Birgit Rabisch: "Duplik Jonas 7"


Ein Duplik ist ein Mensch, der auf einer isolierten Insel in einem Hort mit Seinesgleichen zusammen lebt. Die Dupliks sind in erster Linie damit beschäftigt, ein gesundes Leben zu führen. Immer zu viert in einem Haus, kümmern sie sich um einander, um den Haushalt und um ihre Gesundheit. Die einzigen Eingriffe und Einflüsse von außerhalb stammen von einigen komischen Wesen, die Frauen genannt werden, und die aus einer Welt außerhalb des Horts kommen. Und das einzige Unangenehme an diesem Leben ist der "Fraß", eine geheimnisvolle Krankheit, die manchmal unwillkürlich einzelne Körperteile befällt, welche dann sofort entfernt werden müssen, damit nicht der gesamte Organismus von dieser Krankheit erfasst werden kann. 
Gerade als Hannes in die Gruppe eingeführt wird - ein kleiner Säugling, den die anderen Dupliks nach einer intensiven Ausbildung aufziehen sollen - wird Jonas 7 plötzlich vom "Fraß" befallen, und als er aus der Narkose aufwacht, sind seine Augen fort.

Szenenwechsel: Bei einem Autounfall wurden die Augen von Jonas Helcken zerstört. Als er im Krankenhaus wieder zu sich kommt, hört er von seiner Schwester Ilka, dass er bald wieder sehen können wird, denn die Operation an seinen Augen sei erfolgreich gewesen. Ilka verhält sich während des gesamten Gesprächs distanziert, und auf Nachfragen erfährt Jonas etwas über seinen eigenen genetischen Hintergrund, den er nur zu 50 Prozent mit seiner älteren Schwester teilt. Er weiß nicht viel über seine eigene genetische Herkunft, da er - obwohl Medizinstudent - von seinem "Recht auf Nichtwissen" hinsichtlich seines genetischen Profils Gebrauch gemacht hat. Doch seine Schwester verheimlicht ihm noch mehr, und erst als ihn sein Vater besuchen kommt, erfährt Jonas Helcken, dass es einen Duplik von ihm gibt und er dessen Augen bekommen hat. Da die Dupliks innerhalb der hier dargestellten Gesellschaft eine relativ etablierte Erscheinung bei den Besserverdienenden sind und die Dupliks selbst auch von der Öffentlichkeit fern gehalten werden, macht sich Jonas zunächst nicht allzu viele Gedanken darüber, aber einige Fragen und Bemerkungen seiner agitatorischen Schwester machen ihn doch nervös. Als sie ihn schließlich zur Kontaktaufnahme mit Mitarbeitern des Duplik-Programms nutzen möchte, stimmt er darum auch - wenngleich widerwillig - zu, und findet sich wenig später als Beteiligter an der Entführung von Jonas 7 wieder. Daraufhin taucht seine Schwester mit Duplik Jonas 7 unter. 
Während einer Talkshow zum Problem der Dupliks, die durch diese Entführung inspiriert wurde, geht Jonas 7 mit Ilka an die Öffentlichkeit. Dabei sieht sich Jonas erstmals seinem Doppelgänger gegenüber und kann ihm die grundlegende Menschlichkeit nicht mehr absprechen.

Gleichzeitig wird ihm aber auch klar, dass Ilka dabei ist, in ihrem Bestreben, alle Dupliks zu retten, Jonas 7 als Bauernopfer zu verwenden, etwas, das Jonas um keinen Preis zulassen möchte. Er beginnt die Befreiung seines Dupliks von seiner Befreierin zu planen, während er gleichzeitig bemüht ist zu verhindern, dass ihm offizielle Stellen auf die Schliche kommen.

Fazit: Spannend und sehr reflektiert. Die Argumente aller zur Sprache kommenden Seiten sind sehr fair und überzeugend dargestellt, und die Frage nach dem Recht zur Erschaffung von Dupliks - oder auch des Erschaffens eines Egoklons, wie es uns stärker in "Blueprint. Blaupause" gegenübertritt, wird hier in die größtmöglichen gesellschaftlichen und ethischen Zusammenhänge gestellt. Wissenschaftliche Laien können sich die verschiedenen Begriffe, die hierbei eine Rolle spielen, im ausführlichen Anhang dieses Romans erklären lassen, so dass dieser Roman wirklich sehr gut in die Problematik des therapeutischen Klonens in letzter Konsequenz einführt. Der hierbei mitverwendete Begriff der "Genkarte" ist ebenfalls interessant und zum Beispiel in dem Spielfilm "Gattaca" von großer Bedeutung, den man bei der Auseinandersetzung mit diesem Thema nicht außer Acht lassen sollte, genau wie den erstaunlich gesellschaftskritischen Schwarzenegger-Streifen "The 6th Day".

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 02/2004)


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Ergänzende Filmtipps:

"GATTACA"
Eine Parabel über Diskriminierung. (USA, 1997. Drehbuch und Regie: Andrew Niccol; mit Uma Thurman, Ethan Hawke, Jude Law u.a.)
Schon als Junge muss Vincent (Ethan Hawke) entdecken, dass er sich stark von seinem jüngeren Bruder Anton (Loren Dean) unterscheidet. Anton besitzt die perfekten Gene, die ihn zum Erfolg verurteilen. Anton ist hochgewachsen, stark und besitzt perfekte Augen. Vincent ist eher schwach, kränkelt und trägt eine Brille, die bereits allen verrät, dass seine Gene nicht makellos sein können. Während Anton von seinen Eltern nichts als Lob, Ermunterung und Bewunderung erntet, haben die Eltern für Vincent nur Fürsorge und Mitleid übrig. Er muss meistens zu Hause bleiben. Aber für den menschlichen Pioniergeist existiert kein besonderes Gen - und Vincent entdeckt, dass in dieser Tatsache der Schlüssel verborgen ist, um sein Schicksal zu ändern. Bei einem Wettschwimmen im Meer muss ausgerechnet Vincent seinen perfekten jungen Bruder vor dem Ertrinken retten. Anton, der Gedemütigte, verliert kein Wort über diese Affäre. Er erkennt auch nicht den Triumph seines Bruders auf irgendeine Weise an. Vincent ist jetzt so weit, dass er gegen seine scheinbar festgelegte Zukunft rebellieren kann. Er verlässt seine Familie und ist entschlossen, seinen Traum Wirklichkeit werden zu lassen: Er möchte in den Weltraum reisen, die Erde hinter sich lassen - und damit auch alle ihn unterdrückenden Regeln und Annahmen. Vincent nimmt die Hilfe von German (Tony Shalhoub) in Anspruch. Der ist ein sogenannter DNA-Makler, der genetisch benachteiligten Menschen eine falsche Identität verschafft. German bringt Vincent zu seinem neuen Partner. Jerome Eugene Morrow (Jude Law) zählte einst zu den herausragendsten Exemplaren der Gattung Mensch. Ein Unfall hat ihn zu einem Querschnittgelähmten im Rollstuhl gemacht. Um seinen Lebensstil weiter finanzieren zu können, ist Jerome bereit, seine genetische Identität gegen Bares zu veräußern. Jeromes Tragödie ist die Chance für Vincent. Er kann die Identität eines Mannes annehmen, dem die Zukunft alles versprochen hat - eines Mannes, der alles erreichen konnte, was sich Vincent je erträumt hat - einzig auf Grund seines genetischen Profils ...
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"THE 6TH DAY"
(USA, 2000. Regie: Roger Spottiswoode; mit Arnold Schwarzenegger, Robert Duvall u.a.)
In einer Zukunft, die näher ist, als mancher sich das vielleicht wünschen würde, hat Gentechnik die Welt verändert. Lebensmittel, Haustiere, sogar menschliche Organe werden nach Bedarf industriell geklont. Nur die Kopie des Menschen ist per Gesetz unter strengste Strafe gestellt. Doch als Familienvater Adam Gibson (Arnold Schwarzenegger) eines Abends von der Arbeit nach Hause kommt, muss er schockiert feststellen, dass ihn ein Klon bei Frau und Tochter ersetzt hat. Bevor er sein perfektes Double zur Rede stellen kann, zwingt ihn das plötzlich auftauchende Killerkommando eines mächtigen und skrupellosen Wirtschaftsmagnaten unterzutauchen. Schon bald erfahren seine, ihn brutal und ohne Atempause jagenden Verfolger am eigenen Leib, dass dieser Mann, obwohl geklont, einzigartig ist. Mit aller Macht will Adam Gibson sein Leben zurück. Und er ist stark, klug und entschlossen genug, dabei auch ein Imperium und ein Milliardengeschäft ins Wanken zu bringen ...
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