Titus Müller: "Die Brillenmacherin"

Ein historischer Roman


Meisterin des Lichts

Catherina ist die Frau des Brillenmachers Elias. Wir schreiben das Jahr 1386, in England gibt es nur wenige Brillenmacher und in Brabant und Venedig, wo es eine eigene Zunft dafür gibt, ist die Ausbildung lang und hart.

Auch im Mittelalter lässt die Sehstärke mit dem Alter nach und so sind Brillenmacher gesuchte Fachleute, nur die reichen können sich Brillen leisten.

Elias ist schon seit Wochen fort, auf der Burg von Sir Latimer, angeblich, um ihm eine Brille zu machen. Doch warum braucht er dafür so lange? Seine junge Frau vermisst ihn und reist ihm nach. Doch irgendetwas stimmt nicht auf der Burg, Elias nimmt sie kaum war, vor dem Haus gegenüber des Stalls stehen Wachen und die Frau Sir Latimers, Anna von Ashley, verreist allein, angeblich nach Ashley. Doch nicht einmal ihre Kinderfrau weiß, wohin sie wirklich reitet.

Dann wird Elias ermordet und Papiere, die er bei sich trug, gestohlen. Das Haus des Brillenmachers geht in Flammen auf, genauso wie das Haus von Catharinas Bruder. Alle reden von Hereford, der in Rom eingekerkert worden war und geflohen ist. Jetzt soll er wieder in England sein und Wycliffs Werk fortsetzen. Er übersetzt die Bibel ins Englische, in die Sprache des Volkes.

Die Kirche sieht das nicht gerne, für sie ist es Ketzerei. Und ganz besonders für den höchsten Kirchenmann in England, den Erzbischof von Canterbury. Der will diese Übersetzung unter allen Umständen verhindern. Doch wo befindet sich Hereford?

Titus Müller hat einen historischen Thriller geschrieben, eigentlich sogar einen Wissenschaftsthriller. Das Brillenhandwerk und die mühsame Erstellung einer Brille sind das eine Thema, was ist Licht und die Stellung von Kirche und Bibel im ausgehenden Mittelalter die andere. Dazu kommt eine Handlung, deren Spannung aus diesen Fragen folgt. Und natürlich erlebt der Leser auch eine Menge Alltagsszenen, sieht, wie das tägliche Leben sich in einer Zeit abspielt, die so ganz anders ist als unsere - und doch von Menschen bewohnt, die ihre eigenen Pläne und Wünsche haben, die sich von unseren doch nicht so sehr unterscheiden.

So ist der Schwerpunkt des Buches die Historie, die Auseinandersetzung um eine Volksbibel und die Frage: "Was ist Licht?"

Dazu kommt eine ausgefeilte Handlung, die den Leser immer wieder in die Irre laufen lässt.

Die Personen kommen dagegen manchmal zu kurz - auch wenn der Erzbischof, der sich um Tiere sorgt und Menschen wie Schachfiguren benutzt, der Machtpolitiker ist und gläubiger Christ eine schillernde Figur ist, wie sie sich nur selten findet.

Für Liebhaber historischer Romane ein Muss.

(Hans Peter Roentgen; 05/2005)


Über den Autor: Titus Müller wurde 1975 in Leipzig geboren, studierte neue deutsche Literatur, mittelalterliche Geschichte und Publizistik. "Der Kalligraph des Bischofs" war 2002 sein erster historischer Roman, bei den "Die sieben Häupter" ein Roman mit sieben Autoren fungierte er als Herausgeber.

Titus Müller: "Die Brillenmacherin"
Rütten & Loening 2005
ISBN 3-352-00717-9, gebunden, 435 Seiten

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Interview mit dem Autor: https://www.textkraft.de/pageID_1845308.html