Latif Yahia, Karl Wendl: "Ich war Saddams Sohn"

Als Doppelgänger im Dienst des irakischen Diktators

"Fidai? Das Wort trifft mich wie ein Hammerschlag, denn ein Fidai ist mehr als nur ein Double. Ein Fidai ist alles: Doppelgänger, Kämpfer, Leibeigener. Ein Fidai muss bereit sein, für seinen Herrn zu sterben."


Eine abenteuerliche Geschichte - erzählt von Latif Yahia, der 1964 in Bagdad geboren wurde, und dessen Familie der wohlhabenden Oberschicht angehörte. Nachdem er gegen seine Vorstellungen zum Offizier im Zuge eines Spezialkurses ausgebildete wurde, musste er im Iran-Irak-Krieg kämpfen bzw. dienen. Durch seine äußere Ähnlichkeit mit Odai, dem Sohn des irakischen Diktators Saddam Hussein, wurde er immer wieder darauf angesprochen, ja sogar mit ihm verwechselt. Latif kam während seiner Schulzeit erstmals mit dem äußerst cholerischen und selbstgefälligen Präsidenten-Sohn in Kontakt. Jahre später wurde er aufgrund seiner Ähnlichkeit von diesem eingeladen, als Doppelgänger für ihn zu arbeiten. Nachdem Latif ablehnte, wurde er zwangsrekrutiert und unter enormen psychischen und physischen Strapazen nicht nur zu einem Doppelgänger von Odai, sondern zu seinem Leibeigenen, dem sogenannten "Fidai" geformt. Abgeschnitten von seiner Familie sollte er im Zuge von öffentlichen Auftritten Odai vor Attentaten bewahren. Anfänglich war das luxuriöse Leben, an dem Latif teilhaben konnte, für ihn interessant und spannend. Doch wurden Odais Eskapaden für seine Bediensteten immer unerträglicher. Seine legendären Wutausbrüche wären möglicherweise noch tolerierbar gewesen, doch die Tatsache, dass er zahllose Mädchen vergewaltigte und willkürlich Menschen tötete oder den Auftrag dazu gab, ließ Latif immer öfter an Flucht denken. Er erlebte die Vorzeichen des Einmarsches der irakischen Truppen im ölreichen Kuwait, bis er schließlich seine Chance ergriff, der ständigen Todesgefahr zu entkommen.

Latif berichtet von unfassbaren Verbrechen einer Einzelperson und der grauenvollen Arbeitsweise eines diktatorischen Systems, in dem der einzelne Mensch nicht zählt. Während der Lektüre spürt der Leser immer wieder den immensen Druck, dem die Menschen in einem solchen System ausgesetzt sind. Diese Geschichte vermittelt auf eindrucksvolle Art, dass Demokratie oder freie Meinungsäußerung auch heute noch keine Selbstverständlichkeit sind.

Karl Wendl, geboren 1958, führte kurz nach dem irakischen Überfall auf Kuwait ein Interview mit Saddam Hussein, später berichtete er aus Kuwait und Saudi-Arabien über die Schlacht am Golf.

(margarete; 10/2003)


Latif Yahia, Karl Wendl: "Ich war Saddams Sohn"
Goldmann, 2003. 320 Seiten.
ISBN 3-442-15249-6.

ca. EUR 9,90.
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