Terry Pratchett: "Schöne Scheine"
Ein Scheibenwelt-Roman
In der Tradition von "Ab die Post" widmet sich
Terry Pratchett in diesem Roman dem Bankenwesen. Und tatsächlich bekommt
Feucht Lipwig, amtierender Postminister und offiziell hingerichteter Betrüger,
vom Patrizier der Stadt Ankh-Morpork den Auftrag, sich nach der
Konsolidierung des Postwesens nun der städtischen Münzanstalt und der
Hauptbank anzunehmen. Vetinari hält ihn speziell deswegen dazu an, weil er
bemerkt hat, dass sein Postminister begonnen hat, in seiner Freizeit wieder
Fassaden zu besteigen und die Schlösser seines eigenen Schreibtischs
aufzubrechen, weil ihn das ehrliche Arbeitsleben so fürchterlich langweilt.
Und so macht er Lipwig einmal wieder ein Angebot, das dieser nicht
ablehnen kann.
In der Bank angekommen erfährt Lipwig sehr viele Dinge über Geld, Gold und die Wirtschaft, die er zuvor nicht
gewusst hat und die ihm zunächst überaus unlogisch erscheinen. Bei einer Führung
durch den Chefrechner der Bank, einen staubtrockenen Mann namens Beuge, lernt er unter anderem die sehr ausgefallene Direktorin Frau Üppig und den
ziemlich seltsamen Prognosisten Hubert kennen, die ihm allerlei seltsame
Gedanken in den Kopf treiben. Und diese Gedanken machen dem armen Herrn Beuge
allerlei Sorgen. Nach dieser ersten Exkursion ins Bankengeschäft ist sich
Lipwig allerdings sicher, dass er mit dem Geldwesen nichts zu tun haben möchte
und beschließt, sich wieder ganz auf die Post zu konzentrieren.
Doch in dieser Nacht stirbt die gute Frau Üppig
und hinterlässt ihrem Hund Mr. Quengler, der bereits ein Prozent Anteile der
Bank besitzt, ihre 50 Prozent und macht ihn damit zum Geschäftsführer. Im
selben Testament macht sie Lipwig zum Betreuer des Hundes und gibt auch ihm einen
hochstehenden Arbeitsplatz in der Bank, den dieser nicht ablehnen kann; die
Konsequenzen, die für diesen Fall angedroht werden, sind überaus handfest.
Und so beginnt Lipwig seine kriminelle Energie und seine Überzeugungsgabe
sowie seinen Einfallsreichtum auf das Ankh-Morpork’sche Geldwesen zu lenken,
das danach nie wieder so sein wird wie zuvor ...
Die deutsche Übersetzung weist einige sehr
deutliche Mängel auf, die eventuell mit der Geschwindigkeit ihrer Durchführung
zu tun haben. Aber selbst dann erscheint es absolut unglaubwürdig, dass sich
Honoratioren im Verwaltungs- und Bankenbereich beim ersten Ansprechen direkt
duzen, während sie einander konsequent mit den Nachnamen anreden. Auch werden häufiger
idiomatische Wendungen allzu wörtlich übersetzt, was den einen oder anderen
Satz ziemlich unlogisch erscheinen lässt. Vor einer zweiten Auflage oder
einer Taschenbuchedition sollte man den Text dringlich einem Lektor und einem Übersetzer
vorlegen.
Doch davon abgesehen gibt es Werwölfe, kluge
Hunde, Golems, interessante Zombies, und man lernt eine neue Abteilung der
Unsichtbaren Universität kennen. Außerdem erfährt man, dass es in
Ankh-Morpork eine faszinierende Form der geistigen Erkrankung gibt, die
eng mit der Regierungsform verbunden ist. Viele altbekannte Gruppierungen
kommen in "Schöne Scheine" wieder einmal zu ihrem Recht, von denen man bisher wenig
- oder länger nichts mehr - gehört hat, so dass gerade eingelesene
Pratchett-Kenner ihren Spaß
an diesem Buch haben werden. Und Neulinge erhalten einen recht guten Einstieg in die
Scheibenwelt.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 01/2008)
Terry Pratchett: "Schöne Scheine"
(Originaltitel "Making Money")
Übersetzt von Bernhard Kempen.
Manhattan, 2007. 416 Seiten.
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