Yasushi Inoue: "Das Jagdgewehr"
Das
im März 2007 im Suhrkamp-Verlag als gebundene Ausgabe
erschienene Buch aus der Feder des 1991 verstorbenen Yasushi Inoue
entstand ursprünglich 1949. Diese Novelle bedeutete nicht nur
für Inoue den Durchbruch, sondern prägte auch die
japanische Literatur ganz entscheidend mit und zählt
international zu den bekanntesten japanischen Werken.
Der anfängliche Erzähler der Geschichte ist ein
Gegner des Jagens. Als ihm eines Tages ein Freund die Gelegenheit gibt,
ein Gedicht in einer Jagdzeitschrift zu veröffentlichen,
ergreift er diese Chance, allerdings nicht, ohne im Rahmen des Gedichts
seine kritische persönliche Einstellung zum Ausdruck zu
bringen. Im Nachhinein bedauert der Schriftsteller sein unbedachtes
Vorgehen, tröstet sich jedoch damit, dass die meisten Leser
sein Gedicht vermutlich nicht einmal gelesen haben würden.
Dass dies nicht ganz zutrifft, erfährt der Erzähler
etwa zwei Monate später, als ihm ein Fremder schreibt, der
davon überzeugt ist, dass der Jäger am Amagi-Berg,
der im Gedicht beschrieben wird, wie er vom Dichter gesehen und
wahrgenommen wurde, er selbst ist. Um dem Dichter zu erklären,
was genau dieser an jenem Tag gesehen hat, gewährt er ihm
einen Blick hinter die Kulissen und sendet ihm drei Briefe.
Diese Briefe, verfasst von der Nichte des Fremden, seiner Gattin und
seiner Schwägerin, erzählen die Geschichte einer
heimlichen Liebe, berichten von Einsamkeit, Schmerz und Reue, aber auch
von dem grundlegenden Unterschied zwischen der Absicht, zu lieben und
der, geliebt werden zu wollen.
Die hier von Oscar Benl übersetzte Geschichte ist wirklich ein
Meisterwerk. Knapp, kühl, distanziert sind einige Worte, die
einem beim Lesen primär in den Sinn kommen. Die Masse der
Emotionen, die sich dahinter verbirgt, Liebe, Schmerz, Trauer,
Eifersucht, Verzweiflung, Unverständnis ..., all diese
erschließen sich hauptsächlich zwischen den Zeilen
und bleiben dem allzu fahrigen Leser vielleicht sogar verborgen. Hierin
zeigt sich eine Poesie, welche die des eingehenden Gedichtes bei weitem
übersteigt, sowie eine Menge Philosophie mit der Aussage,
hinter die Dinge zu schauen und in den Menschen zu blicken.
Mitsamt dem Nachwort
von Cees
Nooteboom umfasst das Buch gerade einmal 101 Seiten und ist
somit recht rasch gelesen. Sein Inhalt vermag den Leser jedoch mit
Sicherheit sehr viel länger zu beschäftigen, so wie
das beinahe sechzig Jahre alte Werk auch als absolut zeitlos gelten
kann.
(Tanja Elskamp; 06/2007)
Yasushi
Inoue: "Das Jagdgewehr"
Aus dem Japanischen von Oscar Benl.
Mit einem Nachwort von Cees Nooteboom.
Suhrkamp, 2007. 101 Seiten.
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Am
6. Mai 1907 wurde Yasushi Inoue in Asahikawa auf der japanischen Insel
Hokkaido geboren. Als junger Mann durchbrach er die
Familientradition, nach der die Söhne seit sieben Generationen
Ärzte geworden waren, und studierte zunächst Jura,
später Kunstgeschichte. Nach seinem Examen arbeitete er als
Journalist. Erst um 1950 etablierte er sich als freier Schriftsteller.
Inoue verstarb am 29. Januar 1991 in Tôkyô.
Weiteres Bücher des Autors (Auswahl):
"Der Tod des Teemeisters"
Yasushi Inoues historischer Roman führt uns ins Japan des
ausgehenden 16., beginnenden 17. Jahrhunderts. Es ist die Zeit der
Shogune und der Samurai.
Der geheimnisumwitterte Tod des berühmten Teemeisters Sen no
Riky-u (1522-1591), des Begründers der japanischen
Teezeremonie, gibt bis heute Anlass zu Spekulationen. Als Meister
Riky-u im Alter von 69 Jahren als offizieller Teemeister auf dem
Höhepunkt seines Ruhmes steht, begeht er Selbstmord. Den
Befehl dazu erhielt er von dem Kriegsherrn Hideyoshi, in dessen
Diensten er stand.
Weigerte sich Sen no Riky-u, seine der Einfachheit verpflichtete Kunst
als politisches Machtinstrument missbrauchen zu lassen? Oder sollte mit
dem Tod des Teemeisters die höchste Stufe der Vollendung der
Teezeremonie erreicht
werden?
Riky-us Schüler, der Mönch Honkaku, zieht sich nach
dem Tod seines Meisters in die Einsamkeit zurück und beginnt,
nach den Hintergründen der mysteriösen
Selbsttötung zu forschen. In einem Tagebuch zeichnet er die
Chronologie der Ereignisse nach, spürt Intrigen und geheime
Machenschaften auf ...
"Der Tod des Teemeisters", erschienen 1981, ist eines der wichtigsten
Werke Inoues. Es gilt als eine Art künstlerisches
Vermächtnis. Wie schon in seiner frühen
Erzählung "Das Jagdgewehr" zeigt er sich auch hier als
großartiger Geschichtenerzähler, der es meisterhaft
versteht, ahistorische Themen wie den Widerspruch zwischen Individuum
und Gesellschaft, den Konflikt zwischen Pflichterfüllung und
eigener Überzeugung sowie zwischen Kunst und Leben zu
veranschaulichen. (Suhrkamp)
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"Das Tempeldach"
"Das Tempeldach" schildert zwei China-Gesandtschaften, mit denen sich
die japanische Regierung um engere Verbindung mit dem Weltreich der
T'ang bemühte und möglichst umfassende Kenntnisse der
bewunderten chinesischen Kultur ins Inselreich
herüberzubringen suchte. Der ersten Gesandtschaft im Jahr 731
gehörten zwei buddhistische Mönche an, die einen
Meister zur Reise nach Japan bewegen sollten - was ihnen auch gelang.
Mit der zweiten Gesandtschaft fuhr Chien-chên, einer der
bedeutendsten Geistlichen, mit ihnen
nach Japan. (Suhrkamp)
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