Brina Svit: "Con brio"
Ein Liebesroman


Der alternde Schriftsteller R.A. Tibor lernt bei einer Cocktailparty seines Verlegers eine junge Frau kennen. Er lädt sie für den nächsten Tag zum Mittagessen ein und macht ihr spontan einen Heiratsantrag. Grušenjka, Kati wie er sie nennt, willigt ein. Sie zieht bei ihm ein und beginnt systematisch sein Leben umzukrempeln. Seine Haushälterin, seine Sekretärin und schließlich sogar der Kater verlassen nacheinander das Haus.

Aus Sicht des Lesers scheinen Tibors Beweggründe für die Heirat auf der Hand zu liegen - er fühlt sich vor allem sexuell zu Kati hingezogen. Doch nach und nach verfällt er ihr rettungslos.

"Wenn ich dich bitte, ja zu sagen, sage nein, so wird mein Verlangen stärker und stärker werden..." sagte schon der römische Dichter Ovid. Kati, Grušenjka, scheint dieses Spiel bis zur Perfektion zu beherrschen. Gekonnt hält sie den immer verliebter und ungeduldiger werdenden Tibor auf Distanz. Aber ist sie wirklich nur eine ruchlose Verführerin, kalt und berechnend? Welches grausame Spiel treibt sie mit ihm? Was sind ihre Beweggründe? Was ihr Geheimnis?

"Keine Fragen zwischen uns", war Katis Bedingung Tibor zu heiraten. Tibor willigte nur allzu gerne ein, war er doch überzeugt, "dass allein das Geheimnis aus einem Mann und einer Frau ein richtiges Paar macht." Aber was, wenn zu viele Geheimnisse zwischen zwei Menschen stehen? Aus Geheimnissen werden übermächtige Schattenwesen, die sich wie Spinnweben über die Gedanken legen und einem nachts auflauern. Es kommt wie es kommen muss: Tibor wird unsicher, misstrauisch, eifersüchtig. Er vermutet, dass Kati ihn mit seinem besten Freund betrügt. Er beginnt sie zu überwachen, belauscht ihre Telefongespräche und beobachtet sie sogar im Schlaf. Dabei verstrickt er sich immer weiter in diese "amour fou", die ihn unerbittlich an seine Grenzen führt, ihn aber zugleich literarisch inspiriert.

Ein Liebesroman spannend wie ein Krimi, amüsant wie eine Komödie. Fesselnd von den ersten Seiten an. Zusammen mit Tibor, dem Ich-Erzähler der Geschichte, versucht man Kati auf die Schliche zu kommen, blättert begierig Seite für Seite um, in der Hoffnung ihr rätselhaftes Spiel zu entlarven.

Brina Svit beherrscht es meisterhaft den Leser im ungewissen zu lassen, die Spannung mehr und mehr zu steigern, um mit einem Ende aufzuwarten, das einen fast zum Lachen bringt, weil es so naheliegend und trotzdem überraschend ist. Ein mehr als gelungener Roman.
Brina Svit, 1954 in Ljubljana geboren, lebt seit 1980 als Journalistin, Drehbuchautorin, Regisseurin und Schriftstellerin in Paris.

(wm; 02/2002)


Brina Svit: "Con brio"
Ein Liebesroman. Paul Zsolnay Verlag, 2002.
187 Seiten. ISBN 3-552-05193-7. ca. EUR 15,90.
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Ein weiteres Buch der Autorin:
"Moreno. Eine richtige Liebesgeschichte"
In die Toskana ist sie gekommen, um eine Liebesgeschichte zu schreiben, im übrigen ihr erstes Buch auf Französisch, denn sie ist eine slowenische Autorin, lebt jedoch in Paris (verheiratet, zwei Kinder). Aber dann erlebt sie in Italien, auf dem Landgut der Baronin Rezzori, wo der "Torre" als Refugium für renommierte Autoren eingerichtet worden ist, selbst eine Art Liebesgeschichte. In ihrem zauberhaft leichten, klugen und geschliffenen autobiografischen Buch "Moreno" erzählt Brina Svit von der Zuneigung der Ich-Erzählerin zum Personal der Baronessa, lauter Entwurzelten, vor allem zu Mohammed, dem marokkanischen Gärtner, von ihren Selbstzweifeln und durchaus komisch, ja satirisch von den Kollegen, die im Vollgefühl ihrer eigenen Bedeutsamkeit im malerischen Turm ihr Werk vorantreiben. Ihre eigene Existenz spiegelt sich in dem, was sie über die aus Marokko oder Albanien stammenden Dienstboten der Baronessa in Erfahrung bringt. Das verleiht diesem wie hingetupft geschriebenen Text eine zusätzliche existentielle Tiefendimension. Die Figuren wachsen über sich selbst hinaus, so wie die Landschaft der Toskana eine geradezu magische Qualität bekommt. So ist "Moreno" eine Liebesgeschichte und ein Buch über das Schreiben, über das Leben in der Sprache und zwischen den Sprachen und über den Zauber einer Landschaft. (C.H. Beck
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