(...) – der junge Ponto
los auf mein neuestes Manuskript, das neben mir lag, faßte es, ehe ich's verhindern
konnte, zwischen die Zähne und rannte damit spornstreichs auf und davon. Er
stieß dabei ein schadenfrohes Gelächter aus, und schon dies hätte mich vermuten
lassen sollen, daß nicht bloßer jugendlicher Mutwille ihn zur bösen Tat spornte,
sondern daß noch etwas mehr im Spiele war. Bald wurde ich darüber aufgeklärt.
Nach ein paar Tagen trat der Mann, bei dem der junge Ponto in Diensten, hinein
zu meinem Meister. Es war, wie ich nachher erfahren, Herr Lothario, Professor
der Ästhetik am Gymnasio zu Sieghartsweiler. – Nach gewöhnlicher Begrüßung schaute
der Professor im Zimmer umher und sprach, als er mich erblickte: »Wolltet Ihr
nicht, lieber Meister, den Kleinen dort aus der Stube entfernen?« »Warum«, fragte
der Meister, »warum? – Ihr konntet doch sonst die Katzen leiden, Professor,
und vorzüglich meinen Liebling, den zierlichen, gescheiten Kater Murr!« – »Ja«,
sprach der Professor, indem er höhnisch lachte, »ja, zierlich und gescheit,
das ist wahr! – Aber tut mir den Gefallen, Meister, und entfernt Euern Liebling,
denn ich habe Dinge mit Euch zu reden, die er durchaus nicht hören darf.« »Wer?«
rief Meister Abraham, indem er den Professor anstarrte. »Nun«, fuhr dieser fort,
»Euer Kater. Ich bitte Euch, fragt nicht weiter, sondern tut, worum ich Euch
bitte.« »Das ist doch seltsam«, sprach der Meister, indem er die Türe des Kabinetts
öffnete und mich hineinrief. Ich folgte seinem Ruf; ohne daß er es gewahrte,
schlüpfte ich aber wieder hinein und verbarg mich im untersten Fach des Bücherschranks,
so daß ich unbemerkt das Zimmer übersehen und jedes Wort, das gesprochen wurde,
vernehmen konnte.
»Nun möchte ich«, sprach Meister Abraham, indem er sich dem Professor gegenüber
in seinen Lehnstuhl setzte, »nun möchte ich doch in aller Welt wissen, welch
ein Geheimnis Ihr mir zu entdecken habt, das meinem ehrlichen Kater Murr verschwiegen
bleiben soll.«
»Sagt mir«, begann der Professor ernst und nachdenklich, »sagt mir zuvörderst,
lieber Meister, was haltet Ihr von dem Grundsatz, daß, nur körperliche Gesundheit
vorausgesetzt, sonst ohne Rücksicht auf angeborne geistige Fähigkeit, auf Talent,
auf Genie, vermöge einer besonders geregelten
Erziehung
aus jedem Kinde in kurzer Zeit, mithin noch in den Knabenjahren, ein Heros in
Wissenschaft und Kunst geschaffen werden kann?«
»Ei«, erwiderte der Meister, »was kann ich von diesem Grundsatz anders halten,
als daß er albern und abgeschmackt ist? Möglich, ja sogar leicht mag es sein,
daß man einem Kinde, das die Auffassungsgabe, wie sie ungefähr bei den Affen
anzutreffen, und ein gutes Gedächtnis besitzt, eine Menge Dinge systematisch
eintrichtern kann, die es dann vor den Leuten auskramt; nur muß es diesem Kinde
durchaus an allem natürlichen Ingenium fehlen, da sonst der innere bessere Geist
der heillosen Prozedur widerstrebt. Wer wird aber jemals solch einen einfältigen,
mit allerlei verschluckbaren Brocken des Wissens dick gemästeten Jungen einen
Gelehrten im echten Sinne des Worts nennen?«
»Die Welt«, rief der Professor heftig, »die ganze Welt! – Oh, es ist entsetzlich!
– Aller Glaube an die innere, höhere, angeborne Geisteskraft, die allein nur
den Gelehrten, den Künstler schafft, geht ja über jenen heillosen, tollen Grundsatz
zum Teufel!«
»Ereifert Euch nicht«, sprach der Meister lächelnd, »soviel ich weiß, ist bis
jetzt in unserm guten Deutschland nur ein einziges Produkt jener Erziehungsmethode
aufgestellt worden, von dem die Welt eine Zeitlang sprach und zu sprechen aufhörte,
als sie einsah, daß das Produkt eben nicht sonderlich geraten. Zudem fiel die
Blütezeit jenes Präparats in die Periode, als gerade die Wunderkinder in die
Mode gekommen, die, wie sonst mühsam abgerichtete
Hunde und
Affen, gegen ein
billiges Entree ihre Künste zeigten.«
»So sprecht Ihr nun«, nahm der Professor das Wort, »so sprecht Ihr nun, Meister
Abraham, und man würde Euch glauben, kennte man nicht den verborgenen Schalk
in Euch, wüßte man nicht, daß Euer ganzes Leben eine Reihe der wunderlichsten
Experimente darbietet. Gesteht es nur, Meister Abraham, gesteht es nur, Ihr
habt ganz im stillen, im geheimsten Geheim, experimentiert nach jenem Grundsatz;
aber überbieten wolltet Ihr den Mann, den Verfertiger jenes Präparats, von dem
wir sprachen. – Ihr wolltet, wart Ihr ganz fertig, hervortreten mit Eurem Zögling
und alle Professoren in der ganzen Welt in Erstaunen versetzen und Verzweiflung,
Ihr wolltet den schönen Grundsatz: ›non ex quovis ligno fit Mercurius‹ ganz
und gar zuschanden machen! – Nun, kurz, der quovis ist da, aber kein Mercurius,
sondern ein Kater!« – »Was sagt Ihr«, rief der Meister, indem er laut auflachte,
»was sagt Ihr, ein Kater?«
»Leugnet es nur nicht«, fuhr der Professor fort, »leugnet es nur nicht, an dem
Kleinen dort in der Kammer habt Ihr jene abstrakte Erziehungsmethode versucht,
Ihr habt ihn lesen, schreiben gelehrt, Ihr habt ihm die Wissenschaften beigebracht,
so daß er sich schon jetzt unterfängt, den Autor zu spielen, ja sogar Verse
zu machen.«
»Nun«, sprach der Meister, »das ist doch in der Tat das Tollste, was mir jemals
vorgekommen! – Ich meinen Kater erziehen, ich ihm die Wissenschaften beibringen!
– Sagt, was für Träume rumoren in Eurem Sinn, Professor? – Ich versichere Euch,
daß ich von meines Katers Bildung nicht das mindeste weiß, dieselbe auch für
ganz unmöglich halte.«
»So?« fragte der Professor mit gedehntem Ton, zog ein Heft aus der Tasche, das
ich augenblicklich für das mir von dem jungen Ponto geraubte Manuskript erkannte,
und las:
Ha, welch Gefühl,
das meine Brust beweget?
Was sagt dies unruh-ahnungsvolle Beben,
Will sich zum kühnen Sprung der Geist erheben,
Vom Sporn des mächtigen Genius erreget?
Was ist es, was der
Sinn im Sinne traget,
Was will dem liebesdrangerfüllten Leben
Dies rastlos brennend feurig-süße Streben,
Was ist es, das im bangen Herzen schlaget?
Entrückt werd ich
nach fernen Zauberlanden,
Kein Wort, kein Laut, die Zunge ist gebunden,
Ein sehnlich Hoffen weht mit Frühlingsfrische,
Befreit mich bald
von drückend schweren Banden.
Erträumt, erspürt, im grünsten Laub gefunden!
Hinauf mein Herz! beim Fittich ihn erwische!
Ich hoffe, daß jeder
meiner gütigen Leser die Musterhaftigkeit dieses herrlichen Sonetts, das aus
der tiefsten Tiefe meines Gemüts hervorfloß, einsehen und mich um so mehr bewundern
wird, wenn ich versichere, daß es zu den ersten gehört, die ich überhaupt verfertigt
habe. Der Professor las es aber in seiner Bosheit so ohne allen Nachdruck, so
abscheulich vor, daß ich mich kaum selbst erkannte, und daß ich, von plötzlichem
Jähzorn, wie er jungen Dichtern wohleigen, übermannt, im Begriff war, aus meinem
Schlupfwinkel hervor dem Professor ins Gesicht zu springen und ihn die Schärfe
meiner Krallen fühlen zu lassen. Der kluge Gedanke, daß ich doch, wenn beide,
der Meister und der Professor, sich über mich hermachten, notwendig den kürzern
ziehen müsse, ließ mich meinen Zorn mit Gewalt niederkämpfen, jedoch entfuhr
mir unwillkürlich ein knurrendes Miau, das mich unfehlbar verraten haben würde,
hätte der Meister nicht, da der Professor mit dem Sonett fertig, aufs neue eine
dröhnende Lache aufgeschlagen, die mich beinahe noch mehr kränkte als des Professors
Ungeschick.
»Hoho«, rief der Meister, »wahrhaftig, das
Sonett
ist eines Katers vollkommen würdig, aber noch immer verstehe ich nicht Euern
Spaß, Professor, sagt mir nur lieber geradezu, wo Ihr hinauswollt.«
Der Professor, ohne dem Meister zu antworten, blätterte im Manuskript und las
weiter:
Glosse
Liebe schwärmt auf
allen Wegen,
Freundschaft bleibt für sich allein,
Liebe kommt uns rasch entgegen,
Aufgesucht will Freundschaft sein.
Schmachtend wehe, bange
Klagen
Hör ich überall ertönen,
Ob den Sinn zum Schmerz gewöhnen,
Ob zur Lust, ich kann's nicht
sagen,
Möchte oft mich selber fragen,
Ob ich träume, ob ich wache.
Diesem Fühlen, diesem
Regen,
Leih ihm, Herz, die rechte Sprache;
Ja, im Keller, auf dem Dache,
Liebe schwärmt auf allen Wegen!
Doch es heilen alle
Wunden,
Die der Liebesschmerz geschlagen,
Und in einsam stillen Tagen
Mag, von aller Qual entbunden,
Geist und Herz wohl bald gesunden;
Art'ger Kätzchen los
Gehudel,
Darf es auf die Dauer sein?
Nein! – fort aus dem bösen Strudel,
Untern Ofen mit dem Pudel,
Freundschaft bleibt für sich allein!
Wohl ich weiß es –
»Nein«, unterbrach
hier der Meister den lesenden Professor, »nein, mein Freund, Ihr macht mich
in der Tat ungeduldig, Ihr oder ein anderer Schalk hat sich den Spaß gemacht,
im Geist eines Katers, der nun gerade mein guter Murr sein soll, Verse zu machen,
und nun foppt Ihr mich den ganzen Morgen damit herum. Der Spaß ist übrigens
nicht übel und wird vorzüglich dem Kreisler sehr wohl gefallen, der wohl nicht
unterlassen dürfte, damit eine kleine Parforcejagd anzustellen, in der Ihr am
Ende selbst ein gehetztes Wild sein könntet. Aber nun laßt Eure sinnreiche Einkleidung
fahren und sagt mir ganz ehrlich und trocken, was es mit Eurem seltsamen Spaß
eigentlich für eine Bewandtnis hat.«
Der Professor schlug das Manuskript zusammen, sah dem Meister ernst ins Auge
und sprach dann: »Diese Blätter brachte mir vor einigen Tagen mein Pudel Ponto,
der, wie Euch bekannt sein wird, mit Eurem Kater Murr in freundschaftlichen
Verhältnissen lebt. Zwar trug er das Manuskript zwischen den Zähnen, wie er
nun einmal alles zu tragen gewohnt ist, indessen legte er es mir doch ganz unversehrt
in den Schoß und gab mir dabei deutlich zu verstehen, daß er es von keinem andern
habe, als von seinem Freunde Murr. Als ich nun einen Blick hineinwarf, fiel
mir gleich die ganz besondere, eigentümliche Handschrift auf, als ich aber einiges
gelesen, stieg in mir, selbst weiß ich nicht, auf welche unbegreifliche Art,
der seltsame Gedanke auf, Murr könnte das alles selbst gemacht haben. So sehr
mir die Vernunft, ja, eine gewisse Lebenserfahrung, der wir alle nicht entgehen
können, und die am Ende nun wieder weiter nichts ist als die Vernunft, so sehr
mir also eben diese Vernunft sagt, daß jener Gedanke unsinnig, da Kater weder
zu schreiben noch Verse zu machen imstande, so konnte ich ihn doch durchaus
nicht loswerden. Ich beschloß, Euern Kater zu beobachten, und stieg, da ich
von meinem Ponto wußte, daß Murr viel auf Eurem Boden hausiere, auf meinen Boden,
nahm einige Dachziegel herab, so daß ich mir die freie Aussicht in Eure Dachluken
verschaffte. Was gewahrte ich! – Hört es und erstaunt! – In dem einsamsten Winkel
des Bodens sitzt Euer Kater! – sitzt aufgerichtet vor einem kleinen Tisch, auf
dem Schreibzeug und Papier befindlich, sitzt und reibt sich bald mit der Pfote
Stirn und Nacken, fährt sich übers Gesicht, tunkt bald die Feder ein, schreibt,
hört wieder auf, schreibt von neuem, überliest das Geschriebene, knurrt (ich
konnte es hören), knurrt und spinnt vor lauter Wohlbehagen. – Und um ihn her
liegen verschiedene Bücher, die, nach ihrem Einband, aus Eurer Bibliothek entnommen.«
»Das wäre ja der Teufel«, rief der Meister, »nun so will ich dann gleich nachsehen,
ob mir Bücher fehlen.«
Damit stand er auf und trat an den Bücherschrank. Sowie er mich erblickte, prallte
er drei Schritte zurück und blickte mich an voll Erstaunen. Aber der Professor
rief: »Seht Ihr wohl, Meister! Ihr denkt, der Kleine sitzt harmlos in der Kammer,
in die Ihr ihn eingesperrt, und er hat sich hineingeschlichen in den Bücherschrank,
um zu studieren, oder noch wahrscheinlicher, um uns zu belauschen. Nun hat er
alles gehört, was wir gesprochen, und kann seine Maßregeln darnach nehmen.«
»Kater«, begann der Meister, indem er fortwährend den Blick voll Erstaunen auf
mir ruhen ließ, »Kater, wenn ich wüßte, daß du, deine ehrliche natürliche Natur
ganz und gar verleugnend, dich wirklich darauf verlegtest, solche vertrackte
Verse zu machen, wie sie der Professor vorgelesen, wenn ich glauben könnte,
daß du wirklich den Wissenschaften nachstelltest, statt den Mäusen, ich glaube,
ich könnte dir die Ohren wund zwicken, oder gar –«
Mich überfiel eine schreckliche Angst, ich kniff die Augen zu und tat, als schliefe
ich fest.
»Aber nein, nein«, fuhr der Meister fort, »schaut nur einmal her, Professor,
wie mein ehrlicher Kater so sorglos schläft, und sagt selbst, ob er in seinem
gutmütigen Antlitz etwas trägt, das auf solche geheime wunderbare Schelmereien,
wie Ihr sie ihm schuld gebt, gedeutet werden könnte – Murr! – Murr! –«
So rief der Meister mich an, und ich unterließ nicht wie gewöhnlich mit meinem
Krr – Krr – zu antworten, die Augen aufzuschlagen, mich zu erheben und einen
sehr anmutigen Katzenbuckel zu machen.
Der Professor warf mir voller Zorn mein Manuskript an den Kopf, ich tat aber
(die mir angeborene Schlauheit gab es mir ein), als wollte er mit mir spielen,
und zerrte, springend und tänzelnd, die Papiere hin und her, so daß die Stücke
umherflogen.
»Nun«, sprach der Meister, »nun ist es ausgemacht, daß Ihr ganz unrecht habt,
Professor, und daß Euch Ponto etwas vorlog. Seht nur hin, wie Murr die Gedichte
bearbeitet, welcher Dichter würde sein Manuskript handhaben auf diese Weise?«
»Ich habe Euch gewarnt, Meister, tut nun, was Ihr wollt«, erwiderte der Professor
und verließ das Zimmer.
Nun glaubte ich, der Sturm sei vorüber, wie sehr war ich im Irrtum! – Meister
Abraham hatte sich, mir zum großen Verdruß, gegen meine wissenschaftliche Bildung
erklärt, und demunerachtet er so getan, als glaube er den Worten des Professors
gar nicht, so wurde ich doch bald gewahr, daß er mir auf allen Gängen nachspürte,
mir den Gebrauch seiner Bibliothek dadurch abschnitt, daß er den Schrank sorgfältig
verschloß, und es durchaus nicht mehr leiden wollte, daß ich mich, wie sonst,
auf seinen Schreibtisch unter die Papiere legte.
So kam Leid und Kümmernis über meine keimende Jugend! Was kann einem Genie mehr
Schmerz verursachen, als sich verkannt, ja verspottet zu sehen, was kann einen
großen Geist mehr erbittern, als da auf Hindernisse zu stoßen, wo er nur allen
möglichen Vorschub erwartete! – Doch, je stärker der Druck, desto gewaltiger
die Kraft der Entlastung, je straffer der Bogen gespannt, desto schärfer der
Schuß! – War mir die Lektüre versperrt, so arbeitete desto freier mein eigner
Geist und schuf aus sich selbst.
Unmutig, wie ich war, brachte ich in dieser Periode manche Nächte, manche Tage
in den Kellern des Hauses zu, wo mehrere Mäusefallen aufgestellt waren und sich
überdem viele Kater verschiedenen Alters und Standes versammelten. Einem tapfern
philosophischen Kopf entgehen überall nicht die geheimsten Beziehungen des Lebens
im Leben, und er erkennt, wie sich eben aus demselben das Leben gestaltet in
Gesinnung und Tat. So gingen mir auch in den Kellern die Verhältnisse der Mäusefallen
und der Katzen in ihrer Wechselwirkung auf. Es wurde mir, als einem Kater von
edlem echtem Sinn, warm ums Herz, wenn ich gewahren mußte, wie jene toten Maschinen
in ihrem pünktlichen Treiben eine große Schlaffheit in den Katerjünglingen hervorbrachten.
Ich ergriff die Feder und schrieb das unsterbliche Werk, dessen ich schon vorhin
gedachte, nämlich: »Über Mäusefallen und deren Einfluß auf Gesinnung und Tatkraft
der Katzheit«. In diesem Büchlein hielt ich den verweichlichten Katerjünglingen
einen Spiegel vor die Augen, in dem sie sich selbst erblicken mußten, aller
eignen Kraft entsagend, indolent, träge, ruhig es ertragend, daß die schnöden
Mäuse nach dem
Speck liefen! – Ich rüttelte sie aus dem Schlafe mit donnernden Worten. – Nächst
dem Nutzen, den das Werklein schaffen mußte, hatte das Schreiben desselben auch
noch den Vorteil für mich, daß ich selbst indessen keine Mäuse fangen durfte,
und auch nachher, da ich so kräftig gesprochen, es wohl keinem einfallen konnte,
von mir zu verlangen, daß ich selbst ein Beispiel des von mir ausgesprochenen
Heroismus im Handeln geben solle.
Damit könnte ich nun meine erste Lebensperiode schließen und zu meinen eigentlichen
Jünglingsmonaten, die an das männliche Alter streifen, übergehen; unmöglich
kann ich aber den günstigen Lesern die beiden letzten Strophen der herrlichen
Glosse vorenthalten, die mein Meister nicht hören wollte. Hier sind sie:
Wohl, ich weiß es,
widerstehen
Mag man nicht dem süßen Kosen,
Wenn aus Büschen duftger
Rosen
Süße Liebeslaute wehen.
Will das trunkne Aug dann sehen,
Wie die Holde kommt gesprungen,
Die da lauscht an Blumenwegen,
Kaum ist Sehnsuchtsruf erklungen,
Hat sich schnell hinangeschwungen.
Liebe kommt uns rasch entgegen.
Dieses Sehnen, dieses
Schmachten
Kann wohl oft den Sinn berücken,
Doch wie lange kann's beglücken,
Dieses Springen, Rennen, Trachten!
Holder Freundschaft Trieb' erwachten,
Strahlten auf bei Hespers Scheine.
Und den Edlen brav und rein,
Ihn zu finden, den ich meine,
Klettr' ich über Mau'r und Zäune,
Aufgesucht will
Freundschaft
sein. (...)
(aus "Lebensansichten des Katers Murr" von E. T. A. Hoffmann)