Audrey Niffenegger: "Die Frau des Zeitreisenden"
Absonderliches
wird zur
Banalität
Henry DeTamble hat eine ungewöhnliche genetische Anomalie, die
ihn von seinen Zeitgenossen unterscheidet: Er ist "chronologisch
gestört", wie ein Arzt später feststellen
wird. Ab seinem fünften Lebensjahr wird er in
Stresssituationen immer wieder aus seiner momentanen Gegenwart in eine
andere Zeit geschleudert, wo er in der Regel ohne Kleidung - und
später auch ohne Zahnfüllungen - ankommt. Deswegen
entwickelt er sich gezwungenermaßen schnell zu einem
überaus geschickten und gewandten Läufer, Dieb und
Schläger; je nachdem, was er gerade sein muss.
Seine
Zeitreisen verschlagen ihn dabei sowohl in
die Vergangenheit, als auch in die Zukunft, wobei es anscheinend
keinerlei Probleme mit Paradoxien gibt, die bestimmte SF-Autoren
über die Jahrzehnte immer wieder gerne in solche Reisen
eingebaut haben, so dass er sich relativ frei mit früheren
bzw. späteren Versionen seiner selbst sowie seiner Bekannten
unterhalten kann, was jedoch die Komplexität sogar noch
vergrößert. |
"Kennen wir uns? Tut mir Leid, ich ..." Henry sieht
sich um, befürchtet, wir könnten von Lesern oder
Kollegen bemerkt werden, durchforstet sein Gedächtnis und
begreift, dass eine zukünftige Ausgabe seines Ichs diesem
strahlend glücklichen Mädchen, das da vor ihm steht,
schon einmal begegnet ist. Als ich ihn das letzte Mal sah, hat er mir
auf der Wiese die Zehen gelutscht. |
Audrey Niffeneggers Romanerstling ist - schon aufgrund der Thematik und der "Krankheit" Henrys - ziemlich komplex, und man möchte es nach dem Einlesen gar nicht mehr aus der Hand legen, denn die Geschichte nimmt den Leser gefangen, und am Ende legt man das Buch sehr bewegt, mit der Gewissheit, es später wieder einmal zur Hand nehmen und noch einmal lesen zu müssen, beiseite.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 08/2008)
Audrey
Niffenegger: "Die Frau des Zeitreisenden"
(Originaltitel "The Time Traveler's Wife")
Übersetzt von Brigitte Jakobeit.
Fischerverlag.
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Ein
weiteres Buch der Autorin:
"Drei Schwestern. Eine Geschichte in Bildern"
Bevor Audrey Niffenegger mit ihrem Roman "Die Frau des Zeitreisenden"
zur Erfolgsautorin wurde, arbeitete sie als Buchkünstlerin in
Chicago. Vierzehn Jahre lang zeichnete sie im ironisch
abgründigen Stil Edward Goreys eine berückende
Märchengeschichte - das Buch ihres Herzens. Dafür
nutzte sie das alte und hoch komplizierte Druckverfahren Aquatinta,
dessen sich schon
Goya bedient hatte.
In unvergesslich starken Bildern und einer klaren Sprache
erzählt Audrey Niffenegger die Geschichte der "Drei
Schwestern" Bettine, Ophile und Clothilde. Als sich alle drei in den
schönen Jüngling Paris verlieben und Bettine
schließlich ein Kind von ihm erwartet, bricht die Dreisamkeit
auseinander. Aber das Kind ist ein Heiliger und führt am Ende
ein Wunder herbei. Eine so märchenhafte wie wundersame
Liebesgeschichte über Eifersucht, Rache und
Versöhnung. (S. Fischer Verlag)
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