Herbie Brennan: "Das Elfenportal"


"Das Elfenportal" ist eine gelungene Mischung aus Fantasyroman und Kriminalgeschichte, aber gleichzeitig ist es auch eine Geschichte über das Erwachsenwerden.
Henrys Welt scheint bis zu jenem Tag, an dem die Geschichte beginnt, ganz in Ordnung zu sein. Er genießt seine Ferien und arbeitet nebenbei für den alten Mr. Fogarty, der zwar ein bisschen seltsam ist, den er aber trotz allem beeindruckend findet. An jenem Tag ändert sich Henrys Leben auf einen Schlag. Er erfährt, dass seine Mutter ein Verhältnis mit der Sekretärin seines Vaters hat. Seine Eltern werden sich trennen, und Henry soll bei der Mutter bleiben.
Als Henry in Mr. Fogartys Garten den Rasen mäht sieht er, dass die Katze des alten Mannes ein eigenartiges geflügeltes Wesen gefangen hat, das zwar auf den ersten Blick aussieht wie ein Schmetterling, aber eigentlich mehr an einen Elfen erinnert. Nachdem es Mr. Fogarty und Henry schließlich gelingt, mit dem eigenartigen geflügelten Wesen zu sprechen, erfahren sie, dass es sich tatsächlich um einen Elfen, ja sogar um einen Elfenprinzen handelt.

Pyrgus Malvae musste aus seiner Welt fliehen, weil mehrere Anschläge auf ihn verübt wurden. Er war in seiner Welt dunklen Machenschaften von Nachtelfen auf die Schliche gekommen. Einer dieser Nachtelfen wolle Pyrgus sogar von einem Dämon töten lassen. In letzter Sekunde konnte Pyrgus dem Dämon entkommen, aber sein Vater, der König des Elfenreichs bestand darauf, dass er durch ein so genanntes Portal in die Welt der Menschen gebracht werden sollte, bis die schlimmste Gefahr für ihn vorbei ist.
Der Transport funktioniert nicht wie geplant, und so landet Pyrgus verwandelt in ein schmetterlingsähnliches Wesen im Garten von Mr. Fogarty. Mr. Fogarty und Henry helfen Pyrgus natürlich, zurück in seine Welt zu kommen und nicht nur das: Sie begleiten ihn sogar in diese Welt, wo sie herausfinden wollen, wer den Elfenprinzen töten will und vor allem warum.

Im Elfenreich überschlagen sich schließlich die Ereignisse, und es passiert sehr viel, bis Henry endlich in die Welt der Menschen zurückkehren kann und Pyrgus nicht länger um sein Leben bangen muss. Zuvor aber erfahren sowohl Henry als auch Pyrgus noch einige Dinge über Menschen, beziehungsweise Elfen die ihnen nahe stehen und müssen auch in der Welt der Menschen einige Aufgaben meistern.

Mir hat Herbie Brennans Art, zu erzählen sehr gut gefallen. Der Leser reist mit ihm zwischen Elfenreich und Menschenreich hin und her. Er lernt mit Pyrgus eine neue Welt kennen, die durch dunkle Mächte bedroht wird und in der schreckliche Dinge passieren. Zusammen mit Henry erlebt er den Zusammenbruch seiner Familie und erfährt, welchen Einfluss dieser Zusammenbruch auf Henrys Leben hat. Herbie Brennans Helden sind Helden, mit denen sich der Leser - vor allem der Leser im Alter zwischen 12 und 15 Jahren - sehr gut identifizieren kann. Sie sind nicht unerreichbar perfekt und verhalten sich nicht immer so, wie es von ihnen erwartet wird. Helden mit solchen Charakterzügen sind bei jungen Lesern sehr beliebt, weil sie sich unter deren Problemen etwas vorstellen können, auch wenn manche der erlebten Abenteuer im Elfenreich spielen.

Henry erlebt den Zusammenbruch seiner Familie, als er Pyrgus kennen lernt. Durch die Abenteuer, die er beim Versuch, Pyrgus zu retten, erlebt, kann er seine eigenen Probleme vergessen und den notwendigen Abstand von diesen gewinnen. Diese Abenteuer kann der Leser zusammen mit Henry erleben und so vielleicht auch seine eigenen Probleme für kurze Zeit vergessen.

"Das Elfenportal" ist ein Buch, das es dem Leser ermöglicht, Träume zu erleben und eine andere Welt kennen zu lernen. Henrys Problem, die Tatsache, dass seine Eltern sich trennen werden, ist ein Problem, das auch viele Leser haben. Henrys Art und Weise, damit umzugehen, die Möglichkeit einfach eine andere, bessere Welt kennen zu lernen, ist sicher etwas, was sich viele Kinder in seiner Situation wünschen.
Mr. Fogarty will eigentlich keine Menschen um sich haben. Henry akzeptiert er, und ihm gegenüber gibt er auch zu, dass er an Elfen, Außerirdische und andere Wesen glaubt. Mr. Fogarty ist es auch, der schließlich ein Tor baut, mit dem Pyrgus in seine Welt zurückkehren kann. Mr. Fogarty ist der Mensch in Henrys Leben, mit dem er an Elfen glauben darf. Man könnte sagen, er ist Henrys Zufluchtsort, zu dem er sich flüchten kann, wenn ihm die Realität zu viel wird. Dass Mr. Fogarty eine nicht ganz astreine Vergangenheit hat, ist für Henry nicht so wichtig. Er wundert sich zwar etwas, als er hinter Mr. Fogartys Geheimnis kommt, aber das ist für ihn kein Grund, sich von dem alten Mann abzuwenden. Mr. Fogarty erfüllt in Henrys Leben die Funktion, die früher Großeltern innehatten. Er ist Zufluchtsmöglichkeit, leicht verwegenes Vorbild und Partner auf Abenteuern in einer unbekannten Welt.

Ob es das Reich der Elfen wirklich gibt, wird in "Das Elfenportal" nicht klar. Fest steht, dass das Elfenreich eine Welt ist, die Henry in seiner Situation braucht. Eine Welt, in der er sich keine Sorgen um seine Eltern, seine Schwester oder die Schule zu machen braucht, sondern eine Welt, in der er gebraucht wird und in der er zum Helden werden kann.
Wir alle brauchen manchmal einen Ort, an dem wir uns vor der Welt verstecken können. Ob dieser Ort nur in unseren Träumen, oder auch in der Realität existiert, ist egal. Wichtig ist nur, dass es diesen Ort gibt und dass wir uns unser ganz persönliches Elfenreich, in dem wir Vertrauter, Freund oder Held sind, bewahren - und sei es auch nur, um manchmal in eine andere Welt eintauchen zu können.
"Das Elfenportal" erinnert uns daran, wie dringend wir selber oftmals ein Elfenreich brauchen, in dem wir alles Andere vergessen können.

Fazit: Ein durch und durch gelungenes Jugendbuch, das nicht nur durch Sprache und Handlung, sondern auch durch sein beeindruckendes Einfühlungsvermögen in die Probleme von Kindern und Jugendlichen überzeugt. Ein Buch, das einen ganz besonderen Ausweg anbietet.

Herbie Brennan begann seine journalistische Karriere mit achtzehn, wurde mit 24 Irlands jüngster Herausgeber einer Tageszeitung und schrieb seinen ersten Roman mit Mitte 20. Seitdem hat er unzählige Bücher für Kinder und Erwachsene veröffentlicht, die in mehr als 50 Ländern erschienen sind. Neben dem Schreiben entwickelt er Spiele und Computer-Software und arbeitet für den Hörfunk. Er lebt in County Carlow in Irland.

(Anna Mehlmann; 10/2003)


Herbie Brennan: "Das Elfenportal"
(Originaltitel "Faerie Wars")
Deutsch von Frank Böhmert. (Ab 12 J.)
dtv, 2003. 356 Seiten.
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Weitere Bücher des Autors (Auswahl):

"Der Elfenlord"

Das fulminante Finale der Elfenserie.
Zwei Jahre ist es her, dass Henry das letzte Mal Kontakt zum Elfenreich hatte. Damals war er voller Panik geflohen, als Blue ihm einen Heiratsantrag gemacht hatte. Doch nun stehen plötzlich Pyrgus und Nymph vor seiner Tür und brauchen Hilfe. Denn das Elfenreich wird von einer seltsamen Krankheit bedroht, welche die Betroffenen durch Fieberschübe rapide altern lässt und immer mehr Todesopfer fordert. Pyrgus ist infiziert, und auch Mister Fogarty ist betroffen, sein Zustand ernst, doch er weigert sich hartnäckig, das Elfenreich zu verlassen. Also macht Henry sich auf, um ihn zur Rückkehr zu bewegen. Doch kaum angekommen, gerät er mitten rein ins Abenteuer. Denn Mister Fogarty hat von einem möglichen Rettungsszenario geträumt, und Madame Cardui versucht auf ihre Weise, aus Traum Wirklichkeit werden zu lassen, indem sie Henry mithilfe eines "Transporters" in die Wüste katapultiert. Eine aufregende Suche beginnt ... (dtv)
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"Der Purpurkaiser"
Als Henry das Portal durchquert, ist auf der anderen Seite, im Elfenreich, nichts mehr so, wie es war. Lord Hairstreak hat den ermordeten Purpurkaiser wieder zum Leben erweckt, um mit dessen Hilfe das Elfenreich zu kontrollieren. Doch der Purpurkaiser ist nicht mehr der Vater, den Pyrgus und Holly Blue geliebt haben. Sein Körper und sein Geist gehorchen nun blind Lord Hairstreak. Pyrgus und seine Schwester werden ihrer Macht beraubt und in das ferne, dunkle Haleklind verbannt. Beim Kampf um die Rettung des Elfenreiches sind sie auf jede Hilfe angewiesen. Henry setzt alles daran, seine Freunde in dieser unwirtlich gewordenen Welt zu finden. Ein langes, gefahrvolles Abenteuer voller Dramatik, Zauber, Gewalt und Wunder beginnt ... (dtv)
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