"Dr. Bodingbauers Sammelsurium physikalischer Besonderheiten"

Zusammengetragen von Lothar Bodingbauer


Ein Sammelsurium von Binsenweisheiten und Banalitäten

Na ja, ein Trittbrettfahrer auf der Erfolgskutsche von "Schotts Sammelsurium", dieser Doktor Bodingbauer; das war wohl mein erster Gedanke, als ich dieses Buch in die Hände bekam. Da aber spannende Paradoxa, ungelöste Rätsel, pikante Erklärungen, praktische Kleininformationen und anderes vollmundig angekündigt wurden, ging ich doch mit einer erwartungsfrohen Neugierde an die Lektüre des Buches.

Um gleich mit der Tür ins Haus zu fallen: Für mich war das Buch eine einzige Enttäuschung. Ein Sammelsurium von Überflüssigem, von Binsenweisheiten, von Banalitäten. Zwei Beispiele: "Ein Fahrrad wird ausbalanciert, damit es nicht umfällt. Auch ein stehendes Fahrrad kann man ausbalancieren. Es ist aber einfacher bei einem fahrenden Fahrrad." Kann man diese Aussage vielleicht gerade noch unter die Rubrik 'Physikalische Besonderheit' einordnen, so fällt einem das bei folgendem Satz schon schwerer: "Fünf Wurstsemmeln kosten fünf mal so viel wie eine Wurstsemmel." Diese und ähnliche tiefschürfende Erkenntnisse findet man auf Seite 85 von "Bodingbauers Sammelsurium". An anderer Stelle erteilt der Autor Ratschläge zur Namensgebung von Zwillingen: "Castor und Pollux, Sinus und Kosinus ..."

Auch Physikerwitze werden zum Besten gegeben, oder die beliebten Frage-und-Antwort-Spielchen. "Frage: Was ist an elektrischem Strom gefährlich? Antwort: Hohe Stromstärken können Hitzeschäden und Verbrennungen verursachen." Dies muss man an physikalischen Besonderheiten interessierten Lesern wohl schwerlich noch erklären. Und auch Herr Einstein dürfte es nicht nötig haben, noch einmal vorgestellt zu werden, Isaac Newton ebenso wenig.

Dass drei Eiswürfel eine Tasse Tee in neun Minuten von 95 Grad auf 50 Grad abkühlen, empfinde ich auch nicht gerade als besonders spannend. Und die Heiratsgeschichten der Familie Heisenberg scheinen mir für die meisten Leser ebenso belanglos wie das Wissen um die zehn größten Krater des Merkurs. Immer wieder wird der Leser mit einer Unmenge von Namen, Daten und Zahlen bombardiert, seien es nun die 63 Monde des Jupiter, sämtliche Daten, an denen der Halleysche Komet die Erde mit seinem Besuch beehrt oder schon beehrt hat, oder sämtliche Frequenzen der auf einer Querflöte spielbaren Töne.

Immerhin, da, wo es etwas zu erklären gibt, macht der Autor das auf souveräne Art und Weise. Auch komplizierte und schwierige Zusammenhänge erklärt er locker und auch für physikalische Laien leicht verständlich, beispielsweise die Sache mit Schrödingers Katze. Selbstverständlich enthält das Buch auch viel Wissenswertes, ich will also nicht alles schlecht reden, sogar einige Rosinen finden sich in diesem Allerweltskuchen vom Herrn Bodingbauer, so beispielsweise die lustige Anekdote über die Physikprüfung des Niels Bohr. Leider überwiegt aber doch das Überflüssige und Banale in "Dr. Bodingbauers Sammelsurium".

Bei diesem Dr. Bodingbauer handelt es sich übrigens um den Großvater des Autors (der Autor selbst ist kein Doktor), der mit seinen Notizen wohl den Kern dieser merkwürdigen Sammlung angelegt hat. Den Namen des Zeichners, Stefan Torreiter, der die Illustrationen zum Text beigesteuert hat, wollen wir natürlich nicht unterschlagen, denn er hat seine Sache gut gemacht.

(Werner Fletcher; 10/2006)


"Dr. Bodingbauers Sammelsurium physikalischer Besonderheiten"
Zusammengetragen von Lothar Bodingbauer.

Pichler Verlag, 2006. 192 Seiten.
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Lothar Bodingbauer ist Wissenschaftsjournalist für den Hörfunk. Für dieses Buch nützte er alle seine guten Verbindungen. Im Spannungsfeld Naturwissenschaft und Religion ist er im oberösterreichischen Innviertel aufgewachsen, wo er gelernt hat, komplexe Zusammenhänge zu entschlüsseln und sie anschaulich und interessant zu vermitteln. Er studierte Physik und Mathematik in Wien, unterrichtet Erwachsene und Kinder und bastelt an seinen Sendungen.