Thomas
Richards
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Manchmal
bekommt man das Gefühl, dass einfach jeder versucht aus ST noch einen müden Dollar
herauszuquetschen. Und dabei stellen sich beileibe nicht alle besonders geschickt
an. Thomas Richards war einmal ein Professor für englische und amerikanische Literatur
an der Harvard Universität, und er ist der Letzte in einer zunehmend länger werdenden
Reihe von Akademikern, die versuchen sich durch die Bearbeitung von ST ein Zubrot
zu verdienen.
In
diesem Buch geht es um die Bedeutung von StarTrek, und das bedeutet in diesem
Zusammenhang, dass Mr. Richards versucht, eine interpretatorische Arbeit über
ST als Gesamttext zu schreiben. Dies ist sicherlich eine lobenswerte Arbeit, wenn
man sie auch als echter Trekker für überflüssig erachten muss. Für denjenigen,
der nur etwas über ST lernen möchte, als einen der großen kulturellen Texte unserer
Zeit könnte ein solches Buch allerdings durchaus interessant sein. Darum wird
dieses Buch auch im Klappentext noch zusätzlich als eine Einführung in die Bereiche
der Literaturwissenschaft, der Mythologie und in den Untersuchungsgegenstand Science
Fiction bezeichnet. Dies ist ein ziemlich hoher Anspruch, dem auf 194 Seiten ziemlich
schwierig gerecht zu werden ist. Als jemand, der gerade eine Arbeit genau in diesen
Bereichen schreibt, weiß ich in der Beziehung ziemlich genau, wovon ich rede.
Wird
Mr. Richards seinem selbstgestellten Anspruch auch gerecht? Nun, ein Blick ins
Inhaltsverzeichnis lässt einen erst einmal etwas staunen. Hier finden wir keine
wirklichen literaturwissenschaftlichen Themengebungen, sondern nur vier Kapitel,
von denen sich das erste mit dem Problem von Kontaktaufnahme und Konflikten in
ST beschäftigt, das zweite von Charakter und Identität handelt (ein Thema, das
bereits in diversen anderen Werken zu ST bearbeitet wurde), das dritte sich mit
dem Problembereich Story und Mythos beschäftigt und das letzte sich auf das Gefühl
des Staunens in ST bezieht. Diese Aufteilung und die Titelgebung erscheint etwas
unkonventionell, was allerdings nicht unbedingt negativ sein muss. Dass der Titel
des Buches an eine Arbeit aus den 1970er Jahren von Karin Blair erinnert, muss
auf Grund seiner Unverfänglichkeit auch weiter nichts bedeuten.
Das
ist der äußere Eindruck des Buches, also alles, was Ihr auch erfahren könnt, indem
Ihr einfach in eine Buchhandlung geht und Euch das Buch mal anschaut. Wie sieht
es nun mit dem Inhalt aus? Nun, Mr. Richards verspricht im Klappentext eine Einführung
in die Welt der Literatur, der Mythologie und der Science Fiction. Am Beispiel
von StarTrek. Es ist dabei anzumerken, dass er durchaus eine Menge Literatur in
diesem Buch nennt und mit ST in Beziehung setzt, aber er weigert sich Literatur
zu benennen, die er persönlich als minderwertig erachtet. So erwähnt er fast jedes
Buch auf das sich eine Episode bezieht, außer im Falle der TNG-Episode: The
Royale. Dies ist ein kleines bisschen arrogant, weil zwar Ian Fleming nicht
unbedingt zu den Sternen am literarischen Himmel zählt, aber seine Arbeit immerhin
Kritiker und Literaturwissenschaftler wie Umberto
Eco zu ernsthafter Beschäftigung bemüßigt haben. Man muss James Bond-Geschichten
nicht mögen, aber ein Literaturwissenschaftler sollte sich mit der pauschalen
Aburteilung eines Genres doch ein bisschen mehr zurückhalten. Speziell, wenn er
für Laien schreibt. Mit diesem Kritikpunkt geht noch ein weiterer einher. Mr.
Richards nennt eine ganze Menge Literatur in diesem Buch. Manchmal nennt er konkrete
Titel, manchmal nur Autoren. Bei der Fülle der gegebenen Beispiele vermisst man
am Ende dieses Buches dann allerdings ganz entschieden eine Bibliografie, die
das Auffinden der erwähnten Titel erleichtern würde.
Wie
steht es mit Mr. Richards ST-Festigkeit? Nun, er stellt fest, dass es in ST niemals
so eine grandiose Special-Effect-Schlacht geben wird, wie die Vernichtung des
Todessternes am Ende von StarWars I. Da sich dieses Buch über den gesamten ST-Text,
einschließlich der acht Spielfilme erstreckt, ist solch eine Äußerung ziemlich
irritierend. Im Fernsehen sahen wir ähnliche Großzerstörungen in TNG:
The Best of Both Worlds, in DS9: The
Emissary, The Way of the Warrior und in VOYAGER: UNITY. Ich bin sicher, wenn
man weiter darüber nachdenkt, findet man noch weitere Beispiele. Auch wissen wir
aus Time’s Arrow und Generations,
dass Guinan bereits erwachsen war, als die Borg ihre Welt zerstörten, während
Mr. Richards uns erklärt, dass sie auf der Flucht großgezogen wurde, was so einfach
nicht stimmt. Genauso wenig wie die Feststellung, dass fast jede ST-Episode mit
Raum-Zeit-Verzerrungen zu tun hat. Wenn man sie wirklich nachzählt, ist ihr Anteil
bei knapp zehn Prozent; über den Gesamt-ST-Bereich verteilt.
Auch
im Bereich der Produktionshintergründe ist Mr. Richards etwas auf dem Holzweg,
wenn er nämlich beschreibt, dass die Planetenoberflächen in TOS bewusst aus Papiermaché
gemacht wurden, um den Verfremdungseffekt zu vergrößern, wo doch jeder an der
Produktion Beteiligte erklärte, dass sie dieses Papiermaché oft aus dem Müll holten,
weil Geld gespart werden musste.
Es
ist einfach unglaublich, dass ein Professor der englischen und amerikanischen
Literatur Isaac Asimov und Ray Bradbury als viktorianische Schriftsteller bezeichnet.
Eine solche Fehleinordnung ist selbst für Studenten im Grundstudium nicht statthaft.
Denn um ein viktorianischer Schriftsteller zu sein, muss man Brite sein und vor
dem Tod Königin Victorias geschrieben haben. Zumindest auf Asimov trifft beides
absolut nicht zu. Genauso ist es einfach unglaublich zu behaupten, dass in Science
Fiction die Geschicke der Menschen in der Regel von irgendwelchen Göttern gelenkt
werden, während ST eine der wenigen SF-Serien sei, wo das Individuum alle Fäden
in der Hand hält. Eine solche Sicht von Science Fiction kann nur jemand haben,
der sehr sehr wenig in diesem Bereich gelesen hat. Und in den 1990er Jahren SF
immer noch als einen Randbereich der Literatur zu bezeichnen zeigt, dass Mr. Richards
die wissenschaftliche Diskussion der letzten 15 Jahre weitestgehend verpennt hat.
Und dass er Mary
Shelleys Frankenstein als
ersten SF-Roman hinstellt mag man gelten lassen, wenn man es nicht zu eng nehmen
will, aber dass er behauptet, dass fast alle Literaturwissenschaftler auch dieser
Meinung sind, ist einfach Blödsinn. Alleine Cyrano De Bergeracs Novelle über eine
Reise zum Mond widerspricht dieser These, und es gibt Literaturwissenschaftler,
die mit einer gewissen Berechtigung LUKIAN VON SAMOSADE (120-185 v. Chr.) für
den ersten Science Fiction-Autor halten, der in
seinen Wahren Geschichten
von Mondreisen, Reisen zur Sonne, Kolonisation des Weltalls, Außerirdischen etc.
erzählt. Und es gehört ein sehr großes Wohlwollen dazu, Frankenstein ohne weiteres als einen Bildungsroman zu beschreiben.
Wobei Mr. Richards Definition des Bildungsromans auch zu wünschen übrig lässt.
Es
finden sich einige interessante Gedanken in diesem Buch, zur Interpretation einzelner
Episoden und einzelner Szenen. Aber über die Bedeutung von ST sagt dieses Buch
absolut nichts Neues. Alles wurde schon etliche Male zuvor gesagt. Und oft besser.
Die Fehler, die im Bereich Literaturwissenschaften und ST gemacht wurden sind
teilweise unverständlich, wenn man die akademische Stellung des Autors sieht (obwohl
er nicht mehr an der Universität ist) und bedenkt, dass ein Viertsemester mit
solchen Aussagen durchfallen würde. Der ehemalige Inhaber einer Professur dürfte
sich so etwas nicht erlauben. Darum kann man hier nur sagen - mit Bezug auf den
Anspruch des Buches - „Thema verfehlt: Ungenügend.“ Es gibt einzelne interessante
Passagen. Aber die sollte man sich von einem Unglücklichen, der das Buch bereits
gekauft hat fotokopieren, bevor man selber Geld für das ganze Buch ausgibt. Denn
es ist ABSOLUT NICHT EMPFEHLENSWERT!
(K.-G. Beck-Ewerhardy)
Thomas
Richards
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Englische
Ausgabe:
Main
Street Books
ca. EUR 14,82.