Wolf     Einst auf der ganzen nördlichen Halbkugel verbreitet, heute in vielen Regionen ausgerottet, war und ist der Wolf ein zugleich gefürchtetes und gehasstes, bewundertes und verehrtes Tier. In den Mythen hat er positive wie negative Bedeutungen. Den Griechen galt er als Symbol des flüchtigen Mörders, aber auch als Begleiter des Apollon. Bei den Römern war er das Tier des Kriegsgottes Mars, aber auch das Wahrzeichen der Stadt Rom, deren Gründer Romulus und Remus nach der Sage von einer Wölfin gesäugt wurden. Odin (Wotan), ursprünglich ein Totengott, wird von zwei Wölfen begleitet. Der Dämon Loki tritt in Wolfsgestalt auf, um den Mond zu fressen; sein Sohn, der Wolf Fenrir, verschlingt beim Weltenende die Sonne.
Geächtete, das heißt wegen eines Verbrechens aus der Gemeinschaft Ausgestoßene, mussten einen Wolfspelz oder Wolfskopf tragen. Das altnordische Wort vargr, das zugleich den Wolf und den Geächteten bezeichnet, ist noch im französischen loup-garou ("Werwolf") erkennbar. Der Wolf gilt also wie der Vampir als ein Geschöpf, das außerhalb der Gemeinschaft steht, das aber immer wieder raubend und mordend in sie einbricht, und seine äußeren Merkmale (Fangzähne, Krallen, funkelnde Augen) sind in das Erscheinungsbild des Vampirs eingeflossen. Zahlreichen Sagen und Berichten zufolge können sich Vampire in Wölfe bzw. Werwölfe in Vampire verwandeln. Gemäß dem Prinzip der Wesensgleichheit kann aber der Wolf oder sein domestizierter Bruder,
der Hund, auch Vampire aufspüren und vernichten. Das Motiv des Gestirnverschlingens erscheint beim albanischen lugat und beim rumänischen vîrcolac.


(Aus "Das Buch der Vampire. Von Dracula, Untoten und anderen Fürsten der Finsternis" von Matthew Bunson. Mehr über dieses Buch erfahren Sie hier ...)