Mohsin Hamid: "Nachtschmetterlinge"


Im heißen Sommer Pakistans im Jahr 1998 gerät das Leben einiger Menschen gründlich aus der Bahn. Sie leben in Lahore mit der bedrohlichen Tatsache, praktisch vor der eigenen Türe mit Atombombenexperimenten konfrontiert zu sein. Der weitaus größere Teil der Bevölkerung ist arm und muss die hautnahe nukleare Gefahr nur als weitere Herausforderung eines harten Lebens verbuchen. Die ProtagonistInnen des Romans haben zumindest keine lebenserschwerenden pekuniären Probleme. Zumindest anfangs nicht.

Daru ist ein junger ehemaliger Wirtschaftsstudent, der in einer Bank arbeitet. Seinen Job hat ihm der einflussreiche Vater seines besten Freundes Ozi verschafft. Daru liebt an seiner Arbeit nur das Geld, welches ihm ermöglicht, zur oberen Klasse Pakistans zu gehören. Ozi hat als Kind reicher Eltern in den USA studiert und dort seine ebenfalls pakistanische Frau Mumtaz kennen gelernt. Beide kehren nach Lahore zurück, und Ozi beginnt seine erfolgreichen Geschäfte. Sie führen ein westliches Leben zwischen Partys, Drogen und Langeweile. Nebenbei haben sie einen kleinen Sohn namens Muazzam.

Daru verbringt seine Freizeit im Kreise seines Freundes und dessen Frau, die ihn von Anfang an fasziniert. Die als freie Journalistin tätige Mumtaz ist in ihrer Ehe unglücklich und beginnt eine Affäre mit Daru, der bald von ihr besessen ist. Mittlerweile hat Daru seine Arbeit verloren und verbringt seine Tage damit, Drogen zu konsumieren, zu dealen und von einer gemeinsamen Zukunft mit Mumtaz zu träumen. Noch als Berufstätiger musste Daru sich eingestehen, dass er zur "feinen Gesellschaft" Pakistans nur bedingt gehörte. Mit Beginn seiner Arbeits- und bald auch Mittellosigkeit wird er zum Paria. Nur Mumtaz ist vorerst auf seiner Seite. Doch Daru gleitet immer weiter in eine andere Realität ab.

Mohsin Hamid hat diesen Roman so packend geschrieben, dass es schwer fällt, ihn nicht in einem Stück zu verschlingen. Er präsentiert der/dem LeserIn ein völlig anderes Bild von Pakistan, als jenes, das im Westen aus ohnehin nur dürftigen Medienberichten bekannt ist. Es ist die oberflächliche, nicht minder brutale, unserem Kulturkreis nachempfundene Welt der Reichen Pakistans, welche der Autor porträtiert. Die reiche Gruppe der pakistanischen Gesellschaft tanzt scheinbar gleichgültig und zutiefst gelangweilt auf einem brodelnden Vulkan. Verdrängung und Ignoranz werden bis zur Meisterklasse beherrscht. Spannend.

(ama;07/02)


Mohsin Hamid: "Nachtschmetterlinge"
Dtv 2002
280 Seiten
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