die koechin eines pfarrers
die koechin eines pfarrers lebt mit ihm & ist jedes jahr
schwanger.
einmal im jahr geht sie weit ueber die letzten hoefe hinaus dort wo man
das tal
voll ueberschaut - den talhang entlang dann bis zum ende & sie
steigt
herunter
in der nacht
weiß sie mit geschloßnen augen den weg vorbei an
backoefen muehlen die
aufgelassen sind an zirmen vorbei hennstaellen kornspeichern.
den weg weiß sie
bis zum schmied
der nur einmal & ihretwegen am feuer steht sie zu beschlagen
& der ist
stark &
nackt
er wartet haemmernd
wie funken springen seine sehnen
sein glied zittert aus der schwaerze seiner haare heraus & der mond
steigt
& ist voll
sie ist da
ihren rechten bloßen fuß legt sie mit zu-en augen
auf den amboß & der
schmied beschlaget ihn mit einem kleinen eisen
auch den linken
in der esse springt kein feuer mehr
sie geht zurueck seufzend & es ist oesterliche zeit - im toten
schnee
verliert sie blut nach tausend schritten den ersten nagel - sie geht zu
ihrem
herrn die hoehe hinauf den talhang entlang an allem vorbei
von einem ofen hat der wind eine schindel gerissen & ins feld
geworfen da
bricht ihr das erste eisen
wie sie heimkommt ist laengst das zweite geborsten abgefallen
ihr bett wird warm
leise bluten ihr die fueße
in seiner huette kauert der schmied die glut verlischt leuchtet auf im
zusammenfallen laeßt sein glied flackern
& er zerfaellt mit ihr
noch heute koennen wir kleine hufeisen auf den steilen feldern der
talhanghoefe
finden.
(Aus
"N.
C. Kaser elementar. Ein Leben in Texten und Briefen,
ausgewählt von Raoul Schrott".
Herausgegeben von Raoul Schrott.)
Dichter
und Provokateur,
Kapuziner und Kommunist, Volksschullehrer, der kleine Prosaminiaturen
für
"seine Kinder" verfasste, und Trinker, der seinen Rotwein mit
Gedichten bezahlte: Norbert C. Kaser (1947-1978) war nicht nur eine
außergewöhnliche,
zu Lebzeiten sträflich unterschätzte literarische
Begabung, sondern zugleich
auch eine schillernde, facettenreiche Persönlichkeit: Seine
Verse "voller
spröder Schönheit, voll Trauer und Empörung"
("NZZ") und seine
minimalistischen Prosaskizzen spiegeln Kasers Wesen, die
Brüche, die Wendungen
und Abgründe seines Lebens, seine Verletzlichkeit ebenso wie
seine Rebellion
gegen das konservative kulturelle und gesellschaftliche Klima seiner
Zeit.
Die Biografie Norbert C. Kasers nimmt
Raoul Schrott
auch zum
Ausgangspunkt für
seine Werkauswahl: Aus Briefen Kasers formt er eine sehr
persönliche
Lebensgeschichte des Südtiroler
Dichters, seine
Zusammenstellung der besten
Gedichte und Prosatexte Kasers - von Klassikern wie "die laerche" oder
den "stadtstichen" bis hin zu unbekannten Perlen - gibt einen
authentischen Eindruck von Vielfalt, Energie und poetischem Reichtum
vom
Schaffen Kasers, der mittlerweile verdientermaßen
zum modernen Klassiker erhoben worden ist. (haymonverlag)
Buch bei
amazon.de bestellen