Veronika Beci: "Robert und Clara Schumann"
Musik und Leidenschaft
Eine romantische Liebes- und
Leidensgeschichte
Veronica Beci legt mit ihrer neuen
Musiker-Biografie nicht nur ein lebendiges Porträt von Robert und Clara Schumann
sowie deren wechselvoller Lebensgeschichte vor, sondern liefert darüber hinaus
ein anschauliches Lebens- und Sittengemälde der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts, worin die Liebes- und Leidensgeschichte der Schumanns ja verankert
ist, untrennbar verbunden mit den Anschauungen, Gepflogenheiten und
Konventionen, die zur damaligen Zeit, speziell in der Kunst- und Musikszene,
herrschten. In vier Hauptteile hat die Autorin ihr Werk gegliedert: Jungendzeit
zweier Musiker 1810-1838, Musikerehe 1839-1850, Robert Schumanns letzte Jahre
1850-1856, Clara Schumann - die zweite Lebenshälfte.
Von Anfang an gab es
Spannungen in der Beziehung zwischen Robert und Clara. Spannungen, die sich
letzten Endes nicht überbrücken ließen und zu häufigen Krisen und Missstimmungen
zwischen den beiden führten. Und das Anfangskapitel des Buches wirft vorab auch
schon ein Licht auf die Schwierigkeiten, denen diese Beziehung ausgesetzt war,
und dabei steht nicht so sehr Claras opponierender Vater Friedrich Wieck im
Vordergrund, sondern mehr die Verschiedenartigkeit der Charaktere von Robert und
Clara sowie die unterschiedlichen Erwartungen, die sie in künstlerischer wie
auch familiärer Hinsicht an ihr künftiges Leben stellten. Schon bald wuchsen
Schatten aus diesen unvereinbaren Gegensätzen, die ihr Glück abkühlen sollten.
Und aus dem Schatten, den das erste Kapitel bereits auf die Romanze zwischen
Robert und Clara wirft, wird schon deutlich, dass die vorliegende Biografie
alles Andere ist als eine bauäugige Verklärung dieser legendenumwobenen
Liebesbeziehung.
Dabei ist Veronica Beci stets um Objektivität bemüht,
sie vermeidet einseitige, billige Schuldzuweisungen, räumt mit Klischees
und Vorurteilen auf, scheut sich aber auch nicht, offenkundige Fehler oder
Persönlichkeitsschwächen anzuprangern; zum Beispiel Claras ständige Bevormundung
durch Robert, was ihre künstlerische Entwicklung betraf und auch immer wieder
behinderte, oder andererseits die kühle Distanziertheit Claras ihren Kindern
gegenüber. Zitat: "Sie begegnete ihren Kindern mit der Feinfühligkeit eines
Steins."
Auch neue Ansatzpunkte in der Schumann-Rezeption stellt Veronica
Beci zur Diskussion. Sie spricht Robert Schumann das Verdienst zu, einige
Gattungsneuschöpfungen kreiert zu haben, beispielsweise im "Paradies und die
Peri", was nach Ansicht der Autorin bisher fälschlicherweise immer dem
oratorischen Stil zugerechnet wurde und im Konzertleben eine viel zu geringe
Akzeptanz erfährt. Das gleiche Schicksal wurde bis in die heutige Zeit Schumanns
Oper "Genoveva" zuteil, einem Bühnenwerk mit typisch romantischen Inhalten wie
Fels- und Waldwildnis, Spuk, Unschuld und Verführung, Abenteuer- und
Ritterromantik.
Um beim Thema Romantik zu bleiben; die Autorin bestreitet
vehement, dass Robert Schumann den Romantikern zuzurechnen sei. Zitat: "Ihn als
Romantiker zu definieren geht total fehl." Diese Position dürfte sicher nicht
unwidersprochen bleiben, und auch die Autorin spricht in ihrem Schumann-Porträt
dem Komponisten ziemlich eindeutige romantische Züge zu. Aber ich will jetzt
nicht weiter auf den ewigen Streit um die Begriffsbestimmung des Romantischen
eingehen, womit dieser Punkt freilich in Zusammenhang steht.
Breiten Raum in dieser Doppelbiografie nimmt die Werkanalyse ein. Veronica Beci,
die über profunde musiktheoretische Kenntnisse verfügt und vermutlich auch praktizierende
Musikerin ist, geht mir jedoch im Rahmen einer Biografie ein wenig zu sehr ins
Detail, einzelne Passagen des Textes dürften nur Musikern verständlich sein.
Kein Buch also für Leser, die nicht zumindest eine musikalische Grundausbildung
erfahren haben. Gut, die Anderen werden es ohnedies nicht lesen, mag man einwenden.
Die Autorin arbeitet zur Zeit an einer Eichendorff-Biografie, wie sie uns wissen
lässt, und geht auch in der vorliegenden Biografie ziemlich ausführlich auf
die künstlerische Beziehung Eichendorff
- Schumann ein, der sie beinahe ein ganzes Kapitel widmet. An Ferdinand
Hiller, "ein vergessenes Musikgenie" (da kann ich nur beipflichten), wird in
einem kurzen Unterkapitel erinnert, Stephen Heller (auch ein Davidsbündler)
und Theodor Kirchner (immerhin Claras dritte Liebe), zwei ebenfalls zu Unrecht
Vergessene, werden nur beiläufig erwähnt.
Was Roberts späteres Leiden und Tod betrifft, so stellt Veronica
Beci das Vorhandensein einer Geisteskrankheit beim Komponisten in
Frage, obwohl Schumanns Mutter depressiv war und seine ältere Schwester
Selbstmord beging, ob nun in Folge eines Nervenleidens oder nicht, kann heute
natürlich nur noch gemutmaßt werden.
Im vierten und letzten Teil des
Buches erfährt der Leser vom rastlosen Nomaden- und Virtuosenleben Claras, dem
sie sich nach Roberts Tod hingegeben hat, von ihrer Flucht in die Musik, die wie
eine Befreiung auf sie gewirkt haben muss, und vom paradoxen Denken, indem sie
nämlich sich selbst einzureden suchte, sich für ihre Kinder im Konzertsaal
aufzureiben, ein Anspruch, der an der Wirklichkeit aber wohl weit
vorbeiging.
Mir hat das Buch gefallen. Es ist anregend, vermittelt
fundiertes Wissen, wahrt die Objektivität und schildert auf einfühlsame Weise
den Verlauf der tragischen Liebesgeschichte zwischen Cara und Robert
Schumann.
(Werner Fletcher; 02/2006)
Veronika
Beci: "Robert und Clara Schumann"
Artemis & Winkler, 2006. 330
Seiten.
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Weitere Buchtipps:
Martin Demmler: "Robert Schumann 'Ich hab im Traum geweinet'"
Robert Schumann gilt heute als der größte Romantiker unter den deutschen Komponisten.
Seine Lieder und
Klavierwerke,
Sinfonien und Konzerte zählen zu den meistgespielten Kompositionen überhaupt.
Martin Demmler schildert den wechselhaften Lebenslauf dieses Musikers zwischen
Erfolg und Enttäuschung, Schaffensrausch und Krise: An der Seite der stürmisch
gefeierten Pianistin Clara Wieck will Schumann sein Ideal einer "neuen poetischen
Zeit" verwirklichen, Kunst und eigene Biografie als unauflösliche Einheit gestalten.
Er kämpft gegen das künstlerische Mittelmaß und setzt ihm seine visionären kompositorischen
Entwürfe entgegen. Ob als Komponist, Musikschriftsteller oder Ehemann - stets
geht es ihm darum, die romantische Ideenwelt selbst zu leben und umzusetzen.
Doch dieser Versuch scheitert. Immer wieder wird sein künstlerisches Schaffen
von schweren Krankheitsschüben unterbrochen. Das Ideal einer harmonischen Künstlerehe
zeigt bald erste Risse, der große Erfolg als Komponist bleibt aus. Das romantische
Zeitalter neigt sich seinem Ende entgegen. Schumann zieht sich zurück, resigniert.
Dem Konflikt zwischen Traum und Realität kann er auf Dauer nicht standhalten.
Er stirbt im Alter von nur vierundvierzig Jahren in der Nervenheilanstalt in
Endenich bei Bonn. Martin Demmler entwirft das Bild eines sensiblen und genialen
Künstlers, der am Ende an seiner Umwelt und an seinen eigenen Träumen zerbricht.
(Reclam Leipzig)
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Peter Härtling: "Schumanns Schatten"
Peter Härtling
erzählt vom Leben und Sterben des zerrissenen und genialen Komponisten Robert
Schumann: Von der Kindheit in Zwickau, vom Studium und von der Arbeit in Leipzig,
Heidelberg, Dresden und Düsseldorf, von Begegnungen mit
Heine
und Wagner,
von der Freundschaft mit Mendelssohn und
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von diversen Liebschaften und der großen Liebe zu Clara Wieck, die er gegen
alle Widerstände 1840 heiratet. Stationen seiner Biografie und Schilderungen
aus den letzten beiden Lebensjahren des an Syphilis Erkrankten in der Heilanstalt
bei Bonn wechseln einander ab.
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Janina Klassen: "Clara Schumann. Musik
und Öffentlichkeit"
Clara Schumann, geborene Wieck (1819-1896), war eine Berühmtheit - lebenslang.
Von Kindesbeinen an stand sie im Rampenlicht. Sie wirkte das ganze 19. Jahrhundert
hindurch nicht nur auf die Klavierszene in Deutschland und England ein, sondern
gestaltete auch die musikalische Repertoire- und Kanonbildung mit, die zu einem
wichtigen Baustein der nationalen kulturellen Identität werden sollte. Nahezu
ihre gesamten Aktivitäten (konzertieren, komponieren, unterrichten und editieren)
spielten sich öffentlich ab. Ihr gelang eine beispiellose Künstlerkarriere,
die vom ersten öffentlichen Auftritt 1828 bis zum 60-jährigen Konzertjubiläum
1888 durch die Presse begleitet wurde. Das öffentliche Echo strahlte auf ihr
privates Leben zurück und beeinflusste ihre Selbstsicht und Handlungsweisen,
so dass sich eine komplexe Wechselwirkung zwischen öffentlicher und privater
Selbstkonstitution entspann. In frühen Jahren verkörperte sie als Virtuosin
auf der Bühne den tugendhaften, anmutigen Mädchentypus wie er durch die preußische
Königin Louise geprägt wurde. Das spätere Frauenbild ähnelte in seiner Mischung
aus Souveränität, Schlichtheit und Strenge mehr dem von Königin Victoria repräsentierten
Öffentlichkeitsmodell. Das Engagement Clara Schumanns für die Erschaffung und
Inszenierung musikalischer Werke besaß in ihrer Familie bereits eine langjährige
Tradition. Dieses musikalische Potenzial verstand sie gleichsam als Kapital,
das es zu verbreiten galt - im Rahmen ihres öffentlichen Wirkens, aber auch
in der Erziehung ihrer Kinder und Enkel. (Böhlau Verlag)
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Ulrich Tadday (Hrsg.): "Schumann-Handbuch"
Wer Robert Schumann neu entdecken möchte, der lese dieses Handbuch. Namhafte
Forscher stellen darin Leben, Werk und Wirkung des Romantikers in facettenreichen
Einzelkapiteln dar.
Während im ersten Teil Schumanns Biografie, seine Musik-, Literatur- und Kunstanschauung
mit Blick auf vergangene und gegenwärtige Deutungsversuche besprochen werden,
steht im zweiten Teil das kompositorische Schaffen im Mittelpunkt. Die Werke
werden nach Gattungen und darin chronologisch geordnet erläutert. Essays zur
Kompositionswerkstatt Schumanns runden das Bild ab. Im dritten Teil geht es
um die Schumann-Rezeption. Dabei werden die Musik, die Schumann in seinen eigenen
Kompositionen verarbeitet hat, und die Schumann-Werke, die von fremden Komponisten
aufgenommen wurden, behandelt. Auch das Schumann-Bild in der Musikgeschichtsschreibung,
in Belletristik und Film kommen zur Sprache. Eine Zeittafel, eine Bibliografie
und ein Register schließen das Handbuch ab. (Bärenreiter/Metzler)
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Martin Demmler: "Robert Schumann. 'Ich hab' im Traum geweinet'"
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Eine Biografie
Corinna Hesse:
"Das Schumann-Hörbuch"
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Wenn
Töne sprechen