Toril Brekke: "Die Reise nach Westen"
Seit
ihrem Buch "Die
Frauen vom Fjord" haben sich auch im deutschsprachigen Raum
viele Leser mit dieser außergewöhnlichen
norwegischen Autorin bekannt gemacht. Dabei ist sie seit Jahrzehnten in
Norwegen einer der bekanntesten Schriftstellerinnen, war
jahrelang
Vorsitzende des dortigen "PEN-Clubs". Neben vielen zum Teil
historischen Romanen schreibt Toril Brekke auch Kinder- und
Jugendbücher.
Der Roman "Elises Traum" und sein zweiter Teil "Die Reise nach Westen"
gehen zurück in die norwegische Vergangenheit und schlagen die
Brücke zur Neuen Welt, für viele Norweger damals die
große Hoffnung auf ein neues Leben.
Zum besseren Verständnis ein kurzer Rückblick auf den
ersten Teil. Wir schreiben das Jahr 1812. Harvard kehrt nach langen
Jahren in englischer Gefangenschaft nach Norwegen zurück und
verdingt sich dort als Knecht bei einem Bauern. Dort begegnet er der
Magd Elise. Er verliebt sich in sie und kann seine Existenz in dieser
Liebe wieder verankern. Elise und ihr geistig behinderter Bruder sind
als Waisenkinder bei lieblosen Verwandten untergekommen. Irgendwann
hält Harvard um Elises Hand an, nachdem er das Vertrauen des
Bruders erworben hat, und will mit beiden in die USA auswandern.
Doch als das Schiff endlich ablegt, als der Traum beginnen soll, ist
Harvard nicht an Bord. Die mittlerweile schwangere Elise ist
verzweifelt. Wie soll sie allein das Kind durchbringen? Zu diesem
Zeitpunkt weiß sie noch nicht, dass ihr Mann im
Gefängnis sitzt, und dass es noch viele Jahre dauern wird, bis
sie ihn in den USA wiedersehen wird.
Der Roman erzählt dann von Elises schwerem Schicksal in den
Vereinigten Staaten von Amerika und von der verzweifelten Suche
Harvards nach seiner Frau, die er sofort nach seiner Entlassung aus dem
Gefängnis startet.
Toril Brekke begibt sich einfühlsam auf die Spurensuche nach
den ersten norwegischen Auswanderern. Sie beschreibt ihre Figuren mit
viel Liebe und Verständnis. In der Fortsetzung, dem zweiten
Teil einer noch zu vollendenden Trilogie über das Schicksal
der norwegischen Auswanderer in die Neue Welt, lässt sie die
Handlung im Jahr 1843 beginnen. Nach einer kurzen Erklärung,
die das weitere Schicksal von Elise und Harvard beschreibt, geht es in
der Folge um das abenteuerliche Leben Brendas, der Tochter von Elise
und von Holje, eines Stiefsohns von Brendas Vater Hakan.
Es geht um eine stille Liebe von Holje zu Brenda, die sich als Hure
verdingt, nachdem ihr Vater Hakan sie abgewiesen hat. Und es geht um
Gold, Gold, Gold.
Toril Brekke versteht es meisterhaft, zu beschreiben,
wie der Goldrausch unzählige Menschen, die wegen der
Glaubensfreiheit und besserer Lebensbedingungen in die USA gingen,
erfasst und sie langsam aber sicher zerstört. Sie zeichnet mit
feinen Strichen die besondere Kultur und Gemeinschaft der norwegischen
Gemeinschaften in den USA nach, die sich immer wieder zusammenfinden
und auch zusammenhalten. Dabei legt sie stets Wert auf die Schilderung
ihrer ganz eigenen religiösen Traditionen und Praktiken.
Fazit:
"Die Reise nach Westen" ist ein fesselnder, bewegender Roman mit ganz
eigenen Charakteren; Menschen, die sich auch durch viele
Schicksalsschläge nicht unterkriegen lassen und an ihrem Traum
von einem neuen Leben festhalten.
Auf den dritten Teil, der den Leser sicher ins
beginnende zwanzigste
Jahrhundert führen wird, darf man gespannt sein.
(Winfried Stanzick; 05/2010)
Toril
Brekke: "Die Reise nach Westen"
(Originaltitel "Gullrush")
Übersetzt von Gabriela Haefs.
Droemer, 2010. 450 Seiten.
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Weitere
Lektüretipps:
Toril Brekke: "Elises Traum"
Norwegen 1825: Elise und Håvard möchten in ein neues
Leben nach Amerika
aufbrechen. Doch als das Schiff ablegt, ist Håvard nicht an
Bord. Die
schwangere Elise ist verzweifelt. Sie weiß nicht, dass ihr
Mann unschuldig im
Gefängnis sitzt und es Jahre dauern wird, bevor sich ihre Wege
wieder kreuzen.
(Knaur)
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Hans
Herbjørnsrud: "Die Brunnen"
Die Erzählungen des preisgekrönten norwegischen
Autors lesen sich wie rätselhafte
Sagen aus einer anderen Zeit - und sind doch ganz gegenwärtig.
Hans Herbjørnsrud
ist Schriftsteller und Bauer, und diese Doppelexistenz spiegelt sich in
seiner
Literatur: Seine Erzählungen sprengen die Grenzen der
Realität, öffnen sich
dem Irrationalen, der Welt der Träume und Visionen, zielen auf
die blinden
Flecken unseres Denkens und unserer Seele. Gleichzeitig sind sie
bodenständig
und der konkreten ländlichen Umgebung verhaftet, in der sie
entstehen: der
Telemark, eines Landstrichs im Süden Norwegens. Hier
entzündet sich z.B. im
Jahre 1835 an einem falschen Grenzstein ein Streit zwischen
Brüdern, der zum
Brudermord führt, welcher den romantischen Dichter Wergeland
zu einem visionären
Gedicht inspiriert und ihn letztlich in Wahnsinn und Tod treibt. Ein
Lehrer, der
sich anschickt, das alles aufzuschreiben, versiegelt
schließlich das
Beweismaterial im Brunnenschacht vor dem Haus, weil er
fürchtet, die Welt sei
noch nicht bereit für die Wahrheit ...
In jeder der fünf Geschichten in Hans Herbjørnsruds
Erzählband durchdringen
sich Reales und Imaginäres, und in jeder taucht ein Brunnen
auf; er kann ein
Abgrund sein, der in die tiefsten Schichten der menschlichen Seele
führt, aber
auch ein Ort des Übergangs in andere Zeit- und
Bewusstseinsschichten, eine Tür
für Assoziationen und Träume. (Luchterhand
Literaturverlag)
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August Strindberg, Toril Brekke, Linn
Ullmann, Sjón: "Mittsommerfeuer.
Skandinavische Liebesgeschichten"
Am 21. Juni, in der Mittsommernacht, ist es Brauch, dass sich die
Liebespaare an
der Hand nehmen und über das Mittsommerfeuer springen, um ihre
Liebe zu prüfen
und sich Geschichten über die Liebe zu erzählen.
In dieser einzigartigen skandinavischen Anthologie erzählen
preisgekrönte
klassische Schriftsteller wie Amalie Skram, Tove Jansson und August
Strindberg
neben modernen Autoren wie Toril Brekke, Katerina Mazetti,
Sjón, Linn Ullmann, Herbjørg
Wassmo und vielen mehr Geschichten über die hellen
und dunklen Seiten der
Liebe vor der gewaltigen Kulisse der nordischen Natur. Die
ausgewählten Erzählungen
entführen den Leser in eine Welt voller Romantik, Leidenschaft
und glücklichem
Ende. Aber auch die Peinlichkeiten der ersten Liebe, die komischen
Momente und
die tragische, abgründige und zerstörerische Seite
der Liebe werden nicht
ausgespart.
Diese Mischung aus erstmals auf Deutsch veröffentlichten
Geschichten, aus
Klassikern und zeitgenössischen Erzählungen
gewährt einen tiefen Einblick in
die skandinavische Seele. Ein Leseerlebnis, das berührt und
atemlos zurücklässt.
(Droemer)
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