Dass die Ägypter im Neuen Reich auch
bereits den in Indien beheimateten Schwarzen Pfeffer kannten, wissen wir erst
seit einiger Zeit aus der genauen Untersuchung der Mumie des
Pharao
Ramses II. in Paris. Diese war nötig geworden, weil durch die großen Temperatur-
und Feuchtigkeitsschwankungen im Mumien-Saal des Kairoer Museums sich Schimmelpilze
auf dem Körper festgesetzt hatten. Um nun die Mumie zu restaurieren und konservieren,
wurde sie zur Behandlung
nach Paris geflogen.
Bei der Röntgenuntersuchung sah man in der Nase zahlreiche Kügelchen, die sich
durch Vergleichsuntersuchungen als Pfefferkörner (Piper Nigrum L.) identifizieren
ließen. Außerdem entdeckten die Wissenschaftler im Pflanzenmaterial von der
Oberfläche des Körpers und aus dem Inneren der Mumie Bruchstücke von Pfefferkörnern.
Pfefferkörner müssen zur Zeit Ramses' II. eine große Kostbarkeit gewesen sein.
Die Pfefferpflanze (Piper Nigrum L.) ist eine sich bis 10 m
hoch windende Liane, die im tropischen Indien beheimatet ist. Ihre in einer
hängenden Ähre stehenden Früchte werden zur Gewinnung von Schwarzem Pfeffer vor
der Reife gesammelt, fermentiert und getrocknet, um Weißen Pfeffer zu erhalten,
lässt man die Beeren rot werden, entfernt dann das Fruchtfleisch und nutzt nur
den Samen. Beide Produkte sind reich an
ätherischen Ölen und wirken
antimikrobiell und anregend auf die Gallenblase.
Heute verbinden wir mit Pfeffer vor allem seine Nutzung als Gewürz, er wurde
aber in früheren Zeiten als ein außerordentlich wertvolles Heilmittel angesehen.
Die antike Heilkunde schätzte ihn besonders
als Mittel zur Anregung der Verdauung, Nierenfunktion und zur Behandlung von
Lungenerkrankungen. In Form von Vaginalzäpfchen sollte Pfeffer eine Empfängnis
verhüten.
In römischer Zeit lief der
Pfefferhandel
aus Indien zum großen Teil über den an der Küste des Roten Meeres gelegenen
ägyptischen Hafen Berenike, wo man bei jüngsten Grabungen neben einzelnen Pfefferkörnern
eine große Amphore ganz gefüllt mit Pfefferkörnern fand. Der Ausfuhrhafen für
Europa war dann Alexandria.
Aus koptischer
Zeit, aus dem 7. Jahrhundert n. Chr., ist uns ein Papyrus erhalten, der genau
die Mengen Pfeffer auflistet, die von staatlicher Stelle an die einzelnen Zünfte
der Stadt Edfu abgegeben wurden. Auch die Ärzte erhielten ihren
Anteil, doch ist aus der Angabe der Menge nicht zu erkennen, dass sie aus
beruflichen Gründen, weil sie Pfeffer als Heilmittel für Patienten benötigten,
eine höhere Zuteilung beanspruchten. In pharaonischer Zeit jedoch spielte der
Pfeffer noch keine große Rolle als Heilmittel, dazu war er viel zu
kostbar.
Warum die Balsamierer nun gerade Pfefferkörner in die Nase und
die Leibeshöhle von Ramses II. gesteckt hatten, können wir nur vermuten. Da
hilft vielleicht ein Blick auf andere Königsmumien. So fanden sich im Abdomen
von Siptah und Ramses IV. stark aromatisch riechende Flechten (Parmelia
furfuracea). Sie sollten wohl die
Mumien
wohlduftend machen und Ähnliches galt vermutlich auch für den Pfeffer im Körper
von Ramses II. Doch warum ausgerechnet Pfeffer in die Nase? Hier müssen noch
andere Überlegungen mit im Spiel gewesen sein. Wie noch bei der Behandlung der
an ätherischen Ölen reichen Blätter ausführlicher besprochen wird, hatten nach
den religiösen Überlegungen der Ägypter alle aromatisch duftenden Substanzen
stark belebende Wirkung, da der Mensch durch die Nase den
Lebenshauch aufnahm. Das bezog sich auch auf den Verstorbenen, Duft half zu
einem neuen, jenseitigen Leben zu regenerieren. Diese Vorstellungen müssen bei
der Balsamierung Ramses II. dazu geführt haben, Pfefferkörner in die Nase zu
stecken.
(Aus "Die Heilpflanzen der alten Ägypter" von Renate Germer.)