Gustav Schwab: "Die Sagen
Trojas"
gelesen von Hanns Zischler
Sagen des klassischen
Altertums
(Hörbuchrezension)
Der Trojanische Krieg ist mehr
als nur die Erzählung eines - historisch zusehends verbürgten und von der Wissenschaft
aktuell in das 12./13. Jahrhundert v. Chr. datierten - bronzezeitlichen Zusammenpralls
zwischen den Völkerschaften Griechenlands und jenen des vorderen Asiens, deren
Führungsmacht der Stadtstaat Troja ist. Ein Troja, dessen unbezwingbares Festungsgemäuer
von Götterhand für die Ewigkeit errichtet wurde. Zumal die Ansiedlung einst
die Lieblingsstadt von Zeus und Athene gewesen sein soll. So weiß es die Sage
zu berichten.
Es handelt sich bei diesem Epos von Troja, das im trojanischen Krieg sein dramatisches
Zentrum hat, demnach weniger um ein menschlich historisches, denn um ein göttlich
mythologisches Ringen. Der großen Zahl einfacher Menschen ist in diesem Handlungsrahmen
gerade einmal noch eine Statistenrolle zugestanden. Das Fußvolk, welches in
Schlachtengemälden von grandioser Dimension einsam fechtende Helden flankiert,
ist nichts als Manövriermasse und bewegter Hintergrund. Unwert und zum Sterben
verdammt, weil zuunterst geschichtet in einem aristokratischen Weltbild, dessen
humanistisches Empfinden hoch oben am Götterolymp ansetzt und den Stand fürstlichen
Erbadels keineswegs zu unterschreiten geneigt ist. Was von Menschenhand geschieht,
bleibt generell betrachtet eher nebensächlich. Die Götter steuern das Schlachtenglück
und verhelfen Helden zu ihrem Triumph oder treten sie in den Staub. Achilleus,
Hektor und Ajax - die drei Größten der Helden - bleiben zwar durch den Gegner
mehr oder weniger unbesiegt, doch kommen sie trotzdem - nur scheinbar durch
Feindeinwirkung - um ihr Leben. Ajax, der ihm Übel wollenden Athene wegen, auf
sogar besonders schmachvolle Weise.
Worum es in dieser vermutlich berühmtesten Sage geht und welchen Ausgang sie
nimmt, darf als Bildungsselbstverständlichkeit vorausgesetzt werden, denn was
ein gewisser Homer im 8. Jahrhundert vor Christus als "Ilias" verfasste, das
wurde nicht zuletzt Dank Gustav Benjamin Schwab (1792-1850) über anderthalb
Jahrhunderte zum festen Bestandteil eines jeden abendländischen Bildungskanons
von Bedeutung und Gewicht. Der
"Apfel
des Paris" und der "Raub der schönen Helena" sind volkstümlich ebenso geläufig,
wie das Bildnis des unter seinen Feinden wütenden Hektors und die Verschlagenheit
eines Odysseus. Die warnende Seherin Kassandra ist als Unheil verkündende Stimme
gleichermaßen sprichwörtlich geworden, wie die Achillesferse als letztverbliebene
verletzliche Stelle an einem ansonsten gut gewappneten Leib.
Nicht zuletzt ist als besonders wirkmächtige Handlungsfigur jene arglistige
Schöpfung des Odysseus, das "Trojanische Pferd", zu erwähnen, welches - in seinem
Bauche harren die Besten der griechischen Helden mörderischer Dinge - dem im
Siegestaumel hochmütig gewordenen trojanischen Volk seinen Untergang gebären
wird. Um die riesige und kunstvoll angefertigte Skulptur in die Stadt überführen
zu können, reißen die Trojaner eine Lücke in die Festungsanlagen, durch welche
in weiterer Handlungsfolge das Heer der Griechen eindringen wird. Nicht der
Griechen Schwertarm, sondern der eigene Leichtsinn - angesichts eines vermeintlichen
Endsieges - gereicht den Trojanern zu ihrem Verderb.
Troja frisst der Brand auf. Womit auch das hölzerne Pferd zu Asche zerfällt.
Als Symbolfigur verdichtet sich das "Trojanische Pferd" im Sinnen einer Nachwelt
jedoch zum mythologischen Archetyp bedrohlicher Erhabenheit. Und ist solcherart
ein Veranlassungsgrund zur Herausbildung einer Ästhetik der Bedrohlichkeit,
des Grauens und der Zerstörung, wie es sich in einem jeden Toben wirbelnden
Sturmes oder in der grauenhaften Schönheit eines Flächenbrands und im Angesicht
einer sich zur Schlacht formierenden Kriegerschar als Natur- oder Kunstschönheit
manifestiert. Auch die abweisende Schroffheit erhabener Bergwelten gehört dazu.
Und nicht von irgendwoher verortet des Menschen Fantasie den Ort göttlicher
Residenz mit Vorliebe in die unerreichbaren Fernen steilen Hochgebirges.
Gustav Schwab erweitert Homers Darstellung des Trojanischen Kriegs um Vor- und
Nachgeschichten ("Epischer Kyklos") zu den Sagen Trojas, womit der mythologische
Aspekt noch stärker in Gestalt einer schicksalhaften Verdammnis hervortritt.
Das Unheil hat eine lange Geschichte - rachsüchtige Götter wurden gezürnt -
und beginnt nicht erst mit dem Apfel der Eris, die Göttin der Zwietracht, welche,
aus persönlicher Gekränktheit, Zank und Hader unter drei ebenso mächtige wie
offenbar charakterlose, jedenfalls jedoch überaus gefallsüchtige Göttinnen sät.
Jenes Kleinod nun, mit der Inschrift Kallisti ("Der Schönsten"), möge
einer der Damen die Verbriefung ihres unüberbietbaren Liebreizes sein. So ist
es boshafter Weise gedacht und so bestimmt es ein grausames Schicksal, das von
langer Hand gesteuert auf die Zerstörung Trojas abzielt.
Hera, Pallas Athene und Aphrodite, so benennt die Sage die streitenden Göttinnen
namentlich, konkurrieren nun also um den Titel einer kosmischen Schönheitskönigin
und buhlen zu diesem Zwecke um die Gunst des einzigen Jurors, welcher der Trojaner
Paris ist. Zeus in Person hat ihn dafür auserkoren. Ausgerechnet jener besagte
Paris, ein Jüngling königlichen Geblüts, soll also die vermeintlich Schönste
unter den göttlichen Holden küren. Womit ihm - und seiner Heimatstadt - Hass
und Rachsucht der Geschmähten gewiss ist, denn der Apfel gereicht nur zur Schmeichelung
von einer Einzigen unter den Dreien, und dem Jüngling mangelt es zudem an Geist
und Taktgefühl um die heikle Situation auf salomonische Weise auszuräumen. Witzig
ist es mit anzusehen, wie keine der drei Unsterblichen sich auf die Überzeugungskraft
ihrer doch immerhin überirdischen Anmut verlässt. Sie setzen des Paris Geschmacksempfindungen
massiven Korrumpierungsversuchen aus, versuchen sich den Titel der Schönsten
durch wahrlich sittenwidrige Anbietungen zu erkaufen. Und Hera und Athene reagieren
mit unmäßigem Zorn gegen Paris und seine - im Grunde völlig unbeteiligte - Sippe,
als des Jünglings Wahlspruch letztlich Aphrodite des Zwietracht säenden Apfels
für würdig befindet. Zu diesem Zeitpunkt weiß man schon aus der Vorgeschichte,
dass über Troja und Paris' Dynastie ein alter Fluch liegt, dem nicht zu entkommen
ist, der die Handlung mit eherner Logik zum blutigen Geschehnis lenkt.
Aphrodite hatte Paris für den Fall ihrer Wahl die schönste Frau auf Erden versprochen.
Somit also "ein Ding", das er nur lieben müsse um seiner habhaft zu sein und
um daran glücklich zu werden. Unglücklicherweise ist diese schönste Frau auf
Erden jedoch das angetraute Weib des mächtigen Königs von Sparta. Paris raubt
die - ihm von Aphrodite versprochene - schöne Helena und liefert somit den casus
belli. Der wohl nicht zu Unrecht erzürnte Menelaos von Sparta rüstet umgehend
zum Krieg gegen Troja und findet für sein Unternehmen fast ungeteilte Waffenbrüderschaft
bei den Edlen und Helden aller griechischen Volksstämme. Nur der Lebemann Odysseus
ziert sich an den Mühen eines seines Erachtens unsinnigen Krieges ungewissen
Ausgangs teilzuhaben. Einer ungetreuen Schönen wegen solle er sich von seinem
jungen Eheweib und deren neugeborenem Sohn auf unbestimmte Zeit trennen? Und
die besorgte Thetis versteckt ihren jugendlichen Sohn Achilleus (römisch: Achilles)
unter jungfräulichen Mädchen, in deren Mitte die gerade erst knospende Heldengestalt
des - später - furchtbarsten aller Krieger äußerlich nicht zu erkennen ist.
Der listige Odysseus - zu diesem Zeitpunkt selbst schon widerwillig rekrutiert
- findet freilich einen Weg, den verborgenen Jüngling aus der verdeckenden Mädchenschar
herauszulösen, indem er auf dessen kriegerisches Gemüt spekuliert, das - so
die maskuline Annahme - jedem Mädchen wesensfremd sein müsse. In einer konstruierten
Situation lässt Odysseus die Kriegstrompete blasen. Die Mädchen flüchten in
Panik, nur eines greift instinktiv nach den vorsorglich bereitgelegten Waffen.
In ihm erkennt Odysseus sofort den Achilleus, welcher sich in nächster Zeit
zu einem furchtgebietenden Mannstrumm auswachsen wird, dessen bloßer Anblick
schon der Feinde Schlachtreihen wanken lässt.
Eine gewaltige Heeresmacht versammelt sich unter der Führung von Agamemnon (König
des mächtigen Mykene und Bruder des entweibten Menelaos von Sparta) um gegen
Troja zu ziehen, welches ebenso die Kriegerscharen seiner zahlreichen Vasallen
zum Streite herbeiruft. Der Trojanische Krieg ist letztlich nichts weniger als
ein Weltkrieg für die kleine griechische Welt. Nach dem Wettrüsten und Mobilisieren
aller Kriegsgelüste, Paris vergnügt sich derweilen mit Helena (die am schönen
Königssohn höchsten Gefallen findet), nimmt ein grauenhaftes Heldendrama seinen
Lauf, welches in den zehn Jahren unablässigen Zerfleischens Himmel und Erde
entzweit. Selbst die durch das irdische Geschehen zur anteilnehmenden Leidenschaft
gereizten Göttlichen sehen sich letztlich außerstande davon Abstand zu nehmen,
in kriegerischer Formation aufeinander einzuschlagen. Analog zum Krieg der Menschen
eskaliert die Parteilichkeit der Götter zum bewaffneten Konflikt untereinander.
Man versammelt sich zur Schlacht und - so darf angenommen werden - wäre Zeus
nicht rasch
mit
himmlischem Zorn zwischen die Widerstreitenden getreten, sein sorgsam geordneter
Kosmos hätte sich in ein apokalyptisches Chaos irrlichtender Wesenheiten aufgelöst.
Viel wurde (schon zu Zeiten der griechischen Antike) über die in den "Griechischen
Heldensagen" zu Tage tretende Unmoral (und götterschändliche Freigeisterei)
gewettert. Jähzorn, Ruhm- und Habsucht, Arglist, Götterwillkür und Götterschmähungen,
eine ganze Reihe von Untugenden prägen den Charakter des Geschehens. Der größte
und dominant im Zentrum der Handlung stehende griechische Held Achilleus erweist
sich als leicht angerührter Egomane, der aus nichtigem Grunde seine patriotische
Mannespflicht vernachlässigt und persönliche Befindlichkeiten über das Allgemeininteresse
stellt. Auch wagt er es, den Göttlichen zu freveln. Dem Gott Apollo droht er
gar blanke Gewalt an, sollte sich ihm dieser weiterhin zu Gunsten Trojas in
den Weg stellen. Töten könne er den Unsterblichen zwar nicht, verprügeln jedoch,
das sehr wohl. Frömmelnde Gottesfurcht ist nicht die Sache des herrlichen Achill,
welcher sich somit auch als Held wider die despotischen Anmaßungen göttlicher
Allmacht erweist.
Unter anderem Achilleus' tränenreiche Wehklage ob des Heldentodes seines im
Kampf von Hektor erschlagenen Freundes (und - so die Mär - Liebhabers) Patroklos
hat den Philosophen Platon dermaßen verstört, dass er bei Verfassung seiner
"Politeia"
meinte nicht umhin zu können, für Homers tugendgefährdendes Werk Maßnahmen der
Zensur zu erwägen. Weinende Helden zersetzen die Wehrkraft der Jugend, befürchtete
der fürsorgliche Pädagoge. Überhaupt, merkte der Athener grimmig an, sei die
in Homers "Ilias" zutage tretende Fülle an himmlischer und irdischer Unmoral
jeder Erziehung zur Tugendhaftigkeit schädlich. Spätere Generationen nahmen
hingegen Anstoß an einer Gesittung, der nichts ferner liege, als ihr heroisches
Treiben aus pazifistischer Sicht zu hinterfragen. Und in der Tat werden wahrlich
simple Gemüter, ob ihres Status als Gewaltexperten, zu Helden idealisiert, ihr
Schlachten und Sterben wird episch verherrlicht, obgleich es letztlich nicht
der kriegerische Furor ist, der Troja zu Fall bringt, sondern der Intellekt
des Odysseus. Welcher, ob seiner Charakterisierung als mündiger Kopfmensch,
gewiss die modernste Figur in dem zusammengewürfelten Haufen tollkühner Wüteriche
ist. Ganz Defätist, versucht Odysseus der Einberufung in den Krieg vermittels
der Vortäuschung einer Gemütstrübung zu entkommen. Allein das Theater inszenierter
Narrheit misslingt dem sonst so Gewieften. Er wird überführt und zum Kriegsdienst
eingezogen.
Die Geschichte Trojas in seiner Sagengestalt ist im Großen und Ganzen - und
trotz modernistisch wirkender Einzelaspekte - ein Werk archaischer Erzählkunst.
Woran auch ein Gustav Schwab in seiner deutschen Neufassung nichts zu ändern
gedachte. Die Wahrung von Authentizität in Wort und Handlungsbild war dem deutschen
Nachdichter ein Gebot, dem er treulich zu entsprechen trachtete. Den Bestimmungsgrößen
von Krieg und Heldenmut wird zwar allfällig launisch zuwidergehandelt - Aristokraten
dürfen das -, ansonsten aber wird brav am "Feld der Ehre" für König und Vaterland
gestorben. Und das eines schon mehr als fragwürdigen Motivs wegen, denn Kriegsziel
ist die Rückführung der geraubten Helena in den Königspalast zu Sparta. Historiker
sehen das heute zwar anders, wenn sie auf die geostrategische Gunstlage Trojas
am Hellespont verweisen, doch davon wissen die Mythen freilich nicht zu berichten.
Als nach dem Fall Trojas die schöne Helena nun den vom langen Ringen erschöpften
und gezeichneten Kriegern vorgeführt wird, zweifelt keiner mehr am Sinn des
zehnjährigen Schlachtens. Ihr überirdischer Liebreiz wetteifert mit dem Liebreiz
Aphrodites und besänftigt durch seine Kraft der Betörung jede männliche Zornesregung
noch im Keim. Also kein Zweifel - Helena war das Blutvergießen wert.
Sind es auch die Sagen Trojas wert, sich eingehender damit zu befassen? Einmal
davon abgesehen, dass es sich um Weltliteratur handelt, die man bis vor kurzem
als Bildungsbürger (oder absterbender Bildungsphilister) einfach kennen musste,
so handelt es sich doch um eine ungemein lebendige Handlung, dargelegt in Gestalt
eines Schrifttums von anmutigster Wortgewandtheit, wie es zwischenzeitlich selten
geworden ist. Zu diesem gesellt sich ein Tiefe gewinnender Blick in die verflossene
Welt der Mythen, welche - vom Mythos zum Logos - der griechischen Ratio voranschritten,
sie vorbereiteten. Auch gewahrt man eine Religiosität, die weder frömmelt noch
buckelt und alles in allem als Ausdruck einer hierarchisch zugespitzten Herrenmoral
typologisch auf das starke Individuum hingeordnet ist. Als - wenn auch säkularisierte
- Geschöpfe christlicher Gesinnungsethik erscheinen dem sittlich verfeinerten
Gegenwartsmenschen die griechischen Helden wohl unreif und grobschlächtig. Ihre
schändlichen Götter sind, im Vergleich mit dem allgütigen und über jede Bosheit
erhabenen Gott der Christen, nicht verehrungswürdig. Aber doch fasziniert diese
fremde, ferne Welt ob der entfesselten Lebenskraft ihrer Kreaturen. Eine Vitalität,
wie sie sich sonst nur noch im
Nibelungenlied
in Gestalt des germanischen Helden Siegfried inszeniert, dergestalt ein heidnisches
Dasein jenseits von Gut und Böse gezeichnet ist, wie es in Zeiten politischer
Korrektheitsdiktate in so reiner Charakterfassung der Feder eines Autors nicht
mehr entfließen dürfte. Ist jedoch ungebändigtes Leben anders als nach dem Gemüt
von Achill oder Siegfried denkbar?
Friedrich
Nietzsche, der anrüchige Wortführer der blonden Bestie, hätte diese Frage
wohl verneint. Wofür ihn das anständige Gewissen rügen mag, denn wie sollte
eine amoralisch heroische Lebensauffassung anders verstanden sein, wenn nicht
einzig über das Weltbild einer aristokratischen Kaste vermittelt? Wozu offen
bleibt, was man denn unter "Aristokratie" zu verstehen gedenkt. Als herrschaftlicher
Adel der Wohlgeborenheit oder - ohne Ansehen des Standes und der Geburt - als
hervorgebrachter Adel edlen Geistes?
Was sich in Gestalt der Sagen Trojas somit als unterhaltsames Bildungsgut vorstellt,
ist also durchaus voll der Anregungen zur philosophischen Hinterfragung von
Gesinnungs- und Verantwortungsethik. Und es ist dann wohl auch diese jeder menschlichen
Daseinsverhaftung auf den Grund gehende Tiefendimension von Sein oder Nichtsein
im Spannungsfeld sozialer Verpflichtung, welche große Literatur von unvergänglichem
Gehalt ausmacht. Dieses lesend vorzutragen, bedarf eines Sprechers, der sich
in stimmlich vernehmbarer Gebärde des heroischen Textes auf zwiespältige Weise
würdig erweist: Nämlich eines Sprechenden, der spricht, ohne solcherart den
sprachlich dargelegten Wahnsinn durch allzu viel Pathos im Ton zu verklären
und doch dem Dargebotenen den Nimbus feierlicher Inszenierung nicht gänzlich
abspricht. Immerhin sind ja Gottheiten am Werk. Die Mahnung ob der begangenen
Abscheulichkeiten klingt zwar mit an, doch erhebt sich nicht der Finger des
Nachgeborenen zur moralischen Belehrung archaischer Früheuropäer, die einer
aristokratischen Ethik des Stärkeren frönten. Hanns Zischler, der Vorleser zur
Hörbuchfassung, versteht es letztlich, die tragische Erhabenheit eines mythologischen
Kräftemessens hörbar zu machen, welches für Tausende und Abertausende Tod, Verderben
und Sklaverei bedeutet und dessen eigentümliche Schönheit von einer Ästhetik
des Grauens herrührt, von der sich keiner wünschen möge, sie jemals in Natura
erleben zu müssen.
(Harald Schulz; 04/2005)
Gustav Schwab: "Die Sagen Trojas"
LIDO, 2005. 4 CDs, Laufzeit etwa 310 Minuten.
ISBN 3821853751.
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Gustav Schwab, deutscher Schriftsteller, geb. in
Stuttgart 19.6.1792, gest. ebenda 4.11.1850; studierte Theologie, Philologie und
Philosophie in Tübingen; Tätigkeiten als Gymnasiallehrer und Geistlicher;
Freundschaft u.a. mit Ludwig Uhland und Justinus Kerner. Leitete 1827-37 den
literarischen Teil des cottaschen "Morgenblattes für gebildete Stände"
und war 1833-38 mit Adelbert von Chamisso Herausgeber des "Deutschen
Musenalmanachs". Schwab schrieb im Geiste der schwäbischen Romantik v.a.
Balladen und Romanzen sowie volksliedhafte Gedichte ("Neues deutsches
allgemeines Commers- und Liederbuch", 1815); es entstanden aber auch
biographische und wissenschaftliche Werke. Bis heute beliebt sind seine
Bearbeitungen antiker und deutscher Sagen ("Die schönsten Sagen des
klassischen Alterthums", 1838-40, 3 Bde.; "Buch der schönsten
Geschichten und Sagen", 1836-37, 2 Bde.; auch u.d.T. "Die Deutschen
Volksbücher"). (Textauszug aus "Der
Brockhaus - Literatur")
Hanns Zischler, geboren 1947 in Nürnberg, schreibt, inszeniert und arbeitet als
Film- und Fernsehschauspieler. Einem breiten Publikum ist er aus zahlreichen
Produktionen bekannt, u. a. aus "Die flambierte Frau", "Kir Royal",
"Charlie und Louise", "Das doppelte Lottchen", "Hitlerjunge
Salomon", "Das Mädchen Rosemarie", "Die Bubi-Scholz-Story". Besonders eindrucksvoll ist seine Zusammenarbeit mit Jean-Luc
Godard. Hanns Zischler bezeichnet sich selbst als "Vorleser aus
Passion".
Weitere Hörbuchtipps:
Gustav Schwab: "Sagen des klassischen Altertums 1"
Sprecher: Hanns Zischler
Von Prometheus, der sich gegen Zeus
auflehnte, bis zum fliegenden Ikaros ist hier endlich all das zu hören, was
zum Erbe unserer Kultur gehört. Gustav Schwabs klassisch gewordene Sammlung
der griechischen Sagen hat unser Bild der Antike maßgeblich geprägt und eignet
sich gleichermaßen zum Schmökern wie zum Nachschlagen. Die Sagen des klassischen
Altertums bieten seit Generationen einen einzigartigen Zugang zur Antike. (LIDO)
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Gustav Schwab: "Sagen des
klassischen Altertums 2. Titanen, Theseus, Ödipus und Andere"
Sprecher: Hanns Zischler
Von ihrem ersten Erscheinen an haben die Sagen des klassischen Altertums mehrere
Generationen der Deutschen mit den ältesten Dichtungen des Menschen vertraut
gemacht. Die Verwandlung der Niobe in kalten Marmor, Theseus und die untreue Phädra,
der Vatermörder Ödipus, "sachte wie auf Geisterflügeln" in die
Tiefen der Unterwelt getragen. (LIDO)
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Gustav Schwab: "Sagen des
klassischen Altertums 3. Herakles und die Sieben gegen Theben"
Sprecher: Hanns Zischler
Der dritte Teil der Sagen des klassischen Altertums entführt den Hörer nach
Theben: Der Sturm auf die Stadt,
Antigone
und Kreon, die Teilung des Peloponnes - die seit Generationen immer wieder
gelesene Fassung von Gustav Schwab verzaubert den Fatalismus der mythischen
Welt ins Durchsichtige und hat unser Bild der Antike maßgeblich geprägt. (LIDO)
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