Ilija
Trojanow: "Der Weltensammler"
Gesprochen von Frank Arnold
(Hörbuchrezension)
In
Zusammenarbeit mit Random
House Audio hat GEO eine Klassiker-Hörbuchedition
veröffentlicht, in deren
Mittelpunkt fremde Kulturen, Regionen sowie das (Wieder-)Entdecken der
Abenteuerlust stehen.
"Der Weltensammler" von Ilja Trojanow ist hierbei der neunte Titel,
der in dieser Reihe erschienen ist.
Sir Richard Francis Burton ist Offizier in Britisch-Indien. Seine Liebe
gilt
jedoch in erster Linie fremden Sprachen, Traditionen und
Weltanschauungen. Von
dieser Liebe, die Burton ungewöhnlich beharrlich, entgegen
aller möglichen
Hindernisse und teils auf eigentümliche Art und Weise
waghalsig verfolgt,
handelt die Geschichte, in der tatsächliche Ereignisse aus
Burtons Leben von
Trojanow mit fiktiven Ereignissen verwoben wurden.
Trotz der gekürzten Fassung (die Buchvorlage umfasst beinahe
500 Seiten) bringt
es das Hörbuch auf sechs CDs.
Gewöhnungsbedürftig ist zunächst die Art und
Weise der Erzählung, doch dann nehmen die Ereignisse den
Hörer rasch gefangen
und wissen zu unterhalten. Der Stil verändert sich jedoch im
Verlauf der
Laufzeit mehrfach, so dass dem Hörer eine gewisse
Flexibilität abverlangt
wird, die den Hörgenuss streckenweise durchaus
schmälert.
Ein Hörbuch, das man quasi nebenher hören kann, ist
"Der Weltensammler"
jedenfalls nicht. Wer jedoch Zeit und Muße hat, der von Frank
Arnold
vorgelesenen Geschichte volle Aufmerksamkeit zu widmen, macht mit
diesem Hörbuch
eigentlich nichts falsch.
Dennoch hat es Frank Arnold,
Schauspieler und Rundfunksprecher, als
Sprecher
dieses Hörbuches sicherlich nicht leicht. Problematisch ist
nämlich vor allem,
dass es schwerfällt, zum authentischen Protagonisten eine
Beziehung
herzustellen. Es fehlt ein wenig an der durchgängigen Handlung
und an
Spannungsbögen, vielmehr zeigt das Hörbuch Episoden
auf und verbindet diese -
wenn auch sehr geschickt und garniert mit vielen und schönen
Worten -
miteinander. Unterstrichen wird der teils etwas abgehackt wirkende
Charakter des
Ganzen durch die Perspektivenwechsel, bei denen anscheinend jedermann,
nicht
aber unbedingt Burton selbst, etwas beizutragen hat.
Die größte Probe für den Hörer -
und somit auch für den Sprecher - ist
jedoch der Abschnitt rund um die Mekkareise. Hier wird die
Erzählung leicht
schwafelnd und langatmig.
Arnold macht seine Arbeit jedoch gut und beweist eine hohe Empathie
für den
vorzutragenden Stoff, so dass das Schlimmste, das Abschalten
nämlich, bei den
meisten Hörern vermutlich verhindert wird.
"Der Weltensammler" ist eine grundsätzlich sehr faszinierende
Erzählung,
zumal eine reale
Person die zentrale Figur bildet, dennoch zeigt das
Hörbuch einige Schwächen,
die nicht auf die Sprecherleistungen, sondern auf inhaltliche
Mängel - oder
besser: Masse - zurückzuführen sind. In diesem Punkt
hätte dem Hörbuch ein
etwas anderer Schnitt gut getan, der die Stärken des Werks
besser
herausarbeitet.
(Tanja Elskamp; 10/2007)
Ilija Trojanow: "Der Weltensammler"
Gekürzte Fassung.
Gesprochen von Frank Arnold.
Random House Audio - Hörbuch-Editionen, 2007. 6 CDs.
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Ein weiteres Buch des Autors:
"Der entfesselte Globus"
Reportagen
Trojanow ist auf allen Kontinenten zu Hause: Wie seine Vorbilder
Ryszard
Kapuściński und Egon Erwin Kisch ist er am liebsten unterwegs. Was
Trojanow zu berichten hat, geht weit über die Schönheit der Landschaften oder
die Fremdheit der Sitten hinaus. Er erzählt, wie die Menschen leben: in dem
nicht zur Ruhe kommenden Afrika, in den alle Vorstellungen sprengenden
Megastädten Indiens oder in anderen Ländern Asiens, die von Naturkatastrophen
heimgesucht und von politischen Umwälzungen bedroht werden. Aber auch
Bulgarien, das Land seiner Geburt, nimmt dieser geborene Reisende unter die Lupe
- seine Schilderungen der alten Seilschaften in neuer Verkleidung lesen sich wie
moderne europäische Gruselgeschichten. Neugierig, offen, kritisch und
selbstkritisch - mit dem Autor vom "Weltensammler" als Cicerone sieht
man die Welt in einem anderen Licht. (Hanser)
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Noch ein Buchtipp:
Richard Francis Burton: "Persönlicher Bericht einer
Pilgerreise nach Mekka
und Medina 1853"
In den Fünfzigerjahren des 19. Jahrhunderts waren die Menschen
in ganz Europa
ähnlich stark an Geografie interessiert, wie es heute
für die
Weltraumforschung der Fall ist. Es war daher für den
exzentrischen Burton nicht
schwer, Geldgeber für einen gut durchdachten Reiseplan zu
gewinnen: Den Besuch
der für Nicht-Muslime verbotenen Heiligen Stätten des
Islam in Mekka und
Medina. Im Herbst 1852 bot Burton daher der Royal Geographical Society
seine
Dienste an um "den gewaltigen weißen Fleck, welcher in
britischen
Kartenwerken noch immer die östlichen und zentralen Regionen
ziert,
auszutilgen". Sein Plan war, im osmanischen Maskat zu landen und das
'Leere
Viertel' in Richtung nach Mekka und Medina zu durchqueren. Die
Gesellschaft
unterstützte ihn, aber sein Arbeitgeber, die
Ostindien-Company, lehnte es ab,
eine solche Reise gutzuheißen, da sie zu gefährlich
sei. Stattdessen gewährte
man ihm einen zusätzlichen Urlaub, vordergründig
motiviert, um Arabisch zu
studieren.
Im April 1853 verließ Burton die englische Hafenstadt
Southhampton in Gestalt
eines vermögenden Persers. Während der gesamten Reise
war Burton akribisch
darum bemüht, sich an die orientalischen Sitten anzupassen.
Nach einem Monat in
Ägypten entschied er, den persischen Adligen abzulegen und in
die Verkleidung
eines wandernden Derwischs zu schlüpfen. Einige Zeit
später nahm er dann seine
endgültige Verkleidung an: Er gab sich fortan als britischer
Untertan
afghanischer Herkunft aus, kaufte sich passende Reisekleidung. Seine
Anschaffungen waren ein breiter gelber Regenschirm, ein
hölzerner Kamm, eine
Ziegenhaut als Wasserbehälter, ein grober persischer
Gebetsteppich, der
außerdem als Bettunterlage diente, ein baumwollnes,
plüschbesetztes Kissen und
ein Betttuch. Ein Dolch, ein Tintenfass aus Messing und ein Federhalter
steckten
in seinem Gürtel, ein
Rosenkranz und mehrere Nadeln und ein
"erbsengrüner
Behälter mit roten und gelben Blumen, der zweimal am Tag vom
Kamel fiel",
vervollständigten seine Ausrüstung. Seine Geldmittel
für die Reise waren 25
Goldmünzen in einem Gürtel versteckt unter seinen
Kleidungsstücken.
Nachdem Burton in Kairo angekommen war, nahm er Unterkunft in einer
Pension für
Ägypter. Er praktizierte dort als Arzt und nahm auch an
Disputen der
theologischen Fakultät der Al-Ahzar-Universität teil,
denn ein religiöser
Irrtum oder ein Verstoß gegen die orthodoxen Regeln in Mekka
und Medina würden
bei weitem problematischer sein, als irgendwelche sprachlichen Fehler.
Nach
abenteuerlichen und teils von Skandalen geprägten Monaten in
Kairo gelang es
Burton schließlich, sich einem Beduinen aus dem Sinai
anzuschließen, der
ebenfalls in Richtung von Burtons Zwischenstation Suez unterwegs war,
und
mietete von diesem zwei
Kamele.
Er lernte im Verlauf der Reise mehrere angesehene Händler aus
Medina kennen und
einen Einwohner von Mekka, einen Mann namens Muhammad al-Basyuni. Sie
schlossen
sich für die weitere Reise zusammen, und Muhammad
übernahm die Verantwortung
für Burton und seine Habschaften. Basyuni sollte für
den Rest der Reise bei
Burton bleiben.
Am 25. Juli 1853 erreichten die Reisegenossen Medina. Burton blieb mehr
als
einen Monat und widmete einen großen Teil seiner
Reiseberichte der Beschreibung
der Stadt und der religiösen Riten, an denen er teilnahm.
Mithilfe seines
Reisegenossen Muhammad, bei dessen Mutter Burton Quartier genommen
hatte, gelang
es dem Engländer, das Innere zahlreicher Heiligtümer
zu sehen und schließlich
alle Riten des Hadsch unter Anleitung seines Freundes zu vollziehen -
eine
Sensation ohnegleichen.
Nach seinem Abschied verging fast ein Vierteljahrhundert, bevor Burton
nach
Arabien zurückkehren konnte, um dort einer der Legenden
nachzugehen, die ihm
auf seiner Reise nach Mekka und Medina begegnet waren: dem Gold in den
Bergen
von Midian. (Edition Erdmann)
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