(...)
Da!
Da gleitet von Tenedos her durch ruhige Wogen -
jetzt noch fasst mich Entsetzen
- in riesigen Bogen ein Paar von
Schlangen
im Meer dahin und strebt gemeinsam zum Strande.
Steilauf recken sie zwischen
den Fluten die Brust, ihre Kämme
glühn blutrot aus Wogen empor. Der übrige
Teil streift
hinten das Meer und wirft zu gewaltiger Windung den Rücken.
Schaurig
schäumt das Wasser der See; schon gingen an Land sie,
brennend starrten die
Augen, von
Blut unterlaufen und Feuer,
und schon leckten sie zischend ihr
Maul mit zuckenden Zungen:
Bleich vom Anblick fliehn wir hinweg; sie streben
in sichrem
Zug auf Laocoon zu: sofort um die Leiber, die jungen,
beider
Söhne schlingen nun beide Schlangen die grause
Windung, weiden den Biss an
den armen, elenden Gliedern.
Dann ergreifen den Vater sie auch, der mit Waffen
zu Hilfe
herstürmt, schnüren ihn ein in Riesenwindungen, und schon
zweimal
die Mitte umschlungen und zweimal die schuppigen Rücken
um seinen Hals, überragen
sie hoch ihn mit Haupt und Nacken.
Jener bemüht mit den Händen sich hart,
zu zerreißen die Knoten,
schwarz übergossen von Geifer und
Gift
an den heiligen Binden,
furchtbar zugleich tönt klagend sein Schrei
hinauf zu den Sternen.
So brüllt auf der
Stier,
der wund vom Altare geflüchtet
und das Beil, das unsicher traf, geschüttelt
vom Nacken.
Aber zum Tempel hoch droben entfliehn schnell gleitend die beiden
Schlangen und streben hinauf zur Burg der grausen Tritonis,
bergen zu
Füßen der Göttin im Rund sich unten des Schildes.
Da drang allen erst recht
durch bebende Herzen ein neuer
Stoß des Entsetzens; sie sagen, Laoocon habe
mit Recht jetzt
sein Verbrechen gebüßt: er verletzte das heilige Holz
doch
mit seinem Spieß und stieß in den Rücken die
ruchlose Lanze.
Alle schreien, man müsse das Bild zum Wohnsitz der Göttin
ziehn, zur Waltenden beten. (...)
(aus der Aeneis
des Vergil; 71-19 v. Chr.)
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