Verlorene Jugend
(Hänsel und Gretel 1)

Damals wie heute, liebe Leute, seht,
war ein Problem die Jugendkriminalität!

Will man die Märchen recht verstehen,
muss man tief in den Abgrund sehen
von Sünde, Mord und Unmoral.
Die sind bekanntlich ohne Zahl,
ob heute oder gestern, ist dabei egal.

Wohin sie schauten,
Not in allen Ecken.
Hänsel und Gretel wollten
ums Leben nicht verrecken.
Statt sinnlos sich in Armut quälen,
sie selbstverständlich wählen
viel lieber Perlen und Juwelen,
die sie zusammenklauten
und dann vergruben in Verstecken.

Wo aber werden kleine Habenichtse
gleich so reich?
Doch höchstens im Rotlichtmilieu,
wo peu a peu
die ausgerissenen Asozialen
lernten jeden Dreh,
wie abgebrühte Gauner und Banditen,
ihre Dienste denen anzubieten,
die für so etwas reichlich zahlen.

Im sogenannten " Pfefferkuchenhaus",
das abgelegen lag in einem Wald,
kannten die beiden sich schon bald
in allen Künsten des Gunstgewerbes aus.

Die spätere Version,
dass sie in arge Not gerieten
und, um sich selbst zu retten,
eine Hexe brieten,
vertuscht nur einen vorsätzlichen Mord
an einem gern von Freiern aufgesuchten Ort.
Wahr ist: Sie hatten keine Lust,
mit der Bordellbesitzerin zu teilen.
So musste die der Feuertod ereilen.

Um alle Spuren zu verwischen,
scheuten sie sich nicht,
die dicksten Lügen aufzutischen.
Dieselben wurden, das ist ziemlich schlimm,
alsbald auch von den Brüdern Grimm
in alle Welt verbreitet,
worunter heute noch die Wahrheitsfindung leidet.

Der Raubmord wurde niemals aufgeklärt.
Die Mörder blieben völlig unversehrt.
Ein weiterer entsetzlicher Verrat:
Der eigene Vater deckte diese üble Tat.
Sehr nahe liegt da der Verdacht:
Der Vater hat der Kinder Mutter umgebracht.
Um deren Gunst sich zu erschleichen,
musste die Ungeliebte weichen.

Ihr fragt zum Schluss, was diese Moritat bedeute?

Erstens: Teilt man durch drei statt vier die Beute,
tut´s keinem Leid, dass er die kleine Müh nicht scheute!
Zweitens die Mahnung an die Eltern auch von heute:
"Passt besser auf auf eure Kindermeute!"

 

(von Diethelm Kaminski)