Frank Zappa gegen den "American way of life"

"Kein Akkord ist hässlich genug, all die Scheußlichkeiten zu kommentieren, die von der Regierung in unserem Namen verübt werden." (Frank Zappa)


Wenn jemand nicht nur italienischer, sondern auch noch griechischer und darüber hinaus auch noch arabischer Abstammung ist, dann sind das wohl die besten Voraussetzungen für kulturelle und geistige Offenheit - gleichzeitig aber auch ist eine derartige Mischung wohl naturgemäß nationalistischen Spießern mehr als nur suspekt.
Und in der Tat handelte es sich bei Frank Zappa - der Geburt nach US-Amerikaner - um einen der schärfsten Kritiker des Amerikanismus. Dieser geniale Künstler und vor allem aber Satiriker, der sich zwar das "Kostüm" des Rockmusikers ausgewählt hatte, im Grunde seines Herzens jedoch immer um gehaltvolle Musik jenseits der Schubladen U- und E-Musik bemüht war, und - wie er selbst meinte - diese Richtung nur deshalb wählte, um jemals etwas von ihm einem breiteren Publikum zu Gehör zu bringen - kämpfte Zeit seines relativ kurzen Lebens gegen den "American way of life" an, der für ihn nichts Lebendiges an sich hatte, sondern - im Gegenteil - durch und morbid war.

Frank Zappa war letztlich einfach ein kreativer Mensch - ein heller Kopf, aber überdies durchaus in der von ihm gewählten Kunstrichtung - als Musiker nämlich - erfolgreich. Er beherrschte auch das Handwerk und konnte sich somit nicht nur in der Rockmusik der späten 1960´er- und 1970´er Jahre einen hervorragenden und bleibenden Ruf erarbeiten, sondern vor allem gegen Ende seines Lebens ebenso als Komponist ernster - natürlich, wie hätte es bei ihm auch anders sein können - allerdings gleichzeitig sehr schräger Musik. Um sich eine Vorstellung zu machen in welche Richtung diese Kompositionen gehen, seien stellvertretend Edgar Varese, Arnold Schönberg, John Cage und Eric Satie genannt, zu denen sich Zappa sehr stark hingezogen fühlte. Und es waren nicht die üblichen - alles in allem meist verunglückten, zumindest aber eher unbeholfenen Versuche von U-Musikern, sich auch in E-Musik zu beweisen, sondern Zappas Kompositionen fanden durchaus bei renommierten Vertretern der E-Musik Anklang, indem sie an den Meister herantraten und um Zusammenarbeit baten.

Aber schon alleine dieses Bemühen, Frank Zappas Akzeptanz bei den ernsten Musikkollegen zu dokumentieren, hätte wohl kaum die Billigung von Zappa selbst erhalten. Denn er war stets einfach um originelle Kunst bemüht - aus, Schluss - und hatte für den Rockmusikbetrieb letztlich genauso viel oder wenig übrig, wie für die Kollegen und das Business der E-Musik-Abteilung.

Der Rhinozeros, ein an sich schon älteres Tier und deswegen - auch - nicht mehr sonderlich an jugendlicher Pop- und Rockmusik interessiert, stieß auf Zappa den E-Komponisten, weil ihm ein Freund Zappas CD "The Yellow Shark", insgesamt gesehen doch recht sperrige und unzugängliche Kompositionen, überließ und selbige wohl deshalb einige Jährchen ungehört in den Regalen seines Arbeitszimmers vor sich hindämmerten, um eines Tages - erst jüngst - angehört und nunmehr doch besser verstanden zu werden. Aber auch Rihno wusste, dass Frank ja ebenso in der Rockszene ein Meilenstein war, beschloss sich auch aus diesem Grund mit Zappa, dem "unernsten" Musiker auseinander zu setzen und stieß dabei auf jene CD, die ihm einen der wirklich unterhaltsamsten Hörgenüsse der letzten Jahre bescherte: Mit "Broadway the Hard Way" rannte Frank Zappa bei Rihno offene Türen ein. Schon alleine die Thematik des offenen "Antiamerikanismus" ließ Rihno die Ohren spitzen. Denn in der Tat sämtliche "amerikanischen Cowboyhüte" werden auf dieser CD von Zappa rücksichts- und wunderbar respektlos zertreten. Völlig gleichgültig ob es sich dabei um Elvis Presley, Richard Nixon oder Ronald Reagan handelt - niemand wird verschont. Und selbst scheinbare - und immer auch so dargestellte Lichtgestalten, wie der schwarze Bürgerrechtler Jesse Jackson, finden bei Zappa keine Gnade. Dass er für Typen wie Michael Jackson nur sehr wenig Sympathie übrig hatte, versteht sich wohl von selbst. Kurzum Michael Jackson wird von Zappa satirisch vernichtet - aber höchst kunstvoll.
Wie eben die ganze CD den Rhinozeros zu begeistern vermag: Die inhaltliche Absicht wird musikalisch perfekt und perfid in einer wahnwitzigen Tour de Force durch sämtliche (amerikanischen) Musikrichtungen umgesetzt. Dixieland für die Republikaner, Countrytöne für Demokraten, die im darauffolgenden Song durchs Coca-Cola gezogen werden; schonungslos. Einfach köstlich sind auch die immer wieder kurz angespielten, perfekt in die einzelnen Songs eingearbeiteten, allseits beliebten und wohlbekannten uramerikanischen Themen wie z.B. jenes aus dem Film "The Untouchables" oder bekannte amerikanische Wahlkampfmelodien. Opernarienartige Gesänge münden anscheinend stilbruchlos in grandiose Gitarrensoli und am End´ weiß/merkt man, dass Zappa all das grandios zu einem Gesamtkunstwerk zusammengesetzt hat, um seine Message rüberzubringen: "So nicht, Amerika!" Rhythmus- und Harmoniebrüche bzw. Wechsel wie man sie wohl kaum aus der Unterhaltungsmusik kennt, zwingen den Zuhörer zu aufmerksamer "Mitarbeit" - belohnt wird man jedoch mit überbordender Satire in Musik als auch in Wort.
Und Amerika seinerseits - das offizielle - rächte sich selbstverständlich mit der adäquaten Härte an diesem "frechen" Enfant terrible. Als nämlich Zappa von seinem Bewunderer, Vaclav Havel, im Zuge einer Reise des mittlerweile vom Prostatakrebs schwer gezeichneten Meisters nach Tschechien vom Präsidenten am Hradschin höchstpersönlich zum "Kultur-Botschafter" ernannt wurde, wussten die offiziellen Stellen sehr rasch dem damals erst vor kurzem demokratisierten Land auf die Finger zu klopfen, ihm unmissverständlich klarmachend, dass dies mit Zappa keine so gute Idee gewesen wäre.

Wie auch immer, Maestro Zappa hat im Jahre 1993 endgültig den Taktstock aus der Hand gelegt, aber er lebt als Legende weiter und harrt darauf, immer wieder neu entdeckt zu werden: Mit "Broadway the Hard Way" zeigt Zappa auf, dass es zwar viele Stilrichtungen gibt, aber dass alles eine Frage des Umganges mit selbigen ist. Der Umgang letztlich entscheidet über das für ihn einzig gültige Kriterium zur Beurteilung der Güte von Kunst - nämlich Originalität und Lebendigkeit. Dergestalt vermochten all die Großen zwar auch nicht die Grenzen ihrer menschlichen Fysis auszudehnen, doch verhalfen sie dem Geist zu Unsterblichkeit.
Zappa seinerseits gehört e-rnsthaft oder u-nterhaltend - wie man auch immer mag - gehört!

(Rihno Rhinozeros)

 


Frank Zappa: "Broadway The Hard Way"
Rykodisc,1995.
ca. EUR 12,99.
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