Daniëlle Hermans: "Das Tulpenvirus"


Der Erstling der niederländischen Autorin Daniëlle Hermans

Fasziniert vom Tulpenhandel im siebzehnten Jahrhundert verfasste sie einen spannenden Thriller, den der pendo-Verlag in deutscher Sprache im April 2009 als 316-seitige gebundene Ausgabe veröffentlichte.

Alec bekommt einen flehenden Anruf seines Onkels Frank, sofort zu ihm zu kommen. Sofort macht sich Alec auf den Weg, immerhin ist es sein Onkel, der sich seit langem intensiv um Alec kümmert und ihn trotz seiner Probleme und seiner zurückliegenden Drogenexzesse niemals aufgab. Bei Frank Schoeller angekommen, ist Alec entsetzt: Sein Onkel liegt blutüberströmt in seinem Haus. Sein letzter Wunsch ist es, dass Alec das Buch, das Frank in Händen hält, verschwinden lässt, ohne der Polizei etwas davon zu sagen. Nachdem er Alec diesen Wunsch abgerungen hat, stirbt er.

Für Inspektor Wainwright ist völlig klar, dass Schoellers Neffe irgendetwas mit dessen Tod zu tun hat. Auch die Spurensuche gibt ihm Recht, denn Schoeller muss irgendetwas festgehalten haben, als er starb. Doch da ist nichts, und Schoellers Neffe Alec bestreitet hartnäckig, dass da etwas gewesen sei. Wainwright ist fest entschlossen, Alecs Teilhabe am Tod seines Onkels zu beweisen.

Alec hält dem Druck, den die Polizei auf ihn ausübt, stand. Zu viel schuldet er seinem Onkel, als dass er dessen letzten Wunsch missachten würde. Stattdessen beginnt er mit Recherchen. Was ist das für ein Buch, in dem lauter Tulpen abgebildet sind? Was hatte sein Onkel mit diesen Tulpen zu tun? Und warum sollte dieses Buch im Zusammenhang mit der Ermordung seines Onkels stehen?

Erst allein, dann zusammen mit seinen Jugendfreunden Damian und Emma, begibt Alec sich auf Spurensuche. Lang kann er sich keinen Reim auf alles machen, aber als weitere Menschen sterben, die er befragt hat oder die im Zusammenhang mit Tulpen zu sehen sind, beginnt Alec zu ahnen, dass er sich inmitten einer brandgefährlichen Sache befindet.

Würde sich die Geschichte auf Alecs Suche nach dem Mörder seines Onkels beschränken, wäre die Geschichte zwar flüssig und unterhaltsam zu lesen, aber insgesamt mittelmäßig. Der Clou des Romans liegt allerdings darin, dass im Wechsel ein Stück der Geschichte rund um Alec und - kursiv gedruckt - ein Kapitel zu einer gänzlich anderen Geschichte erzählt wird. Auch in dieser anderen Geschichte wird wegen Tulpen gemordet - im niederländischen Alkmaar des siebzehnten Jahrhunderts. Der Leser ahnt, dass es da einen Zusammenhang gibt, doch lang tappt man im Dunkeln, wie genau dieser Zusammenhang aussieht. Man wechselt zwischen den Zeiten, in beiden rätselt man über die Hintergründe und sucht nach Verbindungen - und genau das macht auch Alec in der Gegenwart, wiewohl der Leserzugang zu den Geschehen ein direkterer ist.

Letztlich liegt das Enttäuschende dieses Romans allerdings genau in der bestehenden Verbindung der unterschiedlichen Erzählstränge, was einen als Leser im Mindesten irritiert zurücklässt. Hermans hat zwei wirklich ungemein spannende Geschichten erzählt, doch die abschließende Verknüpfung der beiden ist leider mehr als schal. Das ist nicht nur deshalb bedauerlich, weil all die aufgebaute Spannung schließlich ins Nichts verpufft, sondern auch, weil die Verknüpfung der beiden Geschichten nicht einmal mehr konstruiert, sondern eher hilflos zusammengeflickt wirkt.

Eigentlich ist "Das Tulpenvirus" ein wunderbarer Roman, denn durch das Verbinden unterschiedlicher Zeiten und Geschichten ist er für eine breite Lesergruppe von Interesse. "Das Tulpenvirus" ist ein spannender Thriller und zugleich ein historischer Roman, bei dem nicht "Frauen in Hosen" im Mittelpunkt stehen. Einzig die flache und höchst konstruierte Verbindung zwischen beiden Geschichten sorgt dafür, diesen Roman nicht als durchweg lohnenswerte und bereichernde Lektüre loben zu können. Da es sich um einen Erstling handelt, bleibt jedoch das Potenzial der Autorin zu erwähnen. Also: Vielleicht lohnen Hymnen beim nächsten Mal?

(Tanja Thome; 05/2009)


Daniëlle Hermans: "Das Tulpenvirus"
(Originaltitel "Het tulpenvirus")
Aus dem Niederländischen von Stefanie Schäfer, Heike Baryga.
Pendo, 2009. 316 Seiten.
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Daniëlle Hermans, geboren 1963 in den Niederlanden, studierte Freie Künste an der Universität Utrecht. Sie arbeitet freiberuflich als "Communication Consultant" und lebt in Bilthoven. Als sie "Das Tulpenvirus" schrieb, wusste sie nicht, dass ihr Roman durch die Vorgänge an den Finanzmärkten ungeahnte Aktualität erhalten sollte. Die Rechte am "Tulpenvirus" sind in zahlreiche Länder verkauft, u. a. nach Italien und Spanien.
Lien zur Netzpräsenz der Autorin: https://www.daniellehermans.nl