Henri F. Ellenberger: "Die Entdeckung des Unbewussten"
Geschichte und Entwicklung der dynamischen Psychiatrie von den Anfängen bis zu Janet, Freud, Adler und Jung
Zweihundert
Jahre dynamische Psychiatrie im Rückblick
Dem Psychoanalytiker Karl Menninger wird zugesprochen, den Begriff
"dynamische Psychiatrie", von dem dieses Buch handelt, etwa um das Jahr
1930 geprägt zu haben. Ellenberger verwendet ihn als
Über- und Leitbegriff der Psychiatriegeschichte seit 1775.
Dynamische Psychiatrie meint die Einbeziehung sozialer und anderer
für den Patienten relevanter Fakten in das Gesamtkonzept der
psychiatrischen Therapie, die dynamische Psychiatrie versteht sich also
als ein ganzheitlicher, disziplinübergreifender Ansatz in der
Behandlung psychisch Kranker.
Nach einem ähnlichen Konzept verfährt auch
Ellenberger in seiner außerordentlich umfangreichen Studie,
indem er die sozio-kulturellen Voraussetzungen beleuchtet, vor deren
Hintergrund sich die dynamische Psychiatrie entwickeln konnte. Die
vorliegende Studie ist also nicht nur ein hochinteressantes Kapitel
Medizingeschichte, sie ist gleichzeitig eine Abhandlung über
etwa 200 Jahre Kulturgeschichte, angefangen mit dem Ende des 18.
Jahrhunderts, einer Zeit also, in der sich zahlreiche bahnbrechende und
revolutionäre Dinge auf allen Gebieten menschlichen Lebens
abgespielt haben. Das macht dieses Buch nicht nur für
Mediziner, Psychologen und an medizinischen Themen interessierte Laien
lesenswert, sondern auch für alle philosophisch, literarisch
und künstlerisch Interessierten. Besonders im Blickpunkt steht
dabei naturgemäß die Literatur. Die Werkanalyse
sowie der literarische Schaffensprozess nehmen in der "Entdeckung des
Unbewussten" einen breiten Raum ein. Immer wieder erläutert
der Autor Hintergründe und Zusammenhänge anhand von
Beispielen aus der Literatur. Und auch Sigmund Freud hat ja oft genug
auf den beherrschenden Einfluss der großen Dichter auf sein
eigenes Denken hingewiesen.
Das Buch ist in zehn Kapitel unterteilt, wenn man das relativ kurze
elfte Kapitel (Schlussbemerkung) mal außer Acht
lässt, davon sind vier biografische Studien, die den
herausragendsten Vertretern der dynamischen Psychiatrie gewidmet
werden, als da sind Pierre Janet, Sigmund Freud, Alfred Adler und Carl
Gustav Jung, wobei das Kapitel über Freud
erwartungsgemäß den größten Raum
einnimmt (200 Seiten von circa 1200 Seiten insgesamt).
Im ersten Kapitel geht Ellenberger weit zurück zu den "Ahnen
der dynamischen Psychotherapie" wie er das Kapitel auch
überschrieben hat. Die Ahnen, das sind Schamanen,
Medizinmänner, Magier, die Heilkundigen bei den
Naturvölkern also, deren therapeutische Mittel und Erfolge
vielfach verkannt wurden und heute noch verkannt werden. Ellenberger
führt Beispiele aus den unterschiedlichsten Regionen der Erde
an, die die überraschende Komplexität der
Therapieverfahren in der primitiven Medizin belegen sollen. Dabei legt
er Wert auf die Feststellung, dass die im Irrationalen wurzelnden
Therapien wie zum Beispiel magische Riten etc. bei der Behandlung von
Kranken keineswegs immer im Vordergrund gestanden haben.
Henri F. Ellenberger macht die Geburtsstunde der dynamischen
Psychiatrie am historischen Wettstreit zwischen dem Exorzisten Johann
Joseph Gassner und dem berühmten Magnetiseur Franz Anton Mesmer
fest, eine Kontroverse, die sich 1775 zugetragen hat, und mit dieser
Kontroverse beginnt auch das zweite Kapitel des Buches. Dabei stellt
der Autor eine ausgeprägte Gegensätzlichkeit zwischen
Gassner und Mesmer fest, die in Fachkreisen nicht ganz unumstritten
sein dürfte. Ellenberger spricht Mesmer nämlich im
Gegensatz zu Gassner einen aufgeklärten, fortschrittlichen
Geist zu, er betont also das Trennende zwischen den beiden und nicht
wie einige andere Autoren das Gemeinsame. Ausführlich
behandelt werden u. a. auch Puysegur, Liebeault und die mit ihm
verbundene Schule von Nancy sowie Charcot, mit dessen Porträt
das Kapitel "Die Entstehung der dynamischen Psychiatrie"
schließt.
Das dritte Kapitel widmet sich der "ersten dynamischen Psychiatrie",
die Ellenberger von 1775 bis 1900 datiert, die Psychiatrie des
zwanzigsten Jahrhunderts bezeichnet er im Folgenden als die "neue
dynamische Psychiatrie". Nach Ansicht des Autors ist die erste
dynamische Psychiatrie in ihrem wegbereitenden Einfluss bislang immer
unterschätzt worden. Beherrscht wurde diese Epoche in erster
Linie von der Anwendung der Hypnose als Zugang zum Unbewussten.
Im vierten Kapitel werden die sozialen, philosophischen,
wissenschaftlichen und kulturellen Tendenzen etwas näher
beleuchtet, die auf die Entwicklung und Ausarbeitung der ersten
dynamischen Psychiatrie eingewirkt haben. Die wechselvolle Geschichte
der ersten dynamischen Psychiatrie sieht Ellenberger als Manifestation
der Auseinandersetzung zwischen dem aufs Rationale ausgerichteten Geist
der Aufklärung und dem irrationalen Geist der Romantik, wie er
zum Beispiel von den Naturphilosophen um Schelling verkörpert
wurde. Jung beispielsweise ist für Ellenberger ein Epigone der
Romantik, während er Janet der Tradition der
Aufklärung zurechnet.
Die Jahre von 1880 bis 1900, laut Ellenberger Schwellenjahre zu einer
neuen dynamischen Psychiatrie, sind Gegenstand des fünften
Kapitels. Auch hier bemüht sich der Autor wieder, die
Verflechtung mit anderen kulturellen, sozialen und wissenschaftlichen
Strömungen aufzuzeigen, vor deren Hintergrund sich die
Entwicklung der dynamischen Psychiatrie vollzogen hat. Dies waren auch
die Jahre, die der dynamischen Psychiatrie die Anerkennung durch die
Schulmedizin gebracht haben.
Das sechste Kapitel ist die erste der vier biografischen Studien in
diesem Band. Es porträtiert den Franzosen Pierre Janet, dessen
Foto gemeinsam mit denen Freuds, Adlers und Jungs die vordere
Umschlagseite ziert. Kurioserweise findet sich der Name Janet nicht
einmal in vielen heutzutage gebräuchlichen Lexika wie
beispielsweise "Herders Handlexikon in drei Bänden" oder
vergleichbaren Nachschlagewerken. Seine Psychotherapie wird auch in
kaum einem Lehrbuch erwähnt. Trotzdem räumt Henri F.
Ellenberger ihm den gleichen Platz ein (was die Seitenzahl in seinem
Buch angeht) wie Alfred Adler und C.G. Jung. Und er führt ihn
als Beispiel an, wie ungleich und ungerecht sich Ruhm und Vergessen auf
die Wissenschaftler verteilen können, gleichzeitig versucht er
die Gründe offen zu legen, warum Janet sich die verdiente
Anerkennung nicht in dem Maße erwerben konnte wie zum
Beispiel Freud. Ellenberger bezeichnet Janets dynamische Psychotherapie
als eine flexible und umfassende Methode, die sich jeder Krankheit und
jedem Patienten anpassen lässt, als ein System
psychotherapeutischer Ökonomie. Seine Hochachtung vor der
Person und den Ideen Janets leuchtet auch in den anderen Kapiteln immer
wieder auf.
Die Denkmodelle Freuds, Adlers und Jungs haben auch unter Laien einen
so hohen Verbreitungs- und Bekanntheitsgrad erreicht, dass man sie fast
schon zur Allgemeinbildung zählen kann, wenn sie auch oft nur
unzulänglich verstanden oder gar missverstanden wurden.
Ellenberger widmet diesen drei Forschern und ihren Ideen etwa ein
Drittel seines Buches. (Natürlich finden sie auch sonst im
Text immer wieder Erwähnung).
Sigmund Freud und seine Psychoanalyse werden im siebten Kapitel
ausführlicher behandelt. Den allgemeinen Einfluss Freuds auf
unsere Kultur, auf unser Bild vom Menschen zu beurteilen und einer
Bewertung zu unterziehen, sieht der Autor als sehr schwierig an, allein
aus dem Umstand, dass sich die Entwicklung der Psychoanalyse von Anfang
an in einer Atmosphäre der Legendenbildung vollzogen hat.
Deswegen versucht Ellenberger auch, die verzerrten
pseudo-freudianischen Auffassungen zurecht zu rücken, die von
Massenmedien und der Populärliteratur
unters Volk gebracht wurden. Die augenfälligste Leistung
Freuds sieht Ellenberger in der Wiederbelebung des
griechisch-römischen Typus der Philosophenschule, indem er aus
der Psychoanalyse eine Bewegung gemacht hat mit eigener Organisation,
Mitgliedschaft, offizieller Lehre und sogar mit einem Initiationsritus
in Form einer Lehranalyse. Des Weiteren spricht er ihm das Verdienst
zu, eine neue Art des Umgangs mit dem Unbewussten ins Leben
beziehungsweise in die psychiatrische Praxis gerufen zu haben. Ein
wichtiger Meilenstein in Freuds Entwicklung ist sicherlich seine
Selbstanalyse. Freuds Gegner behaupteten, seine
größtenteils durch Selbstanalyse gewonnene
Psychoanalyse sei der Ausdruck einer Neurose, Freuds Anhänger
sahen darin hingegen eine beispiellose Leistung. Ellenbergers Hypothese
ist, dass Freuds Selbstanalyse nur ein Aspekt eines komplexen Prozesses
war, eines Prozesses, den er als "schöpferische Krankheit"
bezeichnet. Freud selbst hat häufig betont, dass die
großen Dichter, die griechischen Tragödiendichter,
Shakespeare
und Goethe
seine wahren Lehrmeister waren. Dichter, die intuitiv erfasst hatten,
was Freud später in einem wissenschaftlichen System
formulierte.
Bei Ellenbergers Betrachtungen über Alfred Adler wird das
Phänomen der kollektiven Verleugnung von Adlers
Originalität und Bedeutung in den Blickpunkt des Lesers
gerückt. Man bedient sich wohl seiner Ideen und Gedanken, oft
auf skrupellose, plagiative Art und Weise, spricht ihm selbst aber
jegliche Originalität ab. Ellenberger nennt dies einen der
paradoxesten Züge in der Geschichte der dynamischen
Psychiatrie und versucht in seiner eigenen Studie, Adler Gerechtigkeit
widerfahren zu lassen, indem er seine Leistungen auf dem Gebiet der
Psychologie und seinen oft verkannten Einfluss auf zahlreiche
Psychologen und Analytiker ins rechte Licht rückt.
Ähnlich wie Freud hat auch Jung eine Periode
schöpferischer Krankheit durchgemacht, die Ellenberger als
hauptsächlichen Ursprung seines Systems ansieht, eine Art
Initiationskrankheit, die dann in den Individuationsprozess
mündete. Die Frage, inwieweit die schöpferische
Krankheit einen heuristischen Wert haben kann, wirft Ellenberger noch
einmal in seinem letzten Kapitel "Schlussbemerkung" auf.
Im zehnten Kapitel wird der Leser zunächst mit einer
Fülle belangloser Einzelheiten überschwemmt, die das
Thema "Entdeckung des Unbewussten" kaum berühren; zum
Beispiel, dass die Menschenmassen nach Paris strömten, um die
Weltausstellung, den Eiffelturm oder das Moulin Rouge zu besuchen, oder
dass der Bayernkönig
Ludwig der Zweite entmachtet und entmündigt wurde,
oder dass der Kronprinz von Abessinien Präsident Roosevelt
einen weißen Elefanten geschenkt hat. Zudem wird
König Ludwigs Schloss auch noch als Schloss Berg bezeichnet
statt richtigerweise als Schloss Neuschwanstein, was übrigens
nicht der einzige Fehler im Text ist (der mir aufgefallen ist). Auf
solch unwichtige Details, dass die Rezensionen zu Freuds Traumdeutung
in elf Zeitschriften etwa 7500 Worte umfassten, kann ebenfalls getrost
verzichtet werden. Viele Informationen, die der Autor schon vorher
gebracht hat, werden im zehnten Kapitel einfach noch einmal
aufgewärmt. Ein Beispiel von vielen: Die Analyse des Romans
von Marcel Prevost "L'Automne d'une femme", wo Prevost den
Psychotherapeuten Pierre Janet als Modell für seinen
Protagonisten Dr. Daumier gewählt hat. In diesem Zusammenhang
erweist sich auch das Personen- und Sachregister als wenig
zuverlässig, da das Stichwort "Daumier" öfter im Text
auftaucht als im Register angegeben. Aber bei der Fülle an
Stichwörtern sind solche Fehler wohl nicht zu vermeiden.
Das zehnte Kapitel ist auf den ersten hundert Seiten in der Tat ein
Sammelsurium unterschiedlichster Fakten und Daten, bei denen es sich
oft um reine Wiederholungen handelt, oder um Fakten, die keinen
direkten Bezug zum Thema haben. Nachdem sich der Leser durch dieses
Gewusel von Informationen durchgekämpft hat, so etwa die
Periode im Vorfeld des Ersten Weltkriegs, erfährt er
dann wesentlich Neues, das Buch wird wieder fesselnd wie in den
Kapiteln eins bis neun. Das zehnte Kapitel hätte in der Tat um
einiges gestrafft werden können.
Das kurze Schlusskapitel bringt lediglich noch einmal eine
Zusammenfassung dessen, was in den zehn Hauptkapiteln bereits
besprochen wurde und keineswegs eine neue abschließende
Analyse der Faktoren, die Ursprung und Entwicklung der dynamischen
Psychiatrie verursacht haben, wie der Autor in seinen einleitenden
Sätzen zum letzten Kapitel meint.
Alles in allem handelt es sich bei der "Entdeckung des Unbewussten" um
eine interessante und anregende Lektüre. Man kann das Buch
lesen wie einen spannenden Geschichtsroman oder es einfach als
Nachschlagewerk benutzen, um sich schnell über bestimmte
Themen oder Personen zu informieren, denn das Sach- und Namensregister
umfasst allein sechsunddreißig kleinbedruckte Seiten. Ein
Bildteil mit historischen Fotografien der wichtigsten im Text
präsentierten Persönlichkeiten rundet das im Ganzen
doch als gelungen zu bezeichnende Werk ab.
Die dynamische Psychiatrie wie überhaupt die
Beschäftigung mit dem Unbewussten birgt zweifellos den Stoff
in sich, aus dem sich Legenden und Fantastereien weben lassen. Einige
dieser Legenden verweist Ellenberger in seiner Studie ins Reich der
Fabel.
Als Fazit bleibt: Die Geschichte der dynamischen Psychiatrie wird
umfassend und fesselnd von einem kompetenten, sorgfältig
recherchierenden Autor erzählt. Die Porträts der
Erforscher des Unbewussten sind lebensnah skizziert, ihre Lehren
anschaulich und im Großen und Ganzen auch für Laien
verständlich dargestellt. Ein medizinisches
Wörterbuch würde manchmal gute Dienste leisten, ist
aber nicht unbedingt notwendig. Und nicht zuletzt sollte der Leser
durch das Studium dieses Buches auch eine tiefere
Einsicht in seine eigene Psyche
gewinnen können.
(Werner Fletcher; 11/2005)
Henri
F. Ellenberger: "Die Entdeckung des Unbewussten"
(Originaltitel "Discovery of the Unconscious")
Aus dem Amerikanischen von Gudrun Theusner-Stampa.
Diogenes, 2005. 1226 Seiten.
ISBN 3-257-06503-5.
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Henri F. Ellenberger wurde am
6. November 1905 in Nalolo (Rhodesien) geboren, er starb am 1. Mai 1993
in Montreal. Den Namen Freud hörte er zum ersten Mal in
Straßburg als Medizinstudent, die dynamische Psychiatrie
lernte er in Paris kennen. Die Arbeit seiner Frau, einer russischen
Adligen, die nach der Revolution eine Stelle als Wärterin im
Moskauer Zoo fand, weckte sein Interesse am Vergleich zwischen
menschlichem und tierischem Verhalten. Seit dieser Zeit pflegte er in
jeder fremden Stadt die drei städtischen Zwangseinrichtungen
zu besuchen: das Irrenhaus,
das Gefängnis und den
Zoo.
Als Nervenarzt in der Schweiz erfuhr er in Gesprächen mit C.
G. Jung viel über die Entstehungsgeschichte der dynamischen
Psychiatrie, die er jahrzehntelang recherchierte und als Professor in
Montreal in seinem monumentalen Standardwerk "Die Entdeckung des
Unbewussten" zusammenfasste.
Weitere Buchtipps:
Deidre Bair: "C.G. Jung. Eine
Biografie"
Familientyrann oder begnadeter Seelenarzt?
Selbstverliebter Egoist, Familientyrann, Frauenheld mit peinlichen
Manieren und kindischen Ausbrüchen - an keiner Person in der
Geschichte der modernen Seelenkunde scheiden sich die Geister wie an
dem Schweizer C.G. Jung; keiner provozierte in gleichem Maße
Hass und Bewunderung wie diese Ikone der Psychoanalyse.
"Ich
bin, wie ich bin", mit diesen Worten beschreibt Deirdre Bair
das Selbstbild von C.G. Jung. Sie folgt den Lebensspuren jenes Mannes,
der mit Begriffen wie "Anima" und "Animus", "Archetypus", "kollektives
Unbewusstes" oder "Komplex" das heutige Bild von der menschlichen Seele
geprägt hat. Deirdre Bair verbindet die faszinierende
Entwicklung des Therapeuten und großen Gegenspielers von
Freud mit seinem privaten Leben: seine angebliche Menage
à trois mit Ehefrau Emma und der Geliebten Toni
Wolff, die schwierige Beziehung zu seinen Kindern, sein gebrochenes
Verhältnis zu gesellschaftlicher Konformität, seine
ungebrochene Kindlichkeit. Sie schöpft dabei ebenso aus einer
überwältigenden Sachkenntnis sowie aus vielen
unveröffentlichten Quellen, aus einer Vielzahl von
Gesprächen mit Nachkommen, Mitarbeitern, Patienten. Entstanden
ist das nuancierte Bild einer widersprüchlichen
Persönlichkeit, eines Menschen, der seiner Intuition mehr
vertraute als dem wissenschaftlichen Kanon, der mutig Grenzen
überschritt und dafür Hohn und Ablehnung in Kauf
nahm. Das Geheimnis des Jungschen Charismas wird erkennbar. Zum
urwüchsigen, vitalen Kraftkerl C.G. Jung gehört seine
sensible, manchmal naive Unmittelbarkeit genauso wie sein scharfer
Verstand, seine kindliche Neugier und sein produktiver
Umgang mit der eigenen Psychose, die ihm wesentliche
Einsichten für seine bahnbrechenden Theorien lieferte.
Mit ihrer Biografie legt Deirdre Bair ein großartiges
Leseabenteuer und eine kritische Hommage an einen unvermindert
aktuellen Denker vor. (Knaus Verlag)
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Inge Scholz-Strasser: "Sigmund Freud und Wien.
Ein ambivalentes Verhältnis"
Als Freuds Traumdeutung 1899 in Wien erschien, bedeutete dies das
Fundament zu einer neuen Lehre der Seelenerforschung, die
darüber hinaus auch als kulturelles und
geisteswissenschaftliches Phänomen Epoche machen sollte. Als
hätte Freud geahnt, dass sein Werk das folgende Jahrhundert
prägen würde, ließ er das Erscheinen der
Schrift auf das Schwellenjahr 1900 vordatieren.
Vier Jahrzehnte Ausarbeitung jener Theorien begannen, die Freud 1896
"Psychoanalyse" benannt hatte. Die neuen Lehren stießen
jedoch auch auf
Unverständnis
und Kritik, nicht nur bei prominenten Zeitgenossen wie etwa
Karl
Kraus, sondern auch in universitären Kreisen. "An
keinem anderen Orte ist die feindselige Indifferenz der gelehrten und
gebildeten Kreise dem Analytiker so deutlich verspürbar wie in
Wien", musste Freud verbittert feststellen.
Dieses Buch bringt dem Leser Leben und Werk Sigmund Freuds
in einfacher,
übersichtlicher Weise näher und bettet
seine Biografie in den speziellen sozio-kulturellen Kontext der
Metropole Wien. Freuds ambivalentes Verhältnis zu dieser
Stadt, die ihn gleichzeitig prägte und einschränkte,
und seine jüdische Identität sind Leitmotive in
diesem Buch, das durch seine Fülle an bislang nicht
veröffentlichtem Bild- und Textmaterial besticht.
(Brandstätter Verlag)
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Heinz
L. Ansbacher, Rowena R. Ansbacher (Hrsg.): "Alfred Adlers
Individualpsychologie"
Eine systematische Darstellung seiner Lehre in Auszügen aus
seinen Schriften. Bearbeitung der Quellenangaben und der
Adler-Bibliografie von Robert F. Antoch.
Alfred Adler gehört unumstritten zu den
größten Anregern der gegenwärtigen
Psychologie. Dem Interessierten bieten Heinz L. und Rowena R. Ansbacher
eine zusammenfassende und systematische Darstellung seiner Lehre. Die
Originaltextstellen sind nach Themenkreisen geordnet, kommentiert und
mit anderen tiefenpsychologischen Auffassungen konfrontiert. Diese
geschlossene Darstellung über die
Persönlichkeitsentwicklung und die Pathologie menschlichen
Verhaltens zeigt, wie lebensnah und zeitgemäß Adlers
Lehren heute sind, mit ihrem Schwerpunkt der Soziabilität des
Menschen. Der Leser kann sich anhand dieses Buches mit einer
tiefenpsychologischen Richtung vertraut machen, die wie kaum eine
andere auf soziale Probleme eingeht. (Ernst Reinhardt Verlag)
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Nicolas
Hoffmann: "Zwänge und Depressionen. Pierre Janet und die
Verhaltenstherapie"
Pierre Janet ist mit Sicherheit einer der fundiertesten und kreativsten
Autoren in der gesamten Klinischen Psychologie. Viele seiner Ideen
nehmen das vorweg, was wir heute unter Verhaltenstherapie verstehen.
Sein Scharfsinn und seine Beobachtungsgabe übertreffen dabei
fast immer zeitgenössische Autoren. Charakteristische
Auszüge aus seinem Werk und ein längerer besonders
interessanter Text dokumentieren dies. In vielerlei Hinsicht lassen
sich Janetsche Gedankengänge mit den modernsten Entwicklungen
in der Kognitions-, Emotions-, Volitionstheorie verbinden. Daraus
ergeben sich neue therapeutische Ansätze, die umfassend
dargestellt werden. (Springer)
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Rudolf
Dreikurs: "Grundbegriffe der Individualpsychologie"
Ein Klassiker der Individualpsychologie. Klar und verständlich
werden Begriffe wie Minderwertigkeitsgefühl, Machtkampf,
Überkompensierung, Geltungsstreben erklärt.
(Klett-Cotta)
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Ap
Dijksterhuis: "Das kluge Unbewusste" zur
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Heinz Georg Schuster: "Bewusst oder unbewusst?"
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