Achim Kuhn, Regina Schellpeper: "Hohe Kunst und eine Leiche"
"Bäuche. Überall
Bäuche."
Der reformierte Pastor Achim Kuhn, der 2005 mit seinem Erstling
"Seniorentrost" viel mediale Aufmerksamkeit erhalten hat, legt sein
zweites Werk vor. Und auch wenn das Buch als "gelungenes
Nebeneinander von Kriminalliteratur und gesellschaftspolitischen
Fragestellungen" angekündigt wird: "Hohe Kunst und eine Leiche"
ist in erster Linie klassischer Krimi.
"Bäuche. Überall Bäuche." Der Auftakt des Romans ist
Programm: Es geht auf den knapp 240 Seiten primär um Kinderwünsche,
Schwangerschaften
und Geburten. Da ist zunächst die Verlobte des Kriminalkommissars, die
sich sehnlichst ein Kind wünscht, dann tritt ein osteuropäischer
Kinderhändlerring auf den Plan, und schließlich rückt ein zwielichtiges
Forschungsprojekt in den Mittelpunkt, bei welchem auf beunruhigende
Weise mit Zellen und Genen
experimentiert wird. Die einzelnen Handlungsstränge verwebt der Autor zu
einer Geschichte, die etwas zäh in die Gänge kommt, mit jeder Seite an
Spannung gewinnt und ihren Höhepunkt in einem überraschenden und gut
durchdachten Ende findet.
Der Autor, im Haupterwerb Gemeindepfarrer und diplomierter
Kommunikationsberater, hat seine Lebenspartnerin Regina Schellpeper ins
Boot geholt und ihr weitgehend die Beschreibung der Seelenlage seiner
weiblichen Hauptperson und deren intime Gedankengänge anvertraut. Es mag
an dieser neuen Zusammenarbeit liegen, dass der Roman in seiner ersten
Hälfte noch etwas unschlüssig wirkt. Vielleicht musste sich das Ehepaar
Kuhn-Schellpeper zunächst selbst an die neue Form der Zusammenarbeit
gewöhnen. Im zweiten Teil nimmt der Krimi dann aber an Fahrt auf, und es
entwickelt sich eine packende Geschichte, die weniger vom bemühten
gesellschaftspolitischen Hintergrund, als vielmehr von den Charakteren
ihrer Hauptpersonen lebt. Es bereitet zunehmend Spaß, Polizist Markus
Imboden und sein cholerisches Team bei der Aufklärung eines
schauerlichen Mordes in einer Zürcher Galerie zu begleiten, der Blick in
glaubwürdig skizzierte Abgründe
der
menschlichen Psyche vermag zu fesseln, und das spannungsgeladene
Finale führt dazu, dass man das Buch am Ende befriedigt zur Seite legt.
Liebevoll, bisweilen allerdings etwas lehrerhaft wirken die
eingestreuten Erläuterungen zu den frequentierten Schauplätzen und
Institutionen Zürichs, wie etwa die ETH, die Stadtzürcher Fußballvereine
oder die Zeugen der Reformation. Insgesamt darf Kuhns zweiter Roman aber
als gelungen bezeichnet werden, und es ist zu wünschen, dass der
sympathisch-brave Kommissar Imboden bald mit einem weiteren Fall betraut
werden wird.
(André Kesper; 10/2010)
Achim Kuhn, Regina Schellpeper: "Hohe
Kunst und eine Leiche"
Jordan-Verlag, 2010. 240 Seiten.
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