Klaus Werner-Lobo: "Uns gehört die Welt!"
Macht und Machenschaften der Multis
Der
Autor hat sich eine Menge vorgenommen. Er will Akzente setzen, zu
Aktivitäten motivieren. Es geht um mehr als bloße
Information. Die Machenschaften der Multis sind mittlerweile
hinlänglich bekannt, was aber an deren Verhalten kaum etwas
geändert hat. Manche "Ungereimtheiten" geben Konzernsprecher
zu, vieles wird bestritten.
Was kann der einzelne Mensch angesichts der Zustände auf
dieser Welt tun? Reicht es, ein kritischer Konsument zu sein?
Für Klaus Werner-Lobo dient "bewusster einkaufen"
häufig dem eigenen Gewissen. Es gilt, über den
Tellerrand zu schauen, und seinen Teil dazu beizutragen, dass das
Zusammenleben, die Umstände um einen herum ein bisschen
friedlicher, freundlicher, zuvorkommender, ökonomischer,
gerechter werden. Die Möglichkeiten hierzu sind
vielfältig. Jeder muss bei sich selbst beginnen, und vier
Aspekte bilden das Fundament, auf dem der Mensch bauen mag:
Lebe deine Träume!
Information und Kritik!
Zivilcourage
zeigen!
Gemeinsam handeln und Spaß haben!
Den Weg der eigenen Träume zu gehen verbieten sich die meisten
Menschen. Genaues Nachfragen und Erkennen von Ungereimtheiten ist auch
nicht jedermanns Sache. Zivilcourage überall dort zu zeigen,
wo Ungerechtigkeiten, Diskriminierung, Rassismus oder Ausbeutung
gegeben sind, erfordert ein hohes Maß an solidarischem
Denken. Und der letzte Punkt scheint allein schon deswegen auf
verlorenem Posten zu sein, weil es nicht unbedingt angesagt ist,
Spaß an was auch immer nach außen zu demonstrieren.
Abseits von Trampelpfaden demaskiert sich die
Spaßgesellschaft selbst. Revolution geht so gut wie immer von
unten nach oben, und die Möglichkeiten des Individuums in
einer repräsentativen Demokratie sind begrenzt. Der
reflektierende Mensch denkt: Die machen ohnehin nicht das, was wir uns
wünschen. Wir mündigen Bürger
dürfen zwar wählen, doch die Volksvertreter kochen
ihr eigenes Süppchen.
Dabei gibt es in allen möglichen Gegenden der Welt sogenannte
partizipative Demokratien, wo versucht wird, einen Konsens für
alle betroffenen Menschen zu finden, und somit auch die Interessen von
Minderheiten berücksichtigt werden. Es gibt genügend
historisch belegte Beispiele von partizipativen Demokratien, die das
Funktionieren dieser solidarischen Ausrichtung belegen. Das Recht auf
Wohlstand für alle und ein auf gegenseitigem Respekt und
individuellen Freiheiten basierendes Weltbild kann die Wahrung des
ökologischen Gleichgewichts zum Ziel allen Wirtschaftens
erklären.
Das Buch von Klaus Werner-Lobo belegt am Beispiel des Autors selbst,
dass es möglich ist, die beschriebenen vier Aspekte dem
individuellen Leben zugrunde zu legen. Er lebt seine Träume
und hat sich mit seiner Ausbildung zum Clown in den letzten Jahren
einen weiteren Traum erfüllt. Die zahlreichen Beispiele der
Verletzungen von Menschenrechten, Ausbeutung, Diskriminierung,
Kinderarbeit, Umweltzerstörung bis zur Vernichtung von
Kulturen seitens der Multis sind Information und Kritik in
gebündelter Form. Zwar ist es nichts Neues, von der Profitgier
zu erzählen, die Konzerne antreibt. Jedoch geht es nicht
darum, einzelne Mitarbeiter dieser aufgeblasenen Unternehmen
anzugreifen, sondern das System in Frage zu stellen. Es existiert eine
Netzseite als Erweiterung der dargestellten Information und Kritik.
Hier werden sich im Laufe der Zeit im besten Falle viele Aktionsgruppen
darstellen, die ihren Beitrag zu einer gerechteren Welt leisten wollen.
Zivilcourage und das Setzen von Zeichen sind weitere Standpunkte, an
denen der Autor im Rahmen des Buches festhält. Ein Mensch
allein kann nichts Großartiges verändern. Es bedarf
gemeinsamer Aktionen, wie sie etwa die "Clownrebellen" bei Tagungen der
WTO oder G8-Gipfeln setzen. In vielen deutschen Städten
führen junge Menschen globalisierte Stadtführungen
durch. Abstecher bei Konzernfilialen können dazu dienen, vor
Ort auf soziale und ökologische Missstände in den
Produktionsketten der großen Markenfirmen aufmerksam zu
machen und Alternativen wie den fairen Handel aufzuzeigen. Jeder Mensch
kann seinen Beitrag leisten. Ob Flugzettel, Demonstrationen, kreative
Aktionen, Protestbriefe, Bücher, Artikel, Vorträge,
Internetbeiträge oder das Drehen von Dokumentationen: Die
Möglichkeiten sind breit gefächert.
Das vorliegende Buch wendet sich insbesondere an die junge Generation
ab dem Alter von 14 Jahren. Die Sprache des Autors ist als teilweise
fast zu lässig zu bezeichnen. Vielleicht ist es für
ältere Menschen schwieriger, umzudenken und Akzente zu setzen,
die das von den Medien, der Wirtschaft und Politikern vorgegaukelte
Weltbild aus den Angeln heben. Geld muss nicht auf immer und ewig der
Götze der Menschheit sein, und die Schere zwischen Arm und
Reich eine logische Folge des Turbokapitalismus und der Globalisierung.
Eine andere Welt wäre dann möglich, wenn alle
Menschen an einem Strang ziehen! Es mag eine Illusion sein, doch wer
keine Illusionen mehr hat, der wird ohnehin keine Lust haben, dieses
Buch zu lesen. Die Wahrheit ist nämlich nicht leicht zu
verkraften.
"Uns gehört die Welt!" als Pflichtlektüre
für junge Menschen in den Schulen einzuführen,
könnte eine Revolution herbeiführen. Machen Sie den
ersten Schritt und lesen Sie dieses Buch nicht nur selbst, sondern
empfehlen es jungen Menschen weiter. Und Ihr jungen Menschen, die Ihr
diese Besprechung gelesen habt, wisst ohnehin, was nun zu tun ist ...
(Jürgen Heimlich; 09/2008)
Klaus
Werner-Lobo: "Uns gehört die Welt! Macht und Machenschaften
der Multis"
Verlag Carl Hanser, 2008. 192 Seiten. (Ab 14 J.)
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