Friedrich Schiller: "Der Handschuh"
Der erste Band der neuen Reihe "Poesie für Kinder", herausgegeben von Sascha Nicola Simon
Robert
Gernhardt wies im Rahmen eines Interviews darauf hin, dass Schiller in
seinem Leben sehr oft über Dinge geschrieben habe, die in der Realität nicht
existierten. Damit ist keine fiktive Dramatik gemeint, sondern schlichtweg das
Versäumnis der Recherche. Die Naturbeobachtungen etwa, welche in vielen seiner
Balladen zur Darstellung gelangen, sind des Verses wegen oftmals ein wenig
geflunkert.
Umso imposanter nimmt sich in diesem Zusammenhang seine
vielleicht herrlichste Ballade vom
Handschuh aus. Denn in diesem Fall orientierte sich Schiller - nach
wissenschaftlicher Beweissicherung - an einer wahren Begebenheit, die als
Anekdote das wesentliche Kriterium in den Mittelpunkt stellt. Schiller hatte
davon gehört, dass im Jahre 1765 am Hof des französischen Königs Franz I. ein
Edelmann De Lorges einer Dame ihren Handschuh vor die Füße schmiss, welche
diesen zuvor zu den Löwen hinuntergeworfen hatte. Es ist in diesem Zusammenhang
auch zu bemerken, dass Tierhatzen im 18. Jahrhundert allerorts in Europa
stattfanden, und es sei auf das Buch "Eine Reise in das Innere von Wien"
von Gerhard
Roth verwiesen, der sich gleich im allerersten Kapitel mit dem k.k.
privilegierten Hetztheater auseinandersetzt.
Es sind also reale
Komponenten, die den Rahmen für die Ballade "Der Handschuh" bilden und die
Qualität der Geschichte zusätzlich ausformen. Die Tierhatz wurde hier auf
einzigartige, tragikomische Weise dichterisch verarbeitet.
Wunderbar sind
die Zeichnungen von Jacky Gleich, welche diesen ersten Band der Reihe Poesie
für Kinder illustrieren. Dadurch wird die Präsenz des Irrsinns kindgerecht
und mit hintergründigem Witz gezeigt.
Friedrich Schiller wurde 1759 in Marbach am Neckar geboren und verstarb im Jahre
1805 in Weimar. Er war mit Goethe befreundet und wurde von diesem mehr oder
weniger zu Gedichten und klassischen Meisterdramen inspiriert. Im sogenannten
"Balladenjahr" 1797 entstanden u.a. "Der Handschuh", "Der Taucher" und "Der
Ring des Polykrates".
Jacky Gleich wurde 1964 in Darmstadt geboren und studierte
Animation an der Filmhochschule Babelsberg in Potsdam. Sie illustrierte bislang
über 40 Bücher für Kinder und Erwachsene und erhielt dafür zahlreiche
Auszeichnungen, u.a. den deutschen Literaturpreis 1998 und den
Gustav-Heinemann-Friedenspreis 2004. Sie lebt nunmehr mit ihrer großen Familie
in Thüringen.
(Klabauter; 02/2005)
Friedrich Schiller: "Der Handschuh"
Mit Bildern
von Jacky Gleich.
Kindermann, 2005. 24 Seiten. (Ab 7 J.)
ISBN
3-934029-22-1.
ca. EUR 15,00.
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