Ballade
(mutwillig
beendet am 18. August 2001)
Eingewurzelt
an der Stelle
vor dem Dämmerungsgefälle
steht ein Baum, des Krone weit,
unbeeindruckt
von der Zeit.
Und seit längst vergang´nen Tagen
tönt an seinem Fuß das
Klagen
einer leiderfüllten Seele:
"Hörst du nicht, wie ich mich quäle -
bin
gebannt an diesen Ort - "
Vernimmt dies einer, stürzt er fort!
"Einst
war mir mein Leben lieb,
doch des Schicksals garst´ger Hieb
nahm das Licht
aus meinem Blick -
und es findet nicht zurück.
Wer mir wiedergibt das Strahlen
nimmt
von mir gar düst´re Qualen.
Wer mich einlässt in sein Schauen
muss meiner
Stimme blind vertrauen.
Wer mir seine Hilf´ gewährt
des Vermögen wird gemehrt.
Wer
mich aufnimmt in sein Leben
dem will ich allen Reichtum geben.
Drum verweile
hier bei mir!
Was ich vermag, das geb´ ich dir -
wenn - ja, wenn du mir
versprichst,
dass du meinen Bannfluch brichst.
Sieh:
Unter diesem
moos´gen Steine
ruhten einer Frau Gebeine
und das Moos verbirgt die Worte:
'Der
mich fortnimmt von dem Orte
mag statt meiner hier verbleiben,
dessen Glück
will ich vertreiben
Wer meine Ruhe grob misshandelt,
wird in einen Baum
verwandelt.'
Ich war zu jung um dies zu glauben -
wer konnte all mein
Glück mir rauben?! -
und grub, erfüllt´s mich auch mit Graus,
die modrigen
Gebeine aus!
Da fuhr ein Zischen durch die Luft,
mit einem Heulen aus
der Gruft,
dann eine Stimme aus der Tiefe,
und mir war´s, als ob sie riefe:
'Ein
unheilvoller Narr bist du,
verwirkst dein Leben und dazu
auch noch deiner
Seele Licht!
Entkommen? Nein, das kannst du nicht!'
Da ward mir grauenhaft
zumute,
beherzt ergriff ich eine Rute
um zu schlagen, die da käme
bevor
sie meine Seel´ mir nähme.
Mit einem Mal - so höre doch -
tat sich auf ein
schwarzes Loch
in des Waldes dunkler Erde,
das mich verschlang mitsamt dem
Pferde!
Der arme Gaul schlug wild um sich
und wieherte elendiglich!
Doch
gleich darauf ward alles still.
Vernimm, was ich dir sagen will:
Ich fand
mich wieder unter Tage
in einer ganz verdrehten Lage;
kopfüber in den Grund
gerammt,
die Arm´ zum Wurzelwerk verdammt!
Meine Beine, Zweigen gleich,
emporgereckt
gen Himmelreich
duld´ ich Regen, Sonnenschein,
Hitze, Kälte; ganz allein.
Von
Schnee bedeckt in jedem Winter
juckt mich ein junges Grün dahinter.
Zur
Frühlingszeit sprießen die Blätter,
ewig trotz´ ich Wind und Wetter.
Und
so manches Vogels Nest
ward gebaut mir im Geäst.
Geht der Sommer dann zur
Neige,
entlauben Stürme meine Zweige.
Im späten Herbst, da schlaf´ ich ein
bis
mich erweckt der Sonnenschein
des neuen Jahres und sodann
fängt alles gleich
von neuem an.
Aber nun, ich bitte dich:
Grab´ mich aus, befreie mich!
Setzt
meine Füße du auf Grund,
besiegeln wir sogleich den Bund
zu beiderseit´gem
Wohlergehen.
Vertraue mir, du wirst schon sehen!
Die
Frau, die mir dies angetan
vergrub mit mir den Schneidezahn
einer alten
Wanderratte,
den sie damals bei sich hatte,
und mit jenem Zauberwort
band sie mich an diesen Ort:
'Fleisch zu Holz
und Blut zu Wasser,
deine Jahre werden blasser,
der Ratte Zahn an deinem
Kinn
hat den allereinz´gen Sinn,
dich in diese Form zu bannen!'
Sprach´s und zog hierauf von dannen."
Wie bereits
zuvor geschrieben,
ist keiner jemals hier geblieben.
Keiner hat dies je
vernommen.
Keiner ist zurück gekommen.
Doch die Stimme und der Baum
begegnen
manchem nachts im Traum ...
(Kerstin Eckberg)