Terry Pratchett:  "Ab die Post"

Eine Stelle als Postvorsteher von Ankh-Morpork - schlimmer als der Tod?


Als der Ganove Feucht von Lipwig zum Tod durch den Strang verurteilt wird, kann er nicht wissen, dass seine Probleme jetzt erst anfangen. Der talentierte Dieb und Trickbetrüger bekommt nämlich im Stil von "Nikita" nach seiner "Hinrichtung" vom Patrizier der Stadt Ankh-Morpork eine Stelle angeboten. Unter der Aufsicht des Golems, der als sein Bewährungshelfer agiert, soll er die verwahrloste Hauptpost der Stadt wieder in Gang bringen. Beim ersten Besuch seiner neuen Wirkungsstätte - natürlich nach einem obligatorischen Fluchtversuch - findet er neben drei sehr seltsamen Angestellten einen Haufen unausgelieferter, von Taubenkot bedeckter Post vor und stellt fest, dass es für ihn notwendig wird, sich für die Geschichte der Post, für Golems, deren Rechte und für Stecknadeln zu interessieren.

In Konkurrenz zu den Klackertürmen, die so ähnlich beschaffen sind, wie die Telegrafentürme in Professor Götterts Roman, beginnt nun die Wiedererstehung des scheibenweltschen Postwesens, wobei die Einführung der bis dahin noch unbekannten Briefmarke ungeahnte Folgen zeitigen soll. Doch während sich Feuchts Arbeit immer mehr auszahlt und der bis dahin weitestgehend unerkannte Trickbetrüger zu einem wohlvertrauten Gesicht wird, dem die Menschen immer mehr Vertrauen entgegen bringen, beginnt auf der anderen Seite der Kommunikationswelt die Gegenbewegung, und das zu neuem Leben erwachende Postamt muss sich mit immer neuen Anschlägen auf Eigentum und Personal herumschlagen.
Personal, das aus rostig-rüstigen Rentieren, Matronen, Golems und ähnlich alltäglichen Figuren besteht, während Feucht von Lipwig mit einem goldenen Hut mit Flügeln immer mehr zum Avatar des Postwesens mutiert und die Liebe entdeckt sowie, dass man mit sehr bösen Mitteln erstaunlich viel Gutes tun kann.

Dies ist neben der Parodie auf die Post an diesem Roman sicherlich auch ein entscheidendes Schwerpunktthema: Was ist Moral und was moralisches Handeln? Wie weit darf man gehen, wenn das Ziel ein gutes ist. Und wie lange kann man vorspielen gut zu sein, bevor man sich "ansteckt" ...

Große philosophische Fragen - wie auch die nach dem Wert der Hoffnung - in eine überaus komplex-humoristische Sprache verpackt, wie man es von Terry Pratchett gewohnt ist. Bekannte wieder erscheinende Figuren sind (im Rahmen von Cameo-Auftritten): Karotte, Sergeant Angua, die Reporter der Ankh-Morpork Times und in einer tragenden - manipulierenden, drohenden - Nebenrolle, der Patrizier. Absolutes Lesevergnügen!

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 06/2005)


Terry Pratchett: "Ab die Post"
(Originaltitel "Going Postal")
Aus dem Englischen von Andreas Brandhorst.
Manhattan, 2005. 416 Seiten.
Buch bei amazon.de bestellen
Hörbuch-CDs bei amazon.de bestellen