Bernice Morgan: "Topographie der Liebe"
"Es gibt sehr viele Arten von Liebe, die wenigsten machen glücklich.
Aber
das ist offenbar auch nicht ihr Sinn."
Ein Roman, der vielfältige Arten von Liebe beschreibt, der eine große Palette
von Sehnsüchten und Träumen von Menschen einfängt, ihre Ängste und ihre Trauer
nachzeichnet. Ein faszinierendes Arrangement aus unterschiedlichsten Leben. Eine
Familiensaga der anderen Art. Der Leser lernt die mannigfachsten Menschentypen
kennen, die jedoch alle irgendwie einen Bezug zueinander haben, deren Lebensgeschichten
sich überschneiden, berühren, wieder voneinander entfernen und doch untrennbar
miteinander und mit Neufundland verbunden sind. Neufundland und das entbehrungsreiche
Leben zu Beginn des 20. Jahrhunderts bilden eine Kulisse, genauso wie das
moderne St. John's.
Zu Beginn lernen wir Kate kennen, die in einem Krankenhaus behandelt wird
und ihr Leben Revue passieren lässt. Sie genießt den Spitalsaufenthalt, um den
Verpflichtungen, die ihre Familie mit sich bringt, zu entfliehen und sich ihren
Erinnerungen ungestört widmen zu können. In Erzählungen bietet sie dem Leser
einen Überblick über ihr Leben, ihre Ehe, ihre erste Liebe und eine längst vergangene
Romanze. In ihrem Spitalsbett erinnert sie sich an alles, an jeden Geschmack,
jedes Gesicht, jede Geschichte, jedes Haarband, an jedes ihrer Paar Stöckelschuhe
- an alles, was sie in ihrem Leben gerochen, geschmeckt, gehört und erlebt hat.
Doch es ist noch nicht genug, sie ist immer noch neugierig, findet dass das
Leben trotz ihres fortgeschrittenen Alters immer noch Überraschungen bereit
hält und freut sich auf das Morgen.
Ihre Nichte Sarah, die untrennbar mit Kates Leben verbunden ist, wird von
ihrem Mann verlassen. Nachdem sie ihn während seines Studiums unterstützt hat,
hat er sich einer seiner Studentinnen zugewandt. Sie kämpft mit ihrem Schicksal,
ihrer Verbitterung und überlegt zum ersten Mal, was eigentlich das Besondere an
ihrem Mann Ted war. Dabei werden ihre Gedanken immer wieder voller Faszination
von der Steilküste des Atlantiks angezogen.
Die Geschichte werden weiter gewoben, vergrößern sich wie ein Spinnennetz,
sind einzelne Erzählungen und doch ein großes Ganzes. Personen kommen hinzu,
Kinder und Kindeskinder mit ihren Lebens- und
Liebesgeschichten,
Freunde, Nachbarn. So erfahren wir auch von der unglücklichen Liebe von Rod
La Fosse zu Lisa, die plötzlich in sein Leben tritt, ihn ganz in Beschlag nimmt
und genauso plötzlich wieder verschwindet. Doch wie passt Rod La Fosse in dieses
Netz aus Beziehungen? Um das herauszufinden, kann ich jedem nur empfehlen, dieses
Buch zu lesen.
Ein sehr interessanter Roman über Menschen aus Neufundland, ihre vielfältigen
Beziehungen, ihre Hoffnungen, Enttäuschungen, ihre Neugier, ihr uneingeschränktes
Bekenntnis zum Leben und ihre Suche nach Glück.
Mit diesem Buch ist der in Neufundland geborenen Autorin Bernice Morgan
eine wunderbare Geschichte gelungen, die den Leser motiviert, die Augenblicke
des Glücks zu genießen. Ich möchte diese Rezension mit den beeindruckenden Schlussworten
dieses Romans beenden:
"Ich lasse mich ins Glück sinken - hülle mich darin
ein, wie ich mich in einen schönen Traum hülle, in dem Wissen, es ist ein Traum,
und überlasse mich seiner vorübergehenden Sicherheit."
(margarete; 10/2002)
Bernice
Morgan: "Topographie der Liebe"
dtv,
2002. 295 Seiten.
ISBN 3-423-24305-8.
ca. EUR 14,50.
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