Alexander McCall Smith: "In Edinburgh ist Mord verboten"
Miss Isabel und der Club der Sonntagsphilosophen
So hatte sich Miss Isabel ihren Opernbesuch nicht vorgestellt: Vor ihren Augen stürzt ein junger Mann aus den oberen Rängen in den Tod ...
Isabel Dalhousie sah den jungen
Mann vom zweiten Rang herabfallen, vom Olymp. Es kam so plötzlich, es ging
so schnell, keine Sekunde dauerte sein Flug, kopfüber, das Haar zerzaust,
Hemd und Jacke bis zur Brust hochgerutscht, sodass die Taille entblößt
war. Dann, das Geländer des ersten Rangs streifend, verschwand er im
Parkett darunter. |
Bei "In Edinburgh ist Mord
verboten" handelt es sich um den Beginn einer neuen Kriminalreihe um eine
weibliche Detektivin vom Autor der berühmt-berüchtigten
Mma
Ramotswe-Romane. Diese in Edinburgh angesiedelten Geschichten haben
Isabel Dalhousie zur Heldin, die Herausgeberin eines Rezensionsmagazins
für angewandte Ethik ist und regelmäßig in irgendwelche Kriminalfälle
hineingezogen wird. So die Prämisse dieser neuen Serie. |
Schwierige moralische Probleme
bespricht Isabel Dalhousie dafür häufiger mit ihrer Haushaltshilfe Grace, die
nie lange überlegt, um zu einer Lösung zu kommen, und so einen gewissen
Pragmatismus in Isabels Leben bringt.
Ein weiterer wichtiger Faktor in
Isabels Alltag ist Cat, ihre Nichte, die ein Delikatessengeschäft betreibt und
sich nach Meinung ihrer Tante mit dem falschen Mann trifft, nachdem sie den
richtigen Mann zum Teufel geschickt hat. Isabel würde diese Situation gerne
wieder in Ordnung bringen, was zu einigen wahrlich peinlichen Momenten führt.
Aber dies hält sie trotzdem nicht wirklich davon ab, sich auch hier
einzumischen.
Im Zusammenhang mit dem zu Tode gestürzten jungen Mann im
Theater beginnt Isabels Einmischung eher zufällig, weil sich für einige Leute
die Frage stellt, wie es der junge Mann ohne Hilfe kopfüber über die Brüstung
seiner Loge geschafft hat. Bei der Betrachtung dieser Frage wird Isabel in die
Intrigen der Edinburgher Finanzwelt eingeführt und kann sich mit den moralischen
Fragen des Insider-Handels auseinandersetzen.
Wie bei den Geschichten um
Mma Ramotswe kommt es auch in diesem Roman weniger auf den Kriminalfall an - der
regelrecht übergestülpt wird - als auf den Vergleich der Verhaltensformen
verschiedener Menschen. Was jedoch bei der Autodidaktin Precious Ramotswe in
seiner gelegentlichen Einfachheit nachvollziehbar und sympathisch wirkt, ist bei
einer in Cambridge ausgebildeten Akademikerin, die ständig mit akademischen
Fragen und Texten zu tun hat, nicht allzu glaubwürdig, so dass viele der
Dilemmata, die im Roman aufgebracht werden, unnötig naiv und aufgesetzt
wirken.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 01/2006)
Alexander McCall Smith: "In Edinburgh ist Mord
verboten"
(Originaltitel "The Sunday Philosophers' Club")
Aus dem
Englischen von Thomas Stegers.
Heyne, 2005. 288 Seiten.
ISBN
3-453-40197-2.
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