Brigitte Hellmann (Hrsg.): "Der kleine Taschenphilosoph"
Ein Lesebuch für Nachdenkliche
Wenn ich in der U-Bahn sitze, gelten
meine Gedanken üblicherweise nicht zwingend den grundlegenden menschlichen
Fragen wie "Woher kommt der Mensch? Was ist der Mensch? Wohin geht er?". In der
letzten Zeit jedoch haben meine Fahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln
eine eigenartige Qualität erhalten, genau genommen, seit ich wieder und wieder
in dem Buch "Der kleine Taschenphilosoph" schmökere. Diese Lektüre bewirkt ein
merkwürdiges, sich wiederholendes Phänomen bei mir: während die Zeit vergeht,
scheint sie gleichzeitig stillzustehen, manchmal schrecke ich auf, weil ich
schon längst am Ziel meiner Fahrt angelangt bin, ohne mir dessen bewusst zu
sein.
Grundlegende Fragen der östlichen und westlichen Philosophie werden
im Buch von unterschiedlichen Autoren zeitumspannend aufgeworfen, die Palette
der Textverfasser reicht von Gautama Buddha bis zu Simone de
Beauvoir.
Gleich zu Beginn gibt Platon, einer der größten griechischen Denker, in der
klassischen Verteidigungsrede des Sokrates einen Einblick in seine Art der Erkenntnisfindung,
nämlich das begriffliche oder von Platon
selbst so genannte dialektische Denken. Dialektik, die Kunst im gemeinsamen
Suchen im Gespräch zum allgemein Gültigen vorzudringen, bedingt auch dialektisches
Denken, das vom Einzelnen zum Allgemeinen aufsteigt, vom Bedingten zum Unbedingten,
andererseits aber auch durch alle Zwischenglieder vom Allgemeinen zum Besonderen
und Einzelnen herabsteigt. Es ist spannend und entspannend, im Bus zu sitzen
und der klugen Argumentation des Sokrates in der Verteidigungsrede in dem gegen
ihn geführten Gerichtsverfahren zu folgen.
Interessante Antworten auf die
Frage nach dem Wesen der Weisheit gibt Frieder Lauxmann in seinem Beitrag "Die
Universität des Nichtwissens", der vier Faktoren nennt, die das Denkfeld
weiträumig eingrenzen, in dem Weisheit gedeihen kann.
(Kleiner
Zwischenblick auf die Stationsaufschrift - bin ich schon da?)
Sehr gut
gefallen hat mir auch "Denken und Vernunft" von Aristoteles, der zu dem Schluss
kommt, dass die reine denkende Erkenntnis und das durch das reine Denken zu
Erkennende eines und dasselbe sind. Während ich seinen Ausführungen folge,
erinnere ich mich an die eine oder andere Diskussion, an der ich vor Jahren mit
hochroten Wangen auf der Universität teilnahm.
Eine moderne und für mich
neue Sicht des Denkens beschreibt Brigitte Röthlein, die die Arbeit des Gehirns
mit einem Ameisenstaat vergleicht und sehr treffende Parallelen zum Tierreich
aufzeigt, z. B. worin der Unterschied zwischen einem Ameisenstaat und einer
Fabrik besteht.
Ganz anders der philosophische Zugang von Marcus Chown,
der die aufregende Theorie der Wissenschafter Wickramasinghe und Hoyle zitiert,
der zufolge menschliches Leben seinen Ursprung nicht auf der Erde habe, sondern
aus
dem All gesät wurde. Sollten diese Astronomen recht haben, wären wir alle
ergo Außerirdische, deren primitive Vorfahren von den Sternen stammen.
Interessant, so habe ich das tatsächlich noch nicht betrachtet. Ich begegne dem
Blick einer etwas missmutig wirkenden älteren Dame - sollten wir tatsächlich
alle aufgrund eines kosmischen Phänomens unsere Ursprünge ferne in einer Galaxis
unbekannten Ausmaßes haben? Wenn ich sie mir so ansehe, bin ich da nicht ganz
sicher.
Lieber wende ich mich Immanuel Kants "Beantwortung der Frage: Was
ist Aufklärung?" zu, da fühle ich mich sattelfester. Kant postuliert mit seinen
Auffassungen grundlegende philosophische Antworten wenn er sagt, Aufklärung ist
der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit, die das
Unvermögen des Menschen ist, sich seines Verstandes ohne Leitung eines Anderen
zu bedienen. Und selbst verschuldet sei sie, wenn die Ursache derselben nicht am
Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liege, sich
seiner ohne Leitung eines Anderen zu bedienen.
Mit dem Wahlspruch der
Aufklärung, sapere aude (wörtlich: "Zu wissen wage!"), also dem Mut,
sich des eigenen Verstandes zu bedienen, rate ich zur Lektüre dieses Buches, der
Leser wird es nicht bereuen.
(Ich muss aussteigen!)
(Gabriele Klinger; 07/2004)
Brigitte Hellmann (Hrsg.): "Der kleine
Taschenphilosoph"
dtv, 2004. 160 Seiten.
ISBN 3-423-34099-1.
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Andrea Löhndorf (Hrsg.):
"Glück. Ein Lesebuch zur Lebenskunst"
Das Streben nach Glück ist so alt
wie die Menschheit selbst. Doch gibt es ein Patentrezept oder gar eine
Glücksformel? Philosophie, Religion und Psychologie haben die
unterschiedlichsten Ansätze bei der Frage nach dem Glück entwickelt: Vom
beherzten "Carpe diem" zur bewussten Geistesschulung, von der beschwingten
Leichtigkeit des Seins zur erfüllenden Sinnfindung.
Dieser Band versammelt Texte von
Epikur,
Goethe,
Viktor Frankl,
Erich Fromm,
Henry David
Thoreau, Krishnamurti,
Nietzsche,
Graf Dürckheim,
C.G. Jung, Mihaly Czikszentmihaly, dem
Dalai Lama
und vielen anderen, die ermutigen, die eigene Lebensgestaltung zu überdenken
und das persönliche Glück nicht dem Schicksal zu überlassen. (dtv)
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