DER BAUMBEWOHNER
Nein, es stimmt nicht,
dass man mich an
und auszieht, mir
essbarkeiten auf den teller
wiegt, dass man mich wäscht,
die finger auf computertasten
legt und mein gesicht
in richtung bildschirm dreht,
dass man mich kleidet,
meine augen zwischen acht
und elf an fernsehbildern
weidet, noch dass man mich
vor sonne und vor regen
schützt, vorm wechselbad
der jahreszeiten, denn
wo ich sitze, ist es
kalt, die spitze wächst
und schwankt, das chrom
der wolken ist vom wind
zerschliffen, der himmel alt
und grau Ich greife vögel
aus der luft und binde sie
mit einer schnur an meine glieder
Ich träume wieder von den
sommergärten, von
dem gezwitscher weicher lieder
Doch nichts umringt mich
als das flügelschlagen,
das taube scharf
geschnittene gefieder
(Rotraud Sarker)