Manfred Köhnlechner: "Die Heilkräfte des Weins"


Eine wohlschmeckende Medizin mit großer Wirkung bei zahlreichen Krankheiten

Wein ist mehr als ein alkoholisches Getränk. Richtig dosiert ist Wein eine Anregung für Geist und Körper. Im psychischen Bereich erhöht der Wein die Gehirnaktivität im Sinne einer Euphorie und eines gesteigerten Wohlbefindens.
Das Bedürfnis nach Stimulation ist der Menschheit seit ihren Uranfängen gemein, und in allen Kulturnationen gab und gibt es entsprechende Hilfsmittel, um diesen Zustand des gesteigerten Lebensgefühls hervorzurufen. Aufgrund seiner harmonisierenden Eigenschaften dürfte jedoch kein anderes Mittel so gut geeignet sein wie der Wein, um in physischen und psychischen Belangen des Menschen einen Ausgleich herbeizuführen.

Wen jetzt nach mehr Information zum angerissenen Thema dürstet, dem sei das Buch "Die Heilkräfte des Weins" von Manfred Köhnlechner empfohlen. Der Inhalt hält übrigens mehr als der Buchtitel verspricht, denn eine "Kleine Charakterkunde des Weins" macht den wissbegierigen Leser mit den wichtigsten Rebsorten bekannt, und erläutert u.A., was milde und vollmundige Weine charakterisiert. Und so erfährt man des Weiteren auch, dass trockene Weine nicht etwa sandig schmecken, wie man wegen der Eigenschaft "trocken" argwöhnen könnte, sondern, dass es sich hierbei um Weine mit entweder einem geringen Gehalt an Restsüße oder einem ausgewogenen Verhältnis von Restsüße und Säure handelt, die insbesondere Diabetikern empfohlen sind. Bei der sogenannten "Restsüße" handelt es sich übrigens um noch unvergorenen Zucker, der beim unkritischen Publikum besonders beliebt ist.

Die Dosis macht es, ob ein Ding Gift ist oder nicht. Bereits im 4. Jahrhundert v. Chr. beschrieb der Athener Eubulos die Wirkung von zehn Amphoren Wein, indem er feststellte, dass die erste Gesundheit bewirkte, die zweite Lust und Liebe, die dritte Schlaf, die vierte Ausgelassenheit, die fünfte Geschrei, die sechste Neckerei, die siebente Schlägerei, die achte Zeugenaufrufe, die neunte Zorn, die zehnte Raserei.
Es ist auch heute nur zu gut bekannt, dass der Alkohol als überdosiertes Genussgift zunächst Selbstüberschätzung und Verlust der Selbstkritik bedingt, darüber hinaus die Gehirntätigkeit lähmt und verlässliche Arbeit der Muskulatur verhindert. Ständig im Übermaß konsumiert, schädigt er die inneren Organe und das Nervensystem. Der Missbrauch des Kulturgetränks Wein ist eine gehäufte Erscheinung in einer Lebenswelt, die von jedem einzelnen ihrer Insassen eine disziplinierte Lebensführung einfordert, derweil in seinem Inneren der Wunsch nach Enthemmung lodert. Insofern beschränkt sich der Autor nicht nur darauf die Heilkräfte des Weins auszuführen, sondern er widmet ein eigenes, abschließendes Kapitel dem Thema Wein und Alkoholismus.

Zuvor erfährt der Leser jedoch, dass in früherer Zeit der Wein wahrhaft weltumspannend als Heilmittel gegen vielerlei Beschwerden angewandt wurde. Größere Weinvorräte waren in Spitälern üblich und wurden in beachtlichen Mengen den Patienten verabreicht. Denn mäßig dosiert stellt der Wein ein Heilmittel bei vielerlei Beschwerden dar. So eignet sich Wein zur Therapie bei Nierenkrankheiten, Herz- und Kreislaufkrankheiten, Infektionskrankheiten, als natürliches Beruhigungsmittel und selbst noch als Arzneimittel für Kinder. Darüber hinaus ist Wein das älteste und natürlichste Antibiotikum der Menschheitsgeschichte, wie schon Louis Pasteur, der berühmte Begründer der Bakteriologie, feststellte. Und Wein senkt den Cholesterinspiegel, fördert die Funktion der Nieren, verbessert die Verdauung, beugt Darmerkrankungen und Arteriosklerose vor, regt den Kreislauf an, steigert den Stoffwechsel und wirkt positiv bei Unterfunktion der Schilddrüse.

Wein als Heilmittel wird heute niemals mehr die therapeutische Wertigkeit erlangen, die er in früheren Jahrhunderten besaß, nachdem die moderne Pharmakologie wesentlich spezifischer wirkende Heilmittel entwickelt hat. Insofern sollte man die Zwecksetzung des besprochenen Buches nicht als Anregung zur Rückbesinnung auf Therapiemethoden früherer Jahrhunderte verkennen.
Vielmehr geht es wohl eher um die Würdigung eines alten Kulturgetränks der Menschheit, das sowohl mundet als auch gesundet. Für den unkritischen Gelegenheitstrinker von Wein, wie für den barbarischen Säufer kann diese Lektüre Aufbruch und Besinnung zu einer verfeinerten Trinkkultur sein, da sie ihn die Begriffe lehrt, die das Vermögen zur Differenzierung und Artikulation in Sachen Wein begründen. Und wer auf natürliche Art und Weise gesund leben will, ohne deswegen dem Genuss zu entsagen, dem wird ein sinnenfreudiger Weg gewiesen, der Genuss und Gesundheit miteinander vereinbart.

Darauf hebe ich mein Glas und proste: Auf Ihre Gesundheit!

(haschu; 06/2001)


Manfred Köhnlechner: "Die Heilkräfte des Weins"
Herbig, 2001. 174 Seiten.
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