Catherine Clément: "Theos zweite Reise"
Roman über die Rettung der Erde
Der berühmte französische Ethnologe Claude
Lévi-Strauss erläuterte 1976 bei einer Rede vor dem französischen Parlament
seinen von ihm erfundenen Leitspruch der neuen Menschenrechte: "Der Mensch ist
ein Lebewesen."
Nicht mehr und nicht weniger. Er ist ein Lebewesen wie andere auch und nicht
mehr Meister und Herr der Natur. Er ist es niemals gewesen, auch wenn große
Weltreligionen in ihren Traditionen den Menschen so gesehen und eine entsprechende,
Jahrhunderte lange Wirkungsgeschichte hinterlassen haben.
"Der Mensch ist ein Lebewesen." Mit dieser Erkenntnis des mittlerweile 22-jährigen
Theo endet seine zweite große Weltreise, die er wieder mit seiner Tante Marthe
unternimmt. Und sie baut eine Brücke zu seiner ersten Reise im Jahr 1998, zu
der Catherine Clément den damals todkranken Theo und seine reiche und gebildete
Tante Marthe auf der Suche nach der Bedeutung der Weltreligionen rund um den
Globus schickte.
Das vorliegende Buch zeigt die gleichen Stärken und Schwächen wie das erste.
Wer in einem verständlichen Jugendbuch (laut Verlag für Leser ab 13 geeignet)
den Versuch unternimmt, erstens die Weltreligionen einerseits und die Ambivalenz
der Religion insgesamt andererseits zu erläutern, und zweitens in einem Parforceritt
durch Naturwissenschaft
und Philosophie
in einem auch noch locker und unterhaltsam daherkommenden Roman nichts weniger
als die Rettung der Welt zu beschreiben, der muss sich einfach verheben.
Dennoch kann man Catherine Clément nicht genug Lob zollen für ihre beiden wunderbaren
literarischen Versuche, einem jungen Publikum etwas nahe zu bringen, was womöglich
kaum noch einen interessiert, aber für das einzelne Leben jedes Menschen und
für die Welt insgesamt eine nicht hoch genug einzuschätzende Bedeutung hat,
oder haben wird, oder haben sollte.
Diese drei verschiedenen Modi durchziehen das neue Buch: Theo ist inzwischen
22 Jahre alt, studiert Medizin, arbeitet bei den "french doctors" mit und hat
in seinem jungen Leben schon soviel Leid und Elend gesehen, dass es für ein
ganzes Menschenleben reicht. Er ist engagiert für die Umwelt, aber er ist radikal,
zeitweise sogar dumm und fundamentalistisch.
Auf seiner zweiten Weltreise, die ihn auch auf eine bestimmte Art wieder heil
werden lässt, so wie die erste, lernt er von allen möglichen Menschen etwas
über Zusammenhänge und darüber, dass es, ähnlich wie damals bei seiner Reise
durch
die Welt der Religionen, auch in den Fragen der Umwelt und der Gerechtigkeit
keine klaren, eindeutigen Antworten gibt. So hat zum Beispiel das Robbenfangverbot
einer ganzen Kultur, jener der Inuit, die Lebensgrundlage entzogen. Viele andere
Beispiele führt Clément in zum Teil heftigen und auf hohem intellektuellem Niveau
geführten Dialogen auf in ihrem neuen Buch. Beispiele, die man auch als gebildeter
Mensch oft mehrfach lesen muss, um sie wirklich zu verstehen.
Aber das ist wohl der Preis dafür, wenn man es wagt, ein so hochkomplexes Thema
in einen spannenden Jugendroman zu fassen.
Dennoch: es hat sich gelohnt. Leider werden solche anspruchsvollen Bücher aber
noch für lange Zeit nur einigen wenigen Jugendlichen zugänglich sein und vorbehalten
bleiben, welche die dafür nötige Intelligenz und das Interesse für solche Themen
haben.
Aber auch Erwachsene, die vielleicht schon etwas mehr über die Ambivalenz des
Lebens und der Phänomene auf dieser Welt gelernt haben, werden diese Bücher
mit großem Gewinn lesen.
(Winfried Stanzick; 02/2006)
Catherine Clément: "Theos zweite
Reise"
Aus dem Französischen von Tobias
Scheffel und Maja Ueberle-Pfaff.
Hanser, 2006. 368 Seiten. (Ab 13 J.)
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Die erste Reise:
Catherine
Clément: "Theos Reise. Roman über die Religionen der Welt"
Theo ist
vierzehn Jahre alt. Seine größte Leidenschaft sind Bücher über alte Mythologien
und Computerspiele. Als Theo erfährt, dass er schwer krank ist, nimmt ihn seine
Tante Marthe mit auf eine große Reise. Er soll die Weltreligionen und ihre
heiligen Stätten kennen lernen: Jerusalem, Ägypten, Rom, Istanbul, Moskau - Theo
ist fasziniert und beeindruckt. Und überall trifft er auf kundige
Religionsführer, die ihm die verschiedensten Glaubensrichtungen - vom Judentum
über den Islam bis hin zum Buddhismus anschaulich nahe bringen.
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