Das Feuer
Das Feuer auf dem
Hang.
Es bildete bizarre, helle Kreise, vom Wind gezeichnet. Der durchsichtige Rauch
aus dem trockenen Gras vermischte sich mit dem dicken der grünen Büsche, und
die kalten heftigen Böen führten ihn ins unsichtbare Labyrinth der Auflösung.
Die Spitzen der Hügel ähnelten Rückenskeletten eines riesigen Urtieres und silhouettierten
gegen den stürzenden Himmel. Auf der anderen Seite des Rückgrates wartete das
Unbekannte, die unerforschte Welt mit ihrer doppelschneidigen Faszination: Endlose
Täler streckten sich in die weite Ebene, gewunden und halbversteckt von dunkelgrünen
Baumflächen, die wie Inseln zwischen verdorrten Flussbetten gesplitterter Steinhaufen
emporragten. Silberne Fäden strömenden Wassers sah man weit weg, im Dunst des
eintönigen Flachlandes.
Der rote Vorhang der Flammen schloss sich plötzlich. Das Feuer knisterte mit
dem Rhythmus eines ungeheuren Tanzes und offenbarte Symbole unserer Herkunft
und Zeichen unserer Urvergangenheit.
Die verdorrten Disteln des Dornenwaldes, so hoch, dünn und edel, wanden sich,
bis ihre Farbe tiefschwarz wurde und ihre Gestalt glühende Asche, das stolze
Brombeernetz beugte sich resigniert, dem Steingeisterhaus gegenüber.
Dew-Of-Goddess-Moon verließ die Hütte, ging langsam den Weg entlang und hob
ihre dünnen, glatten Arme, streckte die Hände hinauf und sang die Litanei der
Kinder, das Wiegenlied der Tropfen, die vom Himmel herunterfallen, wenn die
Wolken dunkel sind und grelle Lichter den Horizont gravieren.
Aber der Grat der Hügel brannte weiter und die diagonalen roten Zungen der Flammen
erreichten den heiligen Pinienwald. Der Nordwind blies heftig und verwandelte
Asche und Rauch in einen erstickenden Nebel.
Dew-Of-Goddess-Moon sang für den Regen, sang für den Menschen und sang für die
verbrannten Blätter. Sie sang so schön, dass eine Herde von Engeln ihren Flug
stoppte und bezaubert zuhörte.
Sie sang und ging weiter wie ein Geist, vom Rauch umarmt, von den Zungen des
Feuers gestreift, als ob sie gar nicht den Boden berührte. Sie lief weiter zwischen
Gestein und verkohlten Baumstämmen, über Asche und Glut und träumte von der
anderen Seite des Hügels, dort wo alles liebevoll, zart und voll Freude ist.
Das Licht auf dem Hügel verblasste, das Schwarze deckte seinen Mantel über den
Hang, wie ein Wesen, das blitzschnell aus der Tiefe der Erde erschien. Das Prasseln
drängte wie ein verwirrtes Echo, vom Knallen und Zucken begleitet.
Dew-Of-Goddess-Moon erreichte den Grat und die Engel: Vor ihr lag das geheimnisvolle
Tal, hinter ihr thronten die rötliche Blendung des Brandes und das groteske
Phantom des Feuers, das höhnisch und laut lachte.
(Dr. Gianni Lorenzo Lercari ©)