Henry Jenkins: "Textual Poachers: Television Fans and Participatory Culture"


Ein StarTrek-Fan hat viel zu erleiden, wenn er sich "outet". Von Vorschlägen, endlich ein Leben zu leben bis zu einer immer wieder beleidigenden Darstellung selbst durch Sender, die durch StarTrek eine Menge Geld verdienen. Darum ist es immer wieder schön, wenn mal jemand ein ernsthaftes Buch über uns schreibt. Henry Jenkins, der selbst ein bekennender StarTrek-Fan und außerdem ein Mitglied von Gaylaxians ist, hat darum die Mühe auf sich genommen, eine wissenschaftliche Abhandlung über Fandom, unter besonderer Berücksichtigung der Trekker zu schreiben. Er bezeichnet diese Trekker in seinem Buch als textuelle Wilderer, da sie den Urtext StarTrek benutzen, um eigene neue Texte nach ihrer eigenen Vorstellung davon, was StarTrek ist, oder sein sollte, zu schreiben. Diesen kreativen Aspekt von Fandom nimmt er in diesem Buch unter die Lupe.

Das erste Kapitel dieses Buches gibt eine Einführung in das Fandom allgemein und in die "Wilderer"-Tendenzen, die hier herrschen. Hier wird noch einmal die Entstehungsgeschichte StarTreks dargestellt, zusammen mit der Geschichte der Entstehung der StarTrek-Fangemeinde. Leute, wusstet Ihr, dass wir so etwas wie kulturelle Vorreiter sind? Jenkins zumindest, der viel darüber geforscht hat, bezeichnet uns als die Urväter des organisierten Fandoms. Auch etwas, worauf man stolz sein kann, wenn einem Mitglieder anderer Fangemeinden irgendwie komisch kommen. So nach dem Motto: Wenn es uns nicht gäbe, würde es Euch auch nicht geben. Aber wir sind ja tolerant und denken so etwas nur ganz leise.

Im zweiten Kapitel beschreibt Jenkins dann, wie der "Urtext" der TOS mehr und mehr Realität angenommen hat, indem sich die Fans diesen Text zu Eigen machten. Durch diese Aneignung und durch das Fortsetzen der Stories durch eigene Ideen bildeten nach seiner Ansicht die Fans erst aus den doch eher unzusammenhängenden Episoden einen Metatext, sozusagen die Geschichte der Enterprise, wie wir sie heute kennen. 

Von diesen Betrachtungen ausgehend beschreibt Jenkins dann die verschiedenen kreativen Fanaktivitäten, wie die Fankritiken, Episodenführer, eigene Geschichten und Romane, Slash-Geschichten (erotische StarTrek-Geschichten), Musik, eigene Videoproduktionen, und natürlich die allseits beliebten Filksongs. Zwischendurch macht er auch noch Ausflüge in andere Fangemeinden und beschreibt, wie Ähnliches auch dort geschieht. Das Buch ist nicht nur randvoll mit interessanten Informationen, sondern beinhaltet auch grafische Beispiele von Fanproduktionen, die wirklich sehenswert sind. Alleine die Zeichnungen hierin sind schon die Anschaffung wert. Für alle, die die Gewissheit haben wollen, gewissermaßen akademisch verbrieft, dass sie als Fans eben keine Spinner sind, und für alle, die einfach mehr über das Phänomen Fandom wissen wollen, ist dieses Buch absolut empfehlenswert.

(K.-G. Beck-Ewerhardy)


Henry Jenkins: "Textual Poachers: Television Fans and Participatory Culture"
Routledge, 1992. 256 Seiten.
ca. EUR 27,62.
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