Maria Beaumont: "Marsha Mellow und ich"
"Marsha Mellow" ist eine Sensation - und ein Skandal - im britischen Literaturbetrieb. Mit ihrem schlüpfrigen Debütroman hat die Autorin die Geister der jungen Frauen berührt und es in die Bestellerlisten geschafft, während die konservative Presse sie in der Luft zerreißt. Gerne würden verschiedene Medien ein Interview mit ihr führen, aber wer verbirgt sich hinter dem Pseudonym "Marsha Mellow"?
Die junge Amy arbeitet als Sekretärin
bei einem überaus erfolglosen Londoner Anzeigenblatt. Ihre letzte
Beziehung -
und ihr letzter Sexualkontakt - liegen etwa zwei Jahre zurück, alle attraktiven
Männer machen sie nervös, und alle anderen Menschen überfahren sie ständig mit
ihren Ansprüchen und ihren Vorwürfen, so dass ihr Selbstwertgefühl stark gegen
Null tendiert. Ihre Mutter ist eine herrische Konservative, die bei ihrer
Familie ein strenges Regiment führt, ihr Vater ist dabei lediglich ihr nickendes
Anhängsel. Ihre Schwester Lisa ist ein "richtig böses" Mädchen, um dessen
Probleme sich Amy immer wieder einmal kümmern muss. Und gerade hat sie einen
neuen Vorgesetzten bekommen, der ihr auf verwirrende Weise zusagt und der sie
ständig zum Stottern bringt. Amy fühlt sich wertlos. Aber sie hat ein
Geheimnis.
Neben all ihren Problemen ist sie nämlich Marsha Mellow, die
mit ihrem Buch die britische Literaturszene und vor allen Dingen die Presse
aufwühlt, und die ihre Mutter wiederholt zur Wiedereinführung der Todesstrafe
aufrufen lässt. Aus diesem und anderen Gründen versucht Amy, die wahre Identität
Marsha Mellows krampfhaft zu verheimlichen - und gerät dadurch von einer
unmöglichen Situation in die nächste. Als dann auch noch eine der bedeutendsten
britischen Klatschzeitungen die Jagd auf sie eröffnet, wird es eng für die junge
Frau. Und dies wird noch erschwert durch die Tatsache, dass Amy in einem Netz
aus alten und neuen Lügen lebt, dessen Auflösung zu allerlei Peinlichkeiten für
viele Leute führen könnte. Außerdem muss sie sich natürlich weiter um die
Probleme Lisas und ihrer Mutter kümmern, die immer unwahrscheinlichere Formen
annehmen.
Helen Fielding trifft
Tom Sharpe, und
das Ganze wird vermischt mit einer Menge - eher humoristisch dargestellter -
Sexualfantasien.
Ein amüsantes Buch, das ein bisschen deutlicher wird als "Bridget Jones" und
durch die unterschiedlichen Charaktere eine am Anfang nicht zu erwartende emotionale
Tiefe gewinnt. Man darf gespannt sein, ob es von dieser Autorin einen weiteren
Titel geben wird.
Erfrischende Sommerlesekost.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 06/2005)
Maria Beaumont: "Marsha Mellow und
ich"
(Originaltitel "Marsha Mellow and me")
Übersetzt von Claudia
Geng.
Lübbe, 2005. 380 Seiten.
ISBN 3-404-15352-9.
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