender. Ich überleb diese Schande nicht.«
Seltsam hatte der selige Ferdinand dem vierten Verhafteten mitgespielt,
einem Mann von lauterem Charakter und makellosem Schild.
Er war volle zwei Tage jeglichem Gespräch über Ferdinand ausgewichen,
bis er den Eichelkönig mit der Schellsieben trumpfte:
»Sieben Kugeln wie in Sarajewo.«
Haar und Bart des fünften Mannes, der, wie er selbst sagte, »wegen
diesem Mord am Herrn Erzherzog in Sarajewo« saß, waren noch vor Schreck
gesträubt, so daß sein Kopf an einen Stallpinscher gemahnte.
Dieser Mann hatte in dem Restaurant, wo er verhaftet worden war,
überhaupt kein Wort gesprochen, ja nicht einmal die Zeitungsberichte
über die Ermordung Ferdinands gelesen. Er war ganz allein an einem Tisch
gesessen, als irgendein Herr zu ihm kam, sich ihm gegenübersetzte und
rasch zu ihm sagte:
»Haben Sie davon gelesen?«
»Nein.«
»Wissen Sie davon?«
»Nein.«
»Und wissen Sie, worum es sich handelt?«
»Nein, ich kümmer mich nicht drum.«
»Aber es sollte Sie doch interessieren.«
»Ich weiß nicht, was mich interessieren sollt! Ich rauch meine Zigarre,
trink meine paar Glas Bier,
eß mein Abendbrot und les keine Zeitung. Die Zeitungen lügen. Wozu soll
ich mich aufregen?«
»Sie interessiert also nicht einmal der Mord in Sarajewo?«
»Mich interessiert überhaupt kein Mord, obs nun in Prag, in Wien,
in Sarajewo oder in London is. Dafür sind die Behörden, die Gerichte und
die Polizei da. Wenn man jemanden irgendwo erschlägt, recht geschieht
ihm, warum is der Trottel so unvorsichtig und läßt sich erschlagen.«
Das waren seine letzten Worte in dieser Unterredung. Seit dieser Zeit
wiederholte er nur laut in Intervallen von fünf Minuten: »Ich bin
unschuldig.«
Diese Worte rief er auch im Tor der Polizeidirektion, diese Worte wird
er auch während der Überführung zum Strafgericht in Prag wiederholen,
und mit diesen Worten wird er auch seine Kerkerzelle betreten.
Als Schwejk alle diese schrecklichen Verschwörergeschichten angehört
hatte, hielt er es für angezeigt, den Arrestanten die vollständige
Hoffnungslosigkeit ihrer Situation zu erklären.
»Ja, mit uns allen stehts sehr schlecht«, begann er seine Trostesworte.
»Das is nicht wahr, was ihr sagt, daß euch, uns allen, nix geschehn
kann. Wofür ham wir eine Polizei, als dafür, daß sie uns für unsere
losen Mäuler straft. Wenn eine so gefährliche Zeit kommt, daß man auf
Erzherzoge schießt, so darf sich niemand wundern, daß man ihn auf die
Polizeidirektion bringt. Das geschieht alles von wegen der Aufmachung,
damit der Ferdinand Reklam hat vor seinem Begräbnis. Je mehr unser hier
sein wern, desto besser wirds für uns sein, denn um so lustiger wern
wirs haben. Wie ich beim Militär gedient hab, war manchmal unsere halbe
Kompanie eingesperrt. Und wieviel unschuldige Leute sind schon
verurteilt worn. Und nicht nur beim Militär, sondern auch von den
Gerichten. Einmal is, ich erinner mich noch gut, eine Frau verurteilt
worn, weil sie ihre neugeborenen Zwillinge erwürgt hat. Obgleich sie
steif und fest geschworen hat, daß sie die Zwillinge nicht hat erwürgen
können, weil sie nur ein Mäderl zur Welt gebracht hat und es ihr
gelungen war, es ganz schmerzlos zu erwürgen, is sie trotzdem wegen
Doppelmord verurteilt worn. Oder dieser unschuldige Zigeuner in
Zaběhlitz, was am Christtag in der Nacht in einen Bäckerladen
eingebrochen is. Er hat geschworen, daß er sich nur anwärmen gegangen
is, aber es hat ihm nichts genützt. Wie das Gericht mal was in die Hand
nimmt, stehts schlimm. Aber das muß sein. Vielleicht sind nicht alle
Leute solche Lumpen, wie man es von ihnen voraussetzen kann: aber wie
unterscheidest du heutzutag einen anständigen Menschen von einem Lumpen,
besonders heut, in einer so ernsten Zeit, wo sie diesen Ferdinand
abgemurkst ham. Da hat man bei uns, wie ich beim Militär in Budweis
gedient hab, im Wald hinterm Exerzierplatz den Hund von unserem
Hauptmann erschossen. Wie er davon erfahren hat, hat er uns alle rufen
lassen, hat uns antreten lassen und hat gesagt, daß jeder zehnte Mann
vortreten soll. Selbstverständlich war ich auch der zehnte, und so sind
wir Habtacht gestanden und ham nicht mal gezwinkert. Der Hauptmann geht
um uns herum und sagt: ›Ihr Lumpen, Schurken, Kanaillen, gefleckte
Hyänen, ich möcht euch allen wegen dem Hund Einzel aufpelzen, euch zu
Nudeln zerhacken, erschießen und blauen Karpfen aus euch machen. Damit
ihrs aber wißt, daß ich euch nicht schonen wer, geb ich euch allen zehn
Tage Kasernarrest.‹ Also seht ihr, damals hat sichs um ein Hunterl
gehandelt, und jetzt handelt sichs sogar um einen Erzherzog. Und deshalb
muß Schrecken sein, damit die Trauer für was steht.«
»Ich bin unschuldig, ich bin unschuldig«, wiederholte der Mann mit dem
gesträubten Haar.
»Jesus Christus war auch unschuldig«, sagte Schwejk, »und sie ham ihn
auch gekreuzigt.
Nirgendwo is jemals jemandem etwas an einem unschuldigen Menschen
gelegen gewesen. Maulhalten und weiterdienen! – wie mans uns beim
Militär gesagt hat. Das is das Beste und Schönste.«
Schwejk legte sich auf das Kavallett und schlief friedlich ein.
Inzwischen brachte man zwei Neue. Einer von ihnen war ein Bosniake. Er
schritt in der Zelle auf und ab, knirschte mit den Zähnen, und jedes
zweite Wort von ihm war:
»Jebenti duschu.«
Ihn quälte der Gedanke, daß ihm auf der Polizeidirektion sein
Gottscheerkorb verlorengehen könnte.
Der zweite neue Gast war der Wirt Palivec, der seinen Bekannten Schwejk,
als er ihn bemerkte, weckte und mit einer Stimme voller Tragik rief:
»Ich bin auch schon hier!«
Schwejk schüttelte ihm herzlich die Hand und sagte:
»Da bin ich wirklich froh. Ich hab gewußt, daß jener Herr Wort halten
wird, wie er Ihnen gesagt hat, daß man Sie abholen wird. So eine
Pünktlichkeit is eine schöne Sache.«
Herr Palivec bemerkte jedoch, daß so eine Pünktlichkeit einen Dreck wert
sei, und fragte Schwejk leise, ob die andern eingesperrten Herren nicht
Diebe seien, weil ihm das als Gewerbetreibendem schaden
könne. Schwejk erklärte ihm, daß alle, bis auf einen, der wegen
versuchten Raubmordes an einem Bauer aus Holitz hier sei, wegen des
Erzherzogs in ihre Gesellschaft gekommen seien.
Herr Palivec war beleidigt und sagte, daß er nicht wegen irgendeines
vertrottelten Erzherzogs hier sei, sondern wegen Seiner Majestät des
Kaisers. Und weil dies die andern zu interessieren begann, erzählte er
ihnen, wie die Fliegen ihm Seine
Majestät den Kaiser verunreinigt hatten.
»Sie ham mir ihn verschweint, die Biester«, schloß er die Schilderung
seines Abenteuers, »und zum Schluß ham sie mich ins Kriminal gebracht.
Ich wer das diesen Fliegen nicht verzeihn«, fügte er drohend hinzu.
Schwejk legte sich abermals schlafen, aber er schlief nicht lange, denn
man holte ihn ab, um ihn zum Verhör zu führen.
Und so trug
Schwejk, während er über die Treppe in die 3. Abteilung zum Verhör
schritt, sein Kreuz auf den Gipfel Golgathas, ohne etwas von seinem
Martyrium zu merken.
Als er die Aufschrift erblickte, daß das Spucken auf den Gängen verboten
sei, bat er den Polizisten, ihm zu erlauben, in den Spucknapf zu
spucken, und strahlend in seiner Einfalt betrat er die Kanzlei mit den
Worten:
»Winsch einen guten Abend, meine Herren, allen miteinand.«
Statt einer Antwort puffte ihn jemand in die Rippen und stellte ihn vor
den Tisch, hinter dem ein Herr mit einem kühlen Beamtengesicht von so
tierischer Grausamkeit saß, als wäre er gerade aus Lombrosos Buch
»Verbrechertypen« herausgefallen.
Er schaute blutdürstig auf Schwejk und sagte:
»Benehmen Sie sich nicht so blöd!«
»Ich kann mir nicht helfen«, antwortete Schwejk ernst, »man hat mich
beim Militär wegen Blödheit superarbitriert. Ich bin amtlich von der
Superarbitrierungskommission für einen Idioten erklärt worn. Ich bin ein
behördlicher Idiot.«
Der Herr mit dem Verbrechertypus knirschte mit den Zähnen:
»Das, wessen Sie beschuldigt sind und wessen Sie sich schuldig gemacht
haben, zeugt davon, daß Sie alle fünf Sinne beisammen haben.«
Und er zählte Schwejk eine ganze Reihe verschiedener Verbrechen auf,
angefangen vom Hochverrat und endend mit Majestätsbeleidigung und
Beleidigung der Mitglieder des kaiserlichen Hauses. Inmitten dieser
Gruppe glänzte die Billigung der Ermordung Erzherzog Ferdinands. Davon
ging ein Zweig mit neuen Verbrechen aus, unter denen das Verbrechen der
Aufwiegelung strahlte, weil sich alles in einem öffentlichen Lokal
abgespielt hatte.
»Was sagen Sie dazu?« fragte der Herr mit den Zügen tierischer
Grausamkeit siegesbewußt.
»Es is viel«, erwiderte Schwejk unschuldig, »allzuviel is ungesund.«
»Na also, daß Sie das wenigstens einsehen.«
»Ich seh alles ein, Strenge muß sein, ohne Strenge möcht niemand
nirgends hinkommen. Das is so wie einmal, wie ich beim Militär gedient
hab ...«
»Halten Sies Maul!« schrie der Polizeirat Schwejk an, »und sprechen Sie
erst, bis ich Sie etwas fragen werde! Verstehn Sie?«
»Wie sollt ich nicht verstehn«, sagte Schwejk, »melde gehorsamst, daß
ich versteh und daß ich mich in allem, was Sie sagen, zurechtfinden
kann.«
»Mit wem verkehren Sie denn?«
»Mit meiner Bedienerin, Euer Gnaden.«
»Und in den hiesigen politischen Kreisen haben Sie keine Bekannten?«
»Das schon, Euer Gnaden, ich pfleg mir das Mittagsblatt der Národní
Politika, die Tschubitschka zu
kaufen.«
»Hinaus!« brüllte der Herr mit dem tierischen Aussehen Schwejk an.
Als man Schwejk aus der Kanzlei führte, sagte er:
»Gute Nacht, Euer Gnaden.«
In seine Zelle zurückgekehrt, verkündete Schwejk allen Arrestanten, daß
so ein Verhör eine Hetz sei. »Bißl schreit man euch dort an, und zum
Schluß wirft man euch heraus.«
»Früher«, fuhr Schwejk fort, »da wars ärger. Ich hab mal ein Buch
gelesen, daß der Angeklagte auf glühendem Eisen gehn und geschmolzenes
Blei trinken mußte, damit man erkennt, daß er unschuldig ist. Oder hat
man ihm die Füße in spanische Stiefel gesteckt und hat ihn auf eine
Leiter gespannt, wenn er nicht gestehn wollt, oder man hat ihm die
Hüften mit einer Feuerwehrfackel gebrannt, wie mans dem heiligen Johann
Nepomuk gemacht hat. Der hat herich dabei geschrien, wie wenn man ihn
gespießt hätt, und hat nicht aufgehört, bis man ihn von der
Elisabethbrücke in einem wasserdichten Sack hinuntergeworfen hat. Solche
Fälle hats viel gegeben, und nachher ham sie den Betreffenden noch
gevierteilt oder irgendwo beim Museum an den Pfahl geschlagen. Und wenn
man ihn nur in den Hungerturm geworfen hat, war so ein Mensch wie neu
geboren.«
»Heutzutag is es eine Hetz, eingesperrt zu sein«, fuhr Schwejk
wohlgefällig fort, »kein Vierteilen, keine spanischen Stiefel,
Kavalletts hamr, einen Tisch hamr, Bänke hamr, wir drängen uns nicht
einer auf den andern, Suppe
kriegen wir, Brot geben sie uns, einen Krug mit Wasser bringen sie uns,
den Abort
hamr direkt vorm Mund. In allem sieht man den Fortschritt. Bisserl weit
is es zum Verhör, das is wahr, über drei Gänge und ein Stockwerk höher,
aber dafür is es auf den Gängen sauber und lebhaft. Da führt man einen
her, den andern hin, Junge, Alte, Männer und Weibsbilder. Man is froh,
wenn man wenigstens nicht hier allein is. Jeder geht zufrieden seines
Wegs und muß sich nicht fürchten, daß man ihm in der Kanzlei sagt: ›Also
wir ham uns beraten, und morgen wern Sie gevierteilt oder verbrannt, je
nach Wunsch.‹ Das war sicher ein schwerer Entschluß, und ich denk, meine
Herren, daß mancher von uns in einem solchen Moment ganz getepscht wär.
Ja, heutzutag ham sich die Verhältnisse zu unsern Gunsten gebessert.«
Er beendete gerade die Verteidigung des modernen Gefängniswesens, als
der Aufseher die Tür öffnete und rief:
»Schwejk, ziehn Sie sich an, Sie gehn zum Verhör.«
»Ich zieh mich an«, antwortete Schwejk, »ich hab nichts dagegen, aber
ich fürcht mich, daß es ein Irrtum is, ich bin schon einmal beim Verhör
herausgeworfen worn. Und dann fürcht ich mich, daß sich die übrigen
Herren, die hier mit mir sind, nicht auf mich ärgern, weil ich zweimal
hintereinander geh und sie heut noch nicht einmal dort waren. Sie
könnten auf mich eifersüchtig wern.«
»Kommen Sie heraus und quatschen Sie nicht«, lautete die Antwort auf die
kavaliermäßige Kundgebung Schwejks.
Schwejk befand sich abermals vor dem Herrn mit dem Verbrechertypus, der
ihn ohne jede Einleitung hart und unabweisbar fragte:
»Gestehn Sie alles?«
Schwejk heftete seine guten, blauen Augen auf den unerbittlichen
Menschen und sagte weich:
»Wenn Sie wünschen, Euer Gnaden, daß ich gesteh, so gesteh ich, mir
kanns nicht schaden. Wenn Sie aber sagen: ›Schwejk, gestehn Sie nichts
ein‹, wer ich mich herausdrehn, bis man mich in Stücke reißt.«
Der gestrenge Herr schrieb etwas in die Akten, und während er Schwejk
die Feder reichte, forderte er ihn auf, zu unterschreiben.
Und Schwejk unterschrieb die Angaben Bretschneiders sowie folgenden
Zusatz:
Alle oben angeführten Beschuldigungen gegen mich beruhen auf Wahrheit.
Josef Schwejk
Nachdem er unterschrieben hatte, wandte er sich an den gestrengen Herrn:
»Soll ich noch was unterschreiben? Oder soll ich erst früh kommen?«
»Früh wird man Sie ins Strafgericht überführen«, lautete die Antwort.
»Um wieviel Uhr, Euer Gnaden? Damit ich um Himmels willen nicht
verschlaf.«
»Hinaus!« wurde Schwejk an diesem Tage schon zum zweitenmal hinter dem
Tische angeschrien, vor welchem er stand.
Als er in sein neues vergittertes Heim zurückkehrte, sagte Schwejk dem
Polizisten, der ihn begleitete:
»Alles geht hier wie am Schnürl.«
Sobald die Türe hinter ihm geschlossen war, überschütteten ihn seine
Gefängniskollegen mit verschiedenen Fragen, auf die Schwejk klar
entgegnete:
»Soeben hab ich gestanden, daß ich herich den Erzherzog Ferdinand
erschlagen hab.«
Sechs Männer duckten sich entsetzt unter den verlausten Decken, nur der
Bosniake sagte:
»Dobro doschli.« (...)