Terry Pratchett: "Weiberregiment"
Polly und ihre Mitstreiterinnen ziehen unverdrossen in die Schlacht, um die Festung zu stürmen und die gefangenen Landsmänner zu befreien ...
Shakespeare meets Monty Pythons und das in der denkbar
vergnüglichsten Art.
Zumal wieder auf der Scheibenwelt. Hier existiert die Grafschaft Borograwien,
ein fundamentalistisches Reich, beherrscht von dem Geist des Gottes Nuggan,
der eigentlich bereits gestorben ist, dessen Geist allerdings durch übersinnliche
Echos seltsame Gebote ausgibt, denen kein vernünftiger Mensch folgen kann. Gleichzeitig
hängen überall Bilder der Herrscherin, die einen gottähnlichen Status hat und
die - wie einst Königin Victoria - in Trauer zurückgezogen lebt, und zu der
ihre Untertanen immer wieder beten. Daneben ist Borograwien ständig im Krieg
mit irgendeinem seiner Nachbarn, wobei die Kriegsgründe in der Regel nicht immer
ganz nachvollziehbar sind. Ein Nachbar, mit dem das Land oft im Streit liegt,
ist die Grafschaft Zlobenia, zu der es einen Fluss
als Grenze hat, der seinen Lauf regelmäßig verändert, so dass Grenzkonflikte
vorprogrammiert sind. Vor der letzten Laufveränderung hat Zlobenia, das auf
dem Weg in die technologische Zukunft ist, Ankh-Morpork einige Clackstürme aufstellen
lassen, die Nuggan zur Sünde erklärt hat, weil ihre Botschaften aufsteigende
Gebete aufhalten könnten und so ungöttlich seien. Ankh-Morpork hat dies nicht
besonders gut aufgenommen, und nun ist eine Allianz zwischen Zlobenia und Ankh-Morpork
entstanden, die sich gegen die kleine Grafschaft richtet und der sich viele
Nachbarn angeschlossen haben. Aber der Patrizier hat nicht wirklich Interesse
an einem großen Krieg, und darum hat er Commander Mumm als Sonderbotschafter
mit seinen Truppen losgeschickt, um die Sache möglichst friedlich zu regeln.
Polly Perks - eine junge Barfrau - hat sich unterdessen als Mann verkleidet,
um sich der Armee Borograwiens anzuschließen. Sie ist auf der Suche nach ihrem
Bruder Paul, der in den kriegerischen Auseinandersetzungen verschwunden ist,
und da sie ihren Bruder im Falle des Todes ihres Vaters als kontrollierbaren
männlichen Vormund braucht, da Frauen in der Grafschaft ziemlich rechtlos sind,
muss sie ihn wieder finden. In bester shakespearianischer Tradition spielt sie
nun also die Rolle des Mannes, worauf sie sich sehr gründlich vorbereitet hat.
Es gelingt ihr auch sehr schnell, sich einer Rekrutierungsgruppe anzuschließen,
was auch damit zusammenhängt, dass Borograwien nach Jahrzehnten der kriegerischen
Auseinandersetzungen einfach zu wenige junge Männer übrig hat, um die soldatischen
Ränge zu füllen. Interessanterweise melden sich innerhalb eines Tages sehr viele
Freiwillige, was den Rekrutierungsbediensteten ziemlich überrascht. Dabei sind
unter anderem auch ein Troll, ein Vampir
und ein Zombie. Die Rekrutierungsoffiziere sind außerdem sehr überrascht, dass
fast all ihre neuen Rekruten lesen und schreiben können.
Auf dem Weg zum
Ausbildungslager der Armee bekommt Polly mehr und mehr das Gefühl, dass es der
Armee finanziell und materiell nicht besonders gut zu gehen scheint, und beim
Marsch durch verschiedene Dörfer stellen die Rekruten und ihre Vorgesetzten
fest, dass die Bevölkerung sich in einer großen Fluchtbewegung befindet, so als
ob diese etwas wüsste, was die Rekruten nicht erfahren sollen. Gleichzeitig
bemerkt sie, dass sie offensichtlich nicht die einzige verkleidete Frau in dem
kleinen Verband ist. So muss sie nun auch noch die Geheimnisse ihrer
Geschlechtsgenossinnen bewahren helfen, wobei sie sich allerdings zunächst nicht
als Frau zu erkennen gibt.
Bei den Baracken angekommen, sind weder
weitere Truppen noch ausreichende Ausrüstungsgegenstände vorhanden, so dass die
kleine Truppe minder ausgestattet und unausgebildet in den Krieg ziehen muss.
Die Leser bekommen einen guten Einblick in das Militärwesen und den Patriotismus
aus einer etwas ungewöhnlichen Perspektive, die nach und nach immer
ungewöhnlicher wird.
Neben den offensichtlichen Topoi finden sich in
diesem Roman auch viele andere Themen mehr oder minder offensichtlich
angesprochen, so dass "Weiberregiment" neben dem rein erzählerischen und
humoristischen Moment meiner Meinung nach wieder mal ein Buch mit viel Stoff zum
Nachdenken und voller Überraschungen ist.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 06/2004)
Terry Pratchett:
"Weiberregiment"
(Originaltitel "Monstrous Regiment")
Aus dem
Englischen von Andreas Brandhorst.
Manhattan, 2004.
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