Willem Elsschot: "Käse"
"Käse"
ist eine lustig erzählte kleine Geschichte
Ein Mann, Frans Laarmans, erzählt aus seiner Sicht seinen
beruflichen Abstecher vom kleinen Buchhalter einer Werft in die
Tätigkeit eines freiberuflichen Käsevertreters.
Über den Tod seiner Mutter wird Frans Laarmans in den
Bekanntenkreis seines Bruders eingeführt, wo er sich anfangs
als kleiner Angestellter fehl am Platz vorkommt. Einer dieser Bekannten
stellt den Kontakt zu einer Käsefirma her, deren
Generalvertreter für Belgien und das Großherzogtum
Luxemburg Laarmans werden soll. Er lässt sich für
drei Monate vom Dienst beurlauben - sein Bruder, ein Arzt, schreibt ihn
krank, obwohl er nicht krank ist - und er eröffnet sein
Büro in seinem Haus.
Der Käse wird geliefert, 20 Tonnen "vollfetter" Edamer. Als
die Lieferung kommt, wird sich Frans Laarmans der Ausmaße
seines Tuns zwar bewusst, verkennt jedoch die Realität. Er
stellt die Lieferung erst einmal in einem "Patentkeller" am Hafen ab.
Der Käseverkauf gestaltet sich schwieriger, als er gedacht
hat. Zu seinem Bedauern kann er selbst nur einige Laibe an Bekannte
verkaufen. Mit einer Stellenausschreibung versucht er Mitarbeiter zu
gewinnen, doch diese helfen ihm wenig. Er hat keine Erfahrung mit
seiner neuen Aufgabe und weiß hinten und vorne nicht, wie er
es anpacken soll, macht aber munter und naiv weiter.
Frans Laarmans hält sich in seinen Vorbereitungen zur
Büroeröffnung immer mit Nebensächlichkeiten
auf. Er hat keine Ahnung vom Käseverkauf. Eines Abends findet
er sich vor einem Käsegeschäft wieder und nimmt sich
vor, dort seinen guten vollfetten Edamer anzubieten. Dabei trifft er
auf einen Konkurrenten im Käsegroßhandel, der ihn
kollegial und freundlich auf die Realitäten seines
Geschäftes aufmerksam macht.
Als sich sein Vorgesetzter ankündigt, um den Verkauf des
Käses mit ihm abzurechnen, gerät Laarmans in Panik
und öffnet die Türe bei dessen Ankunft nicht. Er
schickt den Käse zurück und überweist den
Erlös aus den wenigen Verkäufen an die Firma.
Anderntags geht er wieder in die Schiffswerft, um dort erneut als
kleiner Buchhalter zu arbeiten.
Elsschot stellt in diesem Roman mit der Sprache die
Persönlichkeit seines Hauptdarstellers gekonnt nach. Durch die
einfache, naiv gehaltene Sprache, in der Laarmans von seiner
Unternehmung berichtet, wird das Buch zu einem Lesevergnügen
besonderer Art. Als Leser weiß man schon immer im Voraus,
dass dieses Käsegeschäft, Laarmans schmeckt
Käse übrigens überhaupt nicht, in die Binsen
gehen wird.
Willem Elsschot wurde als Alfons de Ridder 1882 in Antwerpen geboren.
Er benannte sich nach einem Landstrich nördlich von
Brüssel.
Wegen schlechter Führung musste er mit sechzehn vom Gymnasium
abgehen und verdingte sich als Laufbursche. Auf Drängen des
Bruders absolvierte er die Handelshochschule in Antwerpen und war in
Paris, Rotterdam und Brüssel in verschiedenen
kaufmännischen Funktionen tätig. Während des
Ersten Weltkrieges arbeitete er als Sekretär und danach als
Korrespondent. 1919 gründete er eine erfolgreiche Werbeagentur
und 1931 eine eigene Firma.
Sein Debüt als Schriftsteller feierte er 1900 mit Gedichten in
der Zeitschrift "Alvoorder". Während seiner Zeit in Paris und
Rotterdam entstanden Gedichte, die er 1934 in "Verzen von vroeger"
("Verse von früher") veröffentlichte.
Elsschot schrieb ohne das Wissen seiner Familie insgesamt elf Romane.
Der erste, "Villa des Roses", erschien 1910, "Käse" kam 1933
heraus. Ihm folgte ein Jahr später eine zweite Geschichte von
Frans Laarmans, nämlich "Tsjip". 1942 erschien "Pensioen".
Für seine Romane "Käse" und "Pensionen" wurde er
jeweils mit dem Preis der flämischen Provinzen ausgezeichnet.
Elsschot erhielt ferner 1948 den Staatspreis für
erzählende Prosa, und für sein Gesamtwerk bekam er
1951 den Constantijn-Huygens-Preis. Zudem wurde er nach seinem Tod mit
dem Staatsprijs voor Litteratuur ausgezeichnet.
"Käse" wurde im Jahr 2000 verfilmt, Regie führte
Orlow Seunke. Ebenso verfilmt wurden "Lijmen/Het been" (Regie: Robbe de
Hert) und "Villa des Roses" (Regie: Frank van Passel).
(Ingrid)
Willem
Elsschot: "Käse"
(Originaltitel "Kaas")
Aus dem Niederländischen von Agnes Kalmann-Matter und Gerd
Busse.
Mit einem Nachwort von Gerd Busse.
Unionsverlag. 144 Seiten.
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Weitere
Bücher des Autors:
"Leimen"
Frans Laarmans hat den grauen Büroalltag gründlich
satt. Da tut sich ihm unverhofft die Chance zu einer glanzvollen
Karriere
auf: Ch. A. F. D. Boorman, Herausgeber der "Allgemeinen Weltzeitschrift
für Finanzen, Handel, Gewerbe, Kunst und Wissenschaft" sowie
Generaldirektor des "Museums für einheimische und
ausländische Erzeugnisse", bietet ihm eine Stelle als
Sekretär und späterer Nachfolger an. Laarmans
schlägt ein - und merkt zu spät, wem er seine Seele
verkauft hat.
Nun wird er in die hohe Kunst des "Leimens" eingeführt:
Boorman ist nämlich mitnichten Herausgeber einer
seriösen Zeitschrift, sondern ein gerissener
Betrüger, der genau weiß, wie man die Maschinerie
der Marktwirtschaft für sich arbeiten lässt. Laarmans
imponiert der hemdsärmelige Boorman, und doch kann er sein
Mitgefühl für die Betrogenen nicht ganz verleugnen.
(Unionsverlag)
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"Maria
in der Hafenkneipe"
Eine weihnachtliche Symphonie heiterer Brüderlichkeit.
Ein regennasser, kalter Wintertag - und Feierabend für Frans
Laarmans. Er hat
die besten Vorsätze und will schnurstracks nach Hause. Da
kommen ihm drei
afghanische Matrosen in die Quere. Sie halten ihm den Boden einer
Zigarettenschachtel unter die
Nase,
worauf in Krakelschrift der Name "Maria"
und eine Adresse stehen. Eine Dame von zweifelhaftem Ruf?
Laarmans lässt alle Vorsätze fahren und geht mit den
drei Fremdlingen auf die
Suche. Als gegen
Mitternacht
ihre abenteuerlichen Reise durch die Gassen
Antwerpens endet, sind sie nicht nur Freunde geworden, sondern haben zu
ihrer
eigenen Überraschung auch allerlei Glaubensrätsel und
Kulturdifferenzen gelöst,
für die Andere mehr als ein Leben brauchen.
Elsschot, der mit "Käse" auch auf den deutschen
Verkaufsbestenlisten
stand, zeigt sich hier von seiner besten heiter-nachdenklichen Seite.
"Maria
in der Hafenkneipe" gilt als sein Vermächtnis und wurde 1948
mit dem
belgischen Staatspreis ausgezeichnet. (Unionsverlag)
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